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EU führt CO2-Grenzausgleich (CBAM) ein: Das müssen Unternehmen beachten

Der Grenzausgleichsmechanismus für CO2 (carbon border adjustment mechanism, CBAM), ein Schlüsselelement des europäischen Gesetzespaketes zum Green Deal, ist von der EU beschlossen worden und gilt nun seit 1. Oktober. Unternehmen drohen umfangreiche Berichtspflichten.
Seit dem Jahr 2005 unterliegen die Produktionsanlagen bestimmter Produkte dem EU-Emissionshandel. Die EU legt eine Obergrenze für zulässige Emission fest. Die Produzenten erhalten die Emissionsberechtigungen teils kostenlos, teils müssen sie diese hinzukaufen. Durch eine systematische Verknappung der kostenlos zugeteilten Zertifikate soll der Anreiz entstehen, in klimafreundliche Produktionsanlagen zu investieren. Da jedoch außerhalb der EU geringere Umweltstandards bestehen, haben dort produzierte Waren, deren Produktion in der EU dem Emissionshandel unterliegen würde, einen Kostenvorteil, da die Preise für Emissionsberechtigungen nicht oder nur vermindert anfallen.
Mit dem CBAM stellt die Europäische Union diese Waren unter dem Gedanken des Klimaschutzes so, als ob diese innerhalb der EU produziert worden wären: Bei Einfuhr in die EU muss mittelfristig der außerhalb der EU bei der Produktion dieser Waren eingesparte Preis für Emissionszertifikate nun vom Importeur nachentrichtet werden.
Aufgrund der Vielzahl der Produktgruppen muss davon ausgegangen werden, dass jedes Unternehmen betroffen sein kann. Die Ausweitung auf weitere Produktegruppen ist wahrscheinlich.
Alle Importe aus Drittländern der betreffenden Sektoren fallen unter die CBAM-Regelung, es sei denn, sie kommen aus Ländern, die sich am EU-ETS-Handel beteiligen oder ein vergleichbares Emissionshandelssystem besitzen. Dies sind aktuell Island, Liechtenstein, Norwegen und die Schweiz sowie die Territorien Büsingen, Helgoland, Livigno, Ceuta und Melilla. Der Handel innerhalb der EU ist nicht betroffen. Die Einfuhrkontrolle der betroffenen Produkte obliegt den Zollbehörden. Der Importeur hingegen muss die Abgabe berechnen und ab dem 1. Januar 2026 fortlaufend die richtige Menge an CBAM-Zertifikaten kaufen.
Importeure haben daher bereits ab jetzt schon umfangreiche Berichtspflichten. Zwar müssen in der Übergangsphase (1. Oktober 2023 bis 31. Dezember 2025) noch keine CBAM-Zertifikate erworben werden, aber es gilt für Importeure eine quartalsmäßige Berichtspflicht mit einer Frist zum Monatsende nach dem Quartal.
Am 31. Januar 2024 hätte somit der erste Bericht für das 4. Quartal 2023 mit folgenden Angaben vorzulegen:
  • Gesamtmenge der Warenart
  • Emissionen in Tonnen CO₂
  • Emissionen pro Tonne Warenart
  • CO²-Preis, der im Ursprungsland entrichtet wurde
Allerdings teilte die Generaldirektion Zoll der Europäischen Kommission Ende Januar mit, dass die Frist verschoben wird. Es ist auch eine um 30 Tage verspätete Einreichung des ersten CBAM-Berichts erlaubt. 
Ab dem 1. Januar 2026 hingegen ist eine Einfuhr der betroffenen Waren nur noch mit CBAM-Zertifikaten möglich, deren Preise sich an den EU-ETS-Durchschnittsauktionspreisen der jeweiligen Vorwoche orientieren sollen. Ab diesem Zeitpunkt reduziert die EU zudem die bis dahin freien Zuteilungen an EU-ETS-Zertifikate bis zum Jahr 2034 auf den Wert Null. Die nach und nach wegfallenden EU-ETS-Zertifikate sollen dann schrittweise durch CBAM-Zertifikate ausgeglichen werden.
Außerdem müssen sich Importeure bereits ab dem 1. Januar 2025 als zugelassene CBAM-Anwender registrieren. Die EU richtet bis dahin ein Register mit entsprechenden Konten ein, über die der Kauf und Verkauf der CBAM-Zertifikate und die Abrechnung erfolgen wird. Zum Quartalsende müssen dann mindestens 80 Prozent der für die im Quartal durchgeführten Importe benötigten Zertifikate auf dem Konto vorhanden sein. Bis zum 31. Mai des Folgejahres, also erstmals zum 31. Mai 2027 für das Berichtsjahr 2026, müssen Importeure dann einen Prüfbericht mit folgenden Informationen vorlegen:
  • Gesamtmenge der Einfuhren
  • Gesamtmenge der Emissionen in Tonnen CO2-Emissionen pro Tonne Warenart
  • Gesamtzahl der entsprechenden CBAM-Zertifikate
  • Prüfberichte akkreditierter Prüfer, die die Angaben zu den Emissionen überprüfen
Im Rahmen dieses Berichtes können bereits entrichtete CO2-Kosten im Waren-Herkunftsland berücksichtigt werden. Sollten zu viele CBAM-Zertifikate erworben worden sein, so können maximal 30 Prozent davon bis zum 30. Juni zum Ursprungspreis an die Plattform zurückgegeben werden, der Rest verfällt. Auch wenn derzeit (Redaktionsschluss dieser Ausgabe 15. September 2023) noch nicht alle CBAM-Regelungen endgültig feststehen, sollten Unternehmen jetzt schon handeln:
  • Identifizieren der eigenen Produkte, die vom CBAM betroffen sind
  • Informationsaustausch mit Lieferanten: Da der CBAM sowohl die Treibhausemissionen berücksichtigt, die unmittelbar bei der Erzeugung der Produkte anfallen, als auch indirekte Emissionen, die durch die Herstellung von Vorprodukten oder den zur Produktion benötigten Strom entstehen, kann die Datenerhebung sehr aufwendig sein. Sollten Importeure die Daten nicht ermitteln können, so können sie jedoch hilfsweise auf von der EU-Kommission festgelegte Benchmark-Werte für die jeweiligen Ursprungsländer(gruppen) zurückgreifen
  • Während der Übergangsphase: Vorbereitung und Erstellung der CBAM-Berichte
  • Sobald möglich: Registrierung als zugelassener CBAM-Anmelder

