Titelthema

Berufsorientierung auf Augenhöhe

Aus der Praxis in die Schule: Die IHK AusbildungsScouts zeigen im direkten Kontakt mit Jugendlichen, dass eine Lehre das optimale Fundament für den weiteren beruflichen Werdegang sein kann. Davon profitieren alle Beteiligten.
Wie möchte ich meine Zukunft gestalten? Wo liegen meine persönlichen Stärken? Was wünsche ich mir von einem Beruf? Diese und weitere Fragen kreisen in den Köpfen von Jugendlichen, wenn sie kurz vor der Entscheidung stehen, wie es nach der Schule für sie weitergehen soll. In dieser Situation bieten die IHK Ausbildungs Scouts wertvolle Orientierungshilfe. Als Botschafter auf Augenhöhe bringen sie Schülern die Möglichkeiten der beruflichen Aus- und Weiterbildung näher.
Warum ihnen das besser als jeder anderen Personengruppe gelingt, liegt auf der Hand: Durch den Austausch unter annähernd Gleichaltrigen entsteht hohe Glaubwürdigkeit. Zudem ist die eigene Berufsfindungsphase bei den AzubiScouts noch nicht lange her. Deshalb wissen sie, was Schüler wirklich interessiert und finden leicht einen Zugang.
Diese Erfahrung hat beispielsweise Niklas Blosl gesammelt. Der 21-Jährige absolviert bei der Richter+Frenzel Passau GmbH eine Ausbildung zum Kaufmann für Groß- und Außenhandelsmanagement und besucht seit 2021 als AzubiScout Schulen in der Region. „Bei uns an der Schule war es so, dass ältere Personen gekommen sind, um von den Berufen zu berichten. In ihren Erzählungen war immer alles super toll… Uns hat das dann gar nicht so wirklich interessiert“, sagt Blosl.

Blicke hinter die Kulissen

Die AzubiScouts punkten durch Authentizität. Ausführlich stellen sie ihren Ausbildungsberuf vor, zeigen die Tagesabläufe und Aufgaben auf und berichten von Karrierechancen durch eine Weiterbildung. Niklas Blosl gibt den Schülern zudem wichtige Ratschläge. Er ermuntert sie beispielsweise, auf längere Praktika zu setzen, um einen Betrieb wirklich kennenlernen zu können, oder hat Tipps für die Bewerbung und das Vorstellungsgespräch parat. Bei seinen bisherigen Einsätzen traf er auf reges Interesse. „Die Standardfrage ist immer: Was macht ihr eigentlich?“ Und so wird auch klar, warum es sich für Betriebe lohnt, ihre Auszubildenden für die Einsätze freizustellen. Die AzubiScouts sind schließlich nicht nur Botschafter für das duale System, sondern auch für das Unternehmen. „Jeder Auftritt ist Werbung für unseren Betrieb. Und unsere Azubis sind so gut, dass sie uns hervorragend repräsentieren können“, betont Ausbilder Markus Sommer. Er spricht von einer Win-win-win-Situation: Der Betrieb profitiert, die Schüler werden dabei unterstützt, eine ausgewogene Entscheidung zu treffen, und die Azubi-Scouts selbst können viel dazulernen. Niklas Blosl beispielsweise hat an Selbstbewusstsein gewonnen und seine Fähigkeiten beim Präsentieren ausgebaut. Das kommt ihm im Kundenkontakt zugute. Richter+Frenzel beteiligt sich seit etwa vier Jahren am Projekt IHK AusbildungsScouts. Markus Sommer möchte aufgrund der positiven Erfahrungen daran festhalten.
Im Vergleich dazu steht die Anton Wittenzellner KG in Patersdorf noch in den Startlöchern. Vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels hat sich das Unternehmen erstmals entschieden, auf Ausbildungsbotschafter aus den eigenen Reihen zu setzen. „Wir finden das Projekt sehr interessant und haben schnell drei Freiwillige gefunden, die Scouts werden wollen“, sagt Ausbilderin Jennifer Schreckinger.

Direkter Draht zu potenziellen Azubis

Wenn Jugendliche auf Jugendliche treffen, ist aus ihrer Sicht die Hemmschwelle bei den Schülern niedriger, genau die Fragen zu stellen, die sie wirklich interessieren. Langfristig erhofft sich das Unternehmen durch den Einsatz der AzubiScouts gute Kontakte zu den potenziellen Azubis von morgen. Diese Hoffnung teilt Johanna Schötz, die zu den ersten AzubiScouts bei Wittenzellner zählt. Die 18-Jährige will auch deshalb andere Jugendliche für eine Ausbildung begeisterten, „damit wir wieder neue Azubis bekommen und wir ein junges Team bleiben.“ Darüber hinaus war sie vor nicht allzu langer Zeit in der gleichen Situation wie die Schüler heute. Deshalb möchte Johanna Schötz als AzubiScout ihr Wissen weitergeben, um den Jugendlichen bei der Entscheidungsfindung zu helfen.
Die IHK AusbildungsScouts sind 2015 als Gemeinschaftsprojekt der bayerischen Industrie- und Handelskammern gestartet. Seither erfreut sich das Projekt großer Beliebtheit bei Auszubildenden, Betrieben und Schulen. In der Projektlaufzeit seit 1. Juli 2021 bis 30. Juni 2024 engagieren sich bayernweit 2.444 Auszubildende als AzubiScouts. Sie erreichen somit insgesamt rund 52.000 Schüler. Da das Projekt erfolgreich ist, wird es weitergeführt. Die IHK Niederbayern freut sich über interessierte Unternehmen und Auszubildende, die sich beteiligen möchten. Die Anmeldung erfolgt über www.ausbildungsscouts.bihk.de