Kleinunternehmerregelung

HINWEIS:
Durch das Jahressteuergesetz ist zum 01.01.2025 eine Reform der Kleinunternehmerregelung beschlossen worden, die durch die zwingende Anwendung der EU-Richtlinie 2020/285 vorgegeben war. Ab dann können auch Unternehmende aus anderen EU-Staaten die Kleinunternehmerregelung in Deutschland nutzen. Zudem wird ein Meldeverfahren über das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) eingeführt, um Steuerbefreiungen innerhalb der EU zu ermöglichen (§ 19a UStG).

Wichtige Änderungen für inländische Kleinunternehmende:

- Steuerbefreiung statt „Nicht-Erhebung“ der Umsatzsteuer.
- Umsatzgrenzen: Maximal 25.000 EUR im Vorjahr und bis zu 100.000 EUR im laufenden Jahr
- Neugründende dürfen im ersten Jahr 25.000 EUR Umsatz nicht überschreiten.
- Verschärfung: Galt bisher, dass es sich im laufenden Jahr um einen prognostizierten Betrag handelte,
dessen Überschreitung nicht zwangsläufig zum Verlust der Umsatzsteuerbefreiung für das laufende
Jahr führte, kommt eine weitere Inanspruchnahme der Kleinunternehmerregelung künftig nicht mehr
in Betracht, wenn der Umsatz 100.000 Euro überschreitet. Die bis zum Zeitpunkt der Überschreitung
bewirkten Umsätze sind indes steuerfrei.
- Der Hinweis "Kleinunternehmer" ist jetzt gem. § 34 a UStDV (neu) ein Muss-Rechnungsbestandteil,
weil die Leistung steuerfrei ist
- E-Rechnungen müssen empfangen werden können; keine Verpflichtung zur Ausstellung!
- Seit 2024 müssen keine Jahressteuererklärung mehr abgegeben werden (Wachstumschancengesetz vom 27.03.2024)

Abgrenzung und Unterschied “Kleingewerbetreibender” und “Kleinunternehmer”

Als Selbständiger sind Sie im rechtlichen Sinne Kleingewerbetreibender, wenn Sie für Ihr Gewerbe „nach Art oder Umfang keinen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb“ benötigen. Trifft dies bei Ihnen zu, gelten die strengen Regeln des Handelsrechts (HGB) für Kaufleute für Sie n i c h t.
Das Umsatzsteuergesetz (UStG) sieht für sog. Kleinunternehmer Erleichterungen gem. § 19 UStG vor. Unternehmende müssen sich gut überlegen, ob sie die Kleinunternehmerregelung anwenden oder darauf verzichten möchten.
Die zwei Begrifflichkeiten sind also in zwei unterschiedlichen Gesetzen geregelt und dürfen nicht verwechselt werden!

Definition Kleinunternehmer

Kleinunternehmer gem. § 19 UStG ist, wer
  • im vorangegangenen Kalenderjahr einen Umsatz von nicht mehr als 25.000 Euro hatte
    und
  • im laufenden Kalenderjahr einen Umsatz von nicht als 100.000 Euro hat.
Bei den neuen Grenzbeträgen handelt es sich um Netto-Grenzen, (bis zum 31.12.2024 waren diese Beträge als Brutto-Grenzen ausgestaltet).
Es kommt es nicht mehr auf ein voraussichtliches, sondern ein tatsächliches Überschreiten des oberen Grenzwertes an. Eine Prognose der im laufenden Jahr erwarteten Umsätze ist nicht (mehr) erforderlich, weil der Steuerpflichtige mit Überschreitung der Obergrenze sofort zum Regelunternehmer wird.

Neugründung eines Unternehmens

In den Fällen der Neugründung gibt es keinen Vorjahresumsatz und es ist allein auf den Umsatz des laufenden Kalenderjahres abzustellen. Maßgeblich ist dann nur die Grenze von 25.000 Euro. Ab 2025 starten Neugründer automatisch als Kleinunternehmer, ohne eine Prognose abgeben zu müssen. Wird dieser Betrag überschritten, tritt die Steuerpflicht ein. Ein Überschreiten der Grenze führt zur sofortigen Regelbesteuerung. Eine Hochrechnung des geplanten Umsatzes erfolgt nicht mehr! Der Umsatz, der im Gründungsjahr die 25.000 Euro übersteigen lässt, führt zu einer sofortigen Beendigung der Kleinunternehmerregelung und unterliegt der Regelbesteuerung. Die vorherigen nach der Kleinunternehmerregelung steuerbefreiten Umsätze bleiben dagegen steuerfrei.