Ausnahmen

Vom sachlichen Anwendungsbereich ausgenommen sind lediglich
  • Kleinmengen: Der Gesamtwert der CBAM-Waren in der Sendung übersteigt 150 EUR nicht. Der Gesamtwert der Sendung ist unerheblich.
  • Waren für den persönlichen Gebrauch im Gepäck von Reisenden sowie
  • Waren mit Ursprung in den in Anhang III Nr. 1 aufgeführten Ländern und Hoheitsgebieten (Schweiz, Liechtenstein, Norwegen und Island). Es gibt bislang keine weiteren Länder oder Ursprungswaren, die befreit sind.
  • Waren mit Ursprung in der EU, die in die EU zurückkommen (Rückwaren).

Was müssen Unternehmen jetzt tun?

In der Importzollanmeldung selbst müssen keine Angaben zu CBAM gemacht werden. Der Zoll soll den Importeur mit dem Zollbescheid über die CBAM-Meldepflicht informieren. ( Zoll online - CO2-Grenzausgleichssystem (CBAM) - CO2-Grenzausgleichssystem (CBAM) )
Registrierung im vorläufigen CBAM-Register
Die CBAM-Quartalsberichte müssen in das vorläufige CBAM-Register (Carbon Border Adjustment Mechanism - European Commission (europa.eu)) (Carbon Border Adjustment Mechanism - European Commission (europa.eu)) hochgeladen bzw. im Register erstellt werden. Eine Anleitung zum CBAM-Register finden Sie hier: Carbon Border Adjustment Mechanism - European Commission (europa.eu) Dort sind auch die Berichtsstruktur, ein Beispiel und das Handbuch in englischer Sprache vorhanden.
Der Zugang zum CBAM-Register muss durch die national zuständige Behörde freigeschaltet werden, dies ist in Deutschland die Deutsche Emissionshandelsstelle (DEHSt). (DEHSt - CO2-Grenzausgleich CBAM). Aufgrund von verzögerungen soll der Zugang zum Registrierungsportal vorübergehend über das Zoll-Portal (Zoll-Portal | Anmeldung und Registrierung) ermöglicht werden.

Aktueller Hinweis: Die DIHK steht in direktem Kontakt mit der deutschen CBAM-Behörde DEHSt und konnte einen nachsichtigen Umgang mit Blick auf Bußgelder erreichen.
Die DEHSt hat nun folgende Informationen veröffentlicht: „Die verzögerte Bereitstellung der Registrierungsmöglichkeiten und somit die späte Möglichkeit zur Erstellung der CBAM-Berichte in Deutschland führen für berichtspflichtige Anmelder nicht zur Verhängung von Sanktionen oder anderen Nachteilen. Die CBAM-Berichte für die ersten beiden Berichtszeiträume können bis zum 31.07.2024 abgeändert werden. Zudem sind mit der Möglichkeit der Verwendung von Standardwerten in den CBAM-Berichten bis zum 31.07.2024 Erleichterungen bei der Berichterstattung vorgesehen. Sanktionen nach Artikel 16 der EU-CBAM-Durchführungsverordnung werden grundsätzlich nicht ohne die vorherige Durchführung eines Berichtigungsverfahrens verhängt. Schließlich werden wir als zuständige Behörde für die Einleitung von Sanktionsverfahren die verzögerte Bereitstellung der Registrierungsmöglichkeiten sowie die Bereitschaft der Anmelder zur Mitwirkung bei der Anwendung der Rechtsvorschriften im Rahmen unserer Entscheidungsspielräume angemessen berücksichtigen.“

