IHK Politisch

10 Punkte gegen die Energiekrise: IHK-Vollversammlung verabschiedet Positionspapier

Die Vollversammlung, das höchste Entscheidungsorgan der IHK Niederbayern, hat am 24. November 2022 in ihrer Sitzung mit breiter Mehrheit ein 10-Punkte-Papier verabschiedet. Nachfolgend lesen Sie das Positionspapier im Wortlaut. 

IHK-Positionspapier zur Energiekrise

Die schlimmste Energiekrise seit Jahrzehnten bedroht die Existenz einer täglich wachsenden Zahl von Betrieben aus allen Branchen und damit auch eine Vielzahl von Arbeitsplätzen. Unsere Wirtschaftsstruktur und unser Wohlstand in Deutschland geraten zunehmend in Gefahr – Produktionsstopps, Wertschöpfungsverluste und die Verlagerung von Produktion ins Ausland sind die Folgen. Dramatisch ist insbesondere, dass die extremen Preissteigerungen die Wirtschaft in ihrer gesamten Breite treffen und die internationale Wettbewerbsfähigkeit ganzer Wirtschaftszweige in Deutschland gefährden, nicht zuletzt auch über die Lieferketten. Abschaltungen aufgrund fehlender Verfügbarkeit von Strom oder Gas sind leider eine realistische Gefahr.
Eine schnelle Ausweitung des Energieangebots und sofortige Entlastungen für Unternehmen sind kurzfristig zwingend erforderlich. Mittel- und langfristig stärkt ein beschleunigter Ausbau erneuerbarer Energien die deutsche Wirtschaft. Kernaufgabe der Politik ist nun, rasch die richtigen Rahmenbedingungen für einen Weg durch die Energiekrise zu schaffen, der dauerhafte Schäden für die Wirtschaftsstruktur in Deutschland vermeidet, und gleichzeitig die Weichen für eine sichere, wirtschaftliche und umweltverträgliche Energieversorgung stellt. 
Die niederbayerischen Unternehmerinnen und Unternehmer fordern daher von der Politik:
  • Die Bundesregierung muss umgehend eine klare Krisenstrategie sowie ein langfristiges und realistisches Konzept zur Sicherung der Energieversorgung vorlegen. Unternehmen brauchen Planungssicherheit und Verlässlichkeit. Die Sprunghaftigkeit der Entscheidungen ist oft weder nachvollziehbar noch praxistauglich. 
  • Alle verfügbaren konventionellen Kraftwerkskapazitäten (inklusive der Kernkraft) sollten bis zum Ende der Energiekrise genutzt werden, um die Strompreise zu dämpfen, die Stromerzeugung aus Gaskraftwerken zu verringern und die Versorgung und Systemstabilität langfristig zu sichern. Parallel hierzu müssen neue Bezugsquellen für Energie, insbesondere Erdgas und LNG, erschlossen werden, bis der Umstieg auf Erneuerbare Energien erfolgen kann.
  • Alle Möglichkeiten zum Auf- und Ausbau der lokalen Energieerzeugung auf Grundlage Erneuerbarer Energien wie solarer Strahlungsenergie, Windkraft, Wasserkraft, Biomasse, Geothermie und Wasserstofftechnologie, müssen genutzt werden, um die konventionelle Stromerzeugung unter Wahrung des Gebots der Wirtschaftlichkeit und der Versorgungssicherheit schrittweise zu beenden. Dazu sind unbürokratische und schnelle Genehmigungsverfahren, ein beschleunigter Netzausbau sowie umfangreiche staatliche Förderprogramme erforderlich. 
  • Zudem müssen Planungs- und Genehmigungsverfahren für einen schnellen Ausbau der Strom-, Gas- und Wasserstoffnetze sowie entsprechender Speichertechnologie durch den Gesetzgeber aktiv gefördert, beschleunigt und vereinfacht werden. 
  • Die Unternehmen, vor allem im Mittelstand, benötigen dringend unbürokratische Energiepreis-Soforthilfen und dauerhafte Gas- und Strom-Kontingente zu reduzierten Preisen. Die Inanspruchnahme dieser Kontingente sollte keinen Bedingungen unterliegen. 
  • Energiesteuern sollen dauerhaft auf das europäische Mindestmaß reduziert werden, Abgaben und Umlagen auf Strom und Erdgas aus dem Staatshaushalt bestritten werden.
  • Um den Anstieg der Netzentgelte zu dämpfen, sollen die Kosten, die aus dem Umbau der Energieverteilernetze aufgrund der Energiewende entstehen, staatlich finanziert werden.
  • Die Liquidität und wirtschaftliche Stabilität aller Energieversorger müssen durch staatliche Hilfen oder öffentliche Bürgschaften dauerhaft gesichert werden. 
  • Für Unternehmen und Netzbetreiber sind Rechtssicherheit und Transparenz im Falle von möglichen Abschaltungen aufgrund Gas- und Stromknappheit zu schaffen. 
  • Der Gesetzgeber ist aufgefordert, für Unternehmen einen Rechtsanspruch auf eine zeitlich unbegrenzte Ersatzversorgung mit Strom und Gas über alle Spannungs- und Druckstufen hinweg umzusetzen.