Ermittlung der Umsatzgrenzen

Steuerbare Umsätze
./. bestimmte steuerfreie Umsätze, §§ 4 Nr. 8i, Nr. 9 b, Nr. 11-29 UStG
./. bestimmte steuerfreie Hilfsumsätze, §§ 4 Nr. 8 a-h, Nr. 9 a, und Nr. 10 UStG
./. darin enthaltene Umsätze von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens
= inländische Gesamtumsatz gem. § 19 Abs. 2 UStG
+ darauf entfallende Umsatzsteuer
= Bruttoumsatz gem. § 19 Abs. 1 Satz 1 UStG
Hinweis:
Ein Unternehmer kann im umsatzsteuerlichen Sinne nur ein Unternehmen haben. Dieses umfasst die gesamte gewerbliche und berufliche Tätigkeit des Unternehmers. Für die Ermittlung des Gesamtumsatzes sind damit alle vom Unternehmer ausgeführten Umsätze des einheitlichen Unternehmens einzubeziehen (Beispiel: Eisdiele und Verkauf von Handtüchern).

Rechtsfolgen der Kleinunternehmerregelung

Die von einem Kleinunternehmer ausgeführten steuerbaren und steuerpflichtigen Umsätze sind steuerfrei.
  • keine Vorsteuer (§ 15 Abs. 2 UStG)
  • keine Rechnungen mit ausgewiesener Umsatzsteuer
Achtung: Der Kleinunternehmer darf in seinen Ausgangsrechnungen keine Umsatzsteuer ausweisen. Tut er dies doch, schuldet er die (unberechtigt) ausgewiesene Umsatzsteuer.
Dies gilt auch bei sog. Kleinbetragsrechnungen (Rechnungen bis zu 250 Euro (brutto)), bei denen nicht der Steuersatz angegeben werden darf, oder Gutschriften, bei denen keine Umsatzsteuer ausgewiesen werden darf.
Wird der Grenzwert von 100.000 Euro überschritten, kommt eine Anwendung der Kleinunternehmerregelung zu diesem Zeitpunkt (!) nicht mehr in Betracht. Alle bis zum Zeitpunkt der Überschreitung getätigten Umsätze bleiben steuerfrei. Es ist also wichtig, die Umsätze des laufenden Jahres unbedingt immer im Blick zu haben!

Option zur Regelbesteuerung

Die Voraussetzungen für den Verzicht auf die Anwendung der Steuerbefreiung für inländische Kleinunternehmer regelt § 19 Abs. 3 UStG. Eine Option zur Regelbesteuerung kann grundsätzlich sinnvoll sein, wenn der Unternehmer u.a.
  • zu Beginn seiner Geschäftstätigkeit hohe Anfangsinvestitionen hat und daher viel Umsatzsteuer an seine Lieferanten zahlen muss. Durch den Verzicht auf die Kleinunternehmerregelung kommt er in den Genuss des Vorsteuerabzugs.
  • selbst überwiegend an andere Unternehmer und nicht an Privatkunden leistet. Abnehmer, die Unternehmer sind, können die gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer ihrerseits als Vorsteuer geltend machen. Da der Kleinunternehmer die selbst gezahlte Umsatzsteuer aus seinen Eingangsrechnungen in seine Preiskalkulation einbeziehen wird, kann er seine Leistungen nur teurer anbieten.
Nach Ausübung des Wahlrechts wird der (ehemaliger) Kleinunternehmer wie ein “normaler ” Unternehmer behandelt und unterliegt den allgemeinen Vorschriften des regelbesteuerten Unternehmers.
Der Verzicht kann bis Ende Februar des übernächsten Kalenderjahres erklärt werden, das auf den Besteuerungszeitraum folgt (Gleichlauf mit der Abgabefrist der Umsatzsteuererklärung für Unternehmer durch einen Steuerberater).