„Request Delayed Submission“ 

Seit dem 01.02.2024 gibt es im CBAM-Portal für Unternehmer eine Schaltfläche "Request delayed submission", mit der berichtspflichtige CBAM-Anmelder eine verspätete Einreichung des Berichts beantragen kann. Nach Antragstellung kann innerhalb von 30 Tagen der CBAM-Bericht nachgereicht werden.

Einreichung der CBAM-Berichte

Berichtspflichtige CBAM-Anmelder müssen ihre CBAM-Berichte laut der CBAM-Verordnung (Artikel 35 Absatz 1) bei der Europäischen Kommission einreichen. Die CBAM-Durchführungsverordnung schreibt hierfür die Nutzung des CBAM-Übergangsregisters vor (Artikel 8 Absatz 1). Die Übersendung der CBAM-Berichte an die DEHSt ist weder frist- noch formwahrend.

Veröffentlichung von Standardwerten

Standardwerte, die bis zum 31.7.2024 für eine vereinfachte Berichtserstellung verwendet werden dürfen, finden Sie auf der CBAM-Website der Europäischen Kommission unter „Guidance“ zum Download.

Ermittlung und Dokumentation der Emissionen

Der Importeur muss anhand der entsprechenden Daten des ausländischen Herstellers die direkten und indirekten Emissionen, welche im Produktionsprozess der importierten Güter entstanden sind, ermitteln und dokumentieren. TAXUD hat  dafür Leitlinien (leitlinien-fuer-anlagenbetreiber-in-drittlaendern-data.pdf (ihk.de) ) eine Tabelle (XLSX-Datei · 1226 KB)zum Download vorbereitet, deren gelbe Felder vom Lieferanten auszufüllen sind.
Neben der EU-Berechnungsmethode sind auch weitere Methoden möglich. In Artikel 4 der Durchführungsverordnung ( leitlinien-fuer-anlagenbetreiber-in-drittlaendern-data.pdf (ihk.de) ) sind die unterschiedlichen Berechnungsmethoden aufgeführt.
In Anhang IV der Durchführungsverordnung (ab Seite 181 Amtsblatt/Seite 88 PDF-Dokument) ist der Inhalt der empfohlenen Mitteilung von Anlagenbetreibern an berichtspflichtige Anmelder enthalten. Das sind die Daten, die vom ausländischen Lieferanten/Hersteller benötigt werden.
Dazu gehören neben genauen Angaben zum Produktionsort (beispielsweise geografische Koordinaten der Anlage) folgende Informationen:
  • Produktionsverfahren
  • spezifische graue direkte Emissionen (pro KN-Code, ggf. zusammengefasst), Angaben zur Methodik
  • indirekte graue Emissionen
  • Sektorspezifische Angaben
Spätestens einen Monat nach Quartalsende, also erstmalig Ende Januar 2024, muss eine Meldung im CBAM-Register durch den Importeur oder einen Vertreter mit folgenden Angaben erfolgen:
Ab 2025 ist nur noch die EU-Berechnungsmethode (abgebildet in der Excel-Vorlage) möglich.

Implementierungsphase ab 2026

Mit Ablauf der Übergangsphase ab 2026 gelten weitere Verpflichtungen für Importeure:
  • Beantragung einer CBAM-Anmeldeberechtigung als „zugelassener Anmelder“ am Ort der Niederlassung. Die betroffenen Waren dürfen dann nur noch von „zugelassenen Anmeldern“ in das Zollgebiet der Union eingeführt werden. Die Anmeldeberechtigung soll ab 2025 beantragt werden können, Einzelheiten sind noch unklar.
  • Berechnung der eingebetteten direkten und indirekten Emissionen der Einfuhrware in die EU.
  • Kauf der entsprechenden Anzahl an CBAM-Zertifikaten bei der zuständigen CBAM-Behörde, die zur Deckung der eingebetteten direkten und voraussichtlich auch indirekten Emissionen erforderlich sind.
  • Abgabe einer jährlichen CBAM-Erklärung bis zum 31.05. jeden Kalenderjahres für die mit dem vorausgehenden Kalenderjahr importierten Güter verbundenen Emissionen.
  • Überprüfung der Angaben der CBAM-Erklärung durch eine akkreditierte Prüfstelle (wer hierfür zuständig sein wird, ist aktuell noch unklar).
Die genauen Anforderungen und Prozesse im Rahmen der Meldepflichten sind noch nicht bekannt.