Besonderheiten

Für Kleinunternehmer gelten nachfolgende Regelungen nicht:
  • Vorschriften über die Steuerbefreiung innergemeinschaftlicher Lieferungen
  • Verzicht auf Steuerbefreiungen
  • Angabe der Umsatzsteuer-Identifikationsnummern in einer Rechnung
  • Erklärungspflichten

Rechnungen von Kleinunternehmern

Durch das JStG 2024 gilt nun doch die Ausnahme, dass Kleinunternehmer keine E-Rechnungen ausstellen müssen. Es bleibt allerdings dabei, dass sie ab 1. Januar 2025 E-Rechnungen annehmen müssen. Und auch von den “Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD)” werden sie nicht befreit, müssen also elektronisch erhaltene Rechnungen auch elektronisch unveränderbar archivieren. In § 34 a UStDV heißt es:
"Eine Rechnung über Umsätze, die nach § 19 Absatz 1 des Gesetzes steuerfrei sind, muss mindestens folgende Angaben enthalten:
1. den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers und des Leistungsempfängers,
2. . die dem leistenden Unternehmer vom Finanzamt erteilte Steuernummer oder die ihm vom Bundeszentralamt für Steuern erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer oder Kleinunternehmer-Identifikationsnummer,
3. das Ausstellungsdatum,
4. die Menge und die Art (handelsübliche Bezeichnung) der gelieferten Gegenstände oder den Umfang und die Art der sonstigen Leistung,
5. das Entgelt für die Lieferung oder sonstige Leistung in einer Summe mit einem Hinweis darauf, dass für die Lieferung oder sonstige Leistung die Steuerbefreiung für Kleinunternehmer gilt (§ 19 des Gesetzes) und
6. in den Fällen der Ausstellung der Rechnung durch den Leistungsempfänger oder durch einen von ihm beauftragten Dritten gemäß § 14 Absatz 2 Satz 5 des Gesetzes die Angabe „Gutschrift“.
Die §§ 33 und 34 bleiben unberührt. § 31 gilt entsprechend. Eine Rechnung nach Satz 1 kann abweichend von § 14 Absatz 2 Satz 2 des Gesetzes immer als sonstige Rechnung im Sinne von § 14 Absatz 1 Satz 4 des Gesetzes übermittelt werden.“

E-Rechnung
Kleinunternehmer müssen aber ab dem 1.1.2025 wie jeder andere Unternehmer auch in der Lage sein, E-Rechnungen zu empfangen, zu lesen und digital zu archivieren. Zu diesem Thema haben wir umfangreiche Informationen zusammengestellt, die hier abgerufen werden können.
Hinweis:
Das BMF hat am 05.02.2025 die FAQs auf seiner Homepage aktualisiert und dies in Tz. 13 aufgenommen:
“Für Zwecke der Umsatzsteuer gilt jedenfalls bei Unternehmen innerhalb der Umsatzgrenzen des § 19 Absatz 1 UStG (25.000 Euro im vorangegangenen und 100.000 Euro im laufenden Kalenderjahr), dass alleine wegen einer Speicherung und Archivierung von E-Rechnungen außerhalb eines GoBD-konformen Datenverarbeitungssystems regelmäßig kein Verstoß gegen § 14b Absatz 1 UStG und die Unversehrtheit vorliegt."

Unberechtigter Steuerausweis
Der Kleinunternehmer darf in seinen Ausgangsrechnungen keine Umsatzsteuer ausweisen. Tut er dies doch, schuldet er die (unberechtigt) ausgewiesene Umsatzsteuer. Dies gilt auch bei sog. Kleinbetragsrechnungen (Rechnungen bis zu 250 Euro), bei denen nicht der Steuersatz angegeben werden darf, oder Gutschriften, bei denen keine Umsatzsteuer ausgewiesen werden darf.

Erklärungen und Voranmeldungen

Da Kleinunternehmer weder Umsatzsteuer schulden noch Vorsteuer geltend machen können, müssen sie grundsätzlich auch keine Umsatzsteuervoranmeldung abgeben. Auch die Abgabe einer Umsatzsteuerjahreserklärung entfällt ab dem Besteuerungszeitraum 2024. Die Pflicht zur Abgabe bleibt aber bei Aufforderung durch das Finanzamt oder in den Fällen des § 18 Abs. 4a UStG (z.B. im Falle der Steuerschuldumkehr nach § 13b Abs. 5 UStG) bestehen..

Besonderes Meldeverfahren für die Anwendung der Steuerbefreiung in einem anderen Mitgliedstaat

Der neu eingeführte § 19a UStG regelt das besondere Meldeverfahren, mit dem es inländischen Unternehmern ermöglicht wird, auch in anderen Mitgliedstaaten die Kleinunternehmerregelung anzuwenden. Maßgebend ist dabei der jeweiligen Schwellenwert des anderen Mitgliedstaates.
Das Meldeverfahren dient der Prüfung der Voraussetzungen für die unionsweite Inanspruchnahme der Kleinunternehmerregelung. Hierzu und zur (weiteren) Teilnahme am besonderen Meldeverfahren wird dem grenzüberschreitend tätigen inländischen Kleinunternehmer ein individuelles Identifikationsmerkmal - eine Kleinunternehmer-Identifikationsnummer (KU-IdNr. mit Annex „EX") - durch das Bundeszentralamt für Steuern erteilt. Dies ist eine eigenständige Nummer, die nur für diesen Zweck eingerichtet wird.
• Der Unternehmer muss vorab den Mitgliedstaat seiner Ansässigkeit über die Absicht, in einem anderen Mitgliedstaat die Steuerbefreiung für Kleinunternehmer in Anspruch zu nehmen, benachrichtigen.
• Der Unternehmer darf nur im Mitgliedstaat seiner Ansässigkeit auf die die Anwendung der Steuerbefreiung für Kleinunternehmer identifiziert werden. Die Teilnahme am besonderen Meldeverfahren ermöglicht es einem im Inland ansässigen Unternehmer die Steuerbefreiung für Kleinunternehmer in einem anderen Mitgliedstaat in Anspruch zu nehmen.
Das besondere Meldeverfahren gilt nicht für inländische Unternehmer, die ausschließlich im Inland kleinunternehmerische Umsätze tätigt. In diesen Fällen wird auch keine Kleinunternehmer-Identifikationsnummer erteilt.
Der Antrag zur Teilnahme am besonderen Meldeverfahren ist ausschließlich auf elektronischem Weg mittels amtlich vorgeschriebenem Datensatz über das Online-Portal des Bundeszentralamtes für Steuern („BOP") zu stellen.
Existenzgründende müssen sich vorher beim zuständigen Finanzamt umsatzsteuerlich erfassen lassen (§ 27a Abs. 2 UStG). Die Entscheidung über die Anwendung der Steuerbefreiung in einem anderen Mitgliedstaat obliegt dem jeweils im Antrag genannten Mitgliedstaat. Der am besonderen Meldeverfahren teilnehmende Unternehmer hat für jedes Kalendervierteljahr eine fristgerechte Umsatzmeldung abzugeben.
Zum BOB-Verfahren und weiter Informationen zur Europäische-Kleinunternehmerregelung hat das BZSt umfangreiche Informationen bereit gestellt.

KMU-Webportal

Im KMU-Webportal der EU-Kommission sind inzwischen deutsche Sprachfassungen der Explanatory Notes der Taxud sowie des Mehrwertsteuer-Ausschusses verfügbar; sie sind unter "Rechtsvorschriften - Leitfäden" zu finden. 11 von 27 Mitgliedstaaten haben inzwischen Informationen zu den nationalen Mehrwertsteuer-Vorschriften eingestellt. Das KMU-Webportal kann unter folgendem Link aufgerufen werden: https://sme-vat-rules.ec.europa.eu
Weitere Informationen und Hilfestellung durch die IHK
In der rechten Spalte haben wir weitere Informationen für Sie zusammengestellt.
Wir können die steuerlichen Themen aufgrund der Komplexität und Kompliziertheit des deutschen Steuerrechts nur im Überblick darstellen und im individuellen Fall nur konkrete Fragen beantworten. Grenzen setzten uns das Steuerberatungs- und das Rechtsdienstleistungsgesetz.
Hilfestellung durch Fachleute
Haben Sie wenig oder keine Erfahrung in Buchführungs- und Steuerfragen ist es sinnvoll, rechtzeitig fachliche Beratung in Anspruch zu nehmen. Unordnung im steuerlichen Bereich hat schon manchem (Jung-)Unternehmer große Schwierigkeiten bereitet und führt(e) in zahlreichen Fällen direkt in die Insolvenz! Wichtig ist also, das Thema "Steuern" im Blick zu behalten und ggf. entsprechende Rücklagen einzuplanen.
Als erster Ansprechpartner steht Ihnen für allgemeine steuerliche Fragen Ihr zuständiges Finanzamt zur Verfügung. In Einzelfragen und Details ist jedoch die Inanspruchnahme eines Steuerberaters und die Hilfe eines Rechtskundigen sicherlich unumgänglich und als Start für ein erfolgreiches Geschäft in jedem Fall eine gute Investition in die Zukunft Ihres Unternehmens!
Stand: April 2025