Zur Senkung der Gas- und Strompreise spannt die Bundesregierung einen wirtschaftlichen Abwehrschirm in Höhe von 200 Milliarden Euro. Zentrales Ziel ist, die steigenden Energiekosten und die schwersten Folgen für die Verbraucherinnen und Verbraucher sowie die Unternehmen abzufedern.
Kernelement ist die Einführung einer Gas- und Wärme- sowie einer Strompreisbremse. Der Bundestag hat die beiden Gesetzentwürfe der Bundesregierung bereits mit einigen Änderungen beschlossen.
Bei den Preisbremsen wird zwischen verschiedenen Verbrauchergruppen unterschieden, die auch in unterschiedlicher Höhe und Art und Weise von den Entlastungen profitieren. Entscheidend ist in erster Linie die Höhe des historischen Gas- und Fernwärme- bzw. Stromverbrauchs:
Quelle: DIHK
Die Preisbremsen gelten automatisch. Verbraucher und Unternehmen müssen vorerst
nicht aktiv werden. Sofern Verbraucher und Unternehmen von der Entlastungswirkung der Preisbremsen profitieren, verringern sich deren Abschlags- bzw. Vorauszahlungen an ihre Energieversorger. Die Versorger sind indes verpflichtet, ihren Kunden bis spätestens 1. März 2023 in Textform mitzuteilen, in welcher Höhe sie durch die Preisbremsen finanziell profitieren. Je nach Höhe der Entlastung müssen Unternehmen gegebenenfalls Daten und Informationen angeben.
Auflagen und Pflichten für Unternehmen
Unternehmen, die durch die Preisbremsen finanziell entlastet werden, unterliegen dem EU-Beihilferecht. Entsprechend müssen sie ab gewissen Entlastungssummen (Mitteilungs-)Pflichten und Auflagen erfüllen. Die Entlastungssumme bezieht sich dabei auf die Entlastung durch
beide (!) Preisbremsen
sowie etwaige weitere staatliche Unterstützungsleistungen, wie zum Beispiel das Energiekostendämpfungsprogramm oder künftige Härtefallprogramme von Bund und Ländern. Auflagen und Pflichten gelten für Unternehmen
unter anderemab einer Gesamtentlastungssumme (sogenannte „absolute Höchstgrenzen“ im Sinne des Gesetzes) von:
100.000 Euro im Jahr 2023: Meldepflicht gegenüber dem Übertragungsnetzbetreiber bis 30. Juni 2024
150.000 Euro pro Monat: Meldepflicht gegenüber dem Gaslieferanten bis 31. März 2023 sowie 31. Mai 2024
2 Millionen Euro: Erhalt von Arbeitsplätzen und weitere Meldepflichten
25 Millionen Euro: Untersagung der Erhöhung bereits vereinbarter Boni und variabler Vergütungsbestandteile
50 Millionen Euro: Vorlage von Transformationsplänen, umfassende Melde-, Prüf- und Berichtspflichten sowie Boni- und Dividendenverbot
Die tatsächliche Entlastungssumme kann jedoch für Unternehmen unter Umständen durch sogenannte „relative Höchstgrenzen“ gedeckelt werden, die in Bezug zu den „absoluten Höchstgrenzen“ stehen. So erhalten beispielsweise Unternehmen, die durch die staatlichen Unterstützungsmaßnahmen um
bis zu 2 Millionen Euro (“absolute Höchstgrenze”) entlastet würden, durch die Preisbremsen lediglich
maximal eine
Entlastung in Höhe von 100 Prozent ihrer krisenbedingten Energiemehrkosten (“relative Höchstgrenze”).
Für Unternehmen, die in größerer Höhe finanziell entlastet werden, gelten zusätzliche Voraussetzungen und Nachweispflichten.
Positionen der IHK-Organisation
Die IHKs in Deutschland unterstützen die Einführung der Energiepreisbremsen zur Abfederung der stark gestiegenen Energiepreise und zum Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Betriebe. Allerdings besteht hinsichtlich der Ausgestaltung und Umsetzung der Energiepreisbremsen Verbesserungspotenzial.
Kritik
Preisniveaus der Preisdeckel, vor allem beim Strom, sind auf Dauer für viele energieintensive Prozesse unwirtschaftlich
Verbrauchswerte aus 2021 taugen nicht pauschal als repräsentativer Referenzwert für Gruppe 2, unter anderem aufgrund etwaiger Lockdown-Einschränkungen,
Einsparmöglichkeiten sind für einige Unternehmen/Branchen (zum Beispiel Lebensmittelhandel und Apotheken, die auf Kühlung angewiesen sind) im Energiebereich sehr gering
zahlreiche Meldepflichten (= bürokratische Belastungen), die teils bereits ab Entlastungsbeträgen von 100.000 Euro greifen,
weitergehende Auflagen (Standorterhalt, Transformationspläne, Boni- und Dividendenverbot) vor allem als Problem für KMU, da sie eine zusätzliche Belastung darstellen und gegebenenfalls zu Betriebsschließungen oder Abwanderung energieintensiver Industrien führen können,
Einteilung in Gruppe 1 und 2, vor allem bei der Gaspreisbremse, führt zu Ungleichbehandlungen innerhalb von Branchen, beispielsweise zwischen kleineren und mittleren/großen Hotels
Zweifel an der Finanzierung der Strompreisbremse durch die (teils rückwirkende) Abschöpfung von Zufallsgewinnen (= Klageverfahren, Rechtsunsicherheiten, Ausbremsen des EE-Ausbaus mit Auswirkungen auf die Energie- und Klimaschutzbranche)
Forderungen
Härtefallfonds oder Aufschläge auf zugewiesenes vergünstigte Grundkontingent für
Verbraucher, die im Jahr 2021 von Einschränkungen betroffen waren,
Verbraucher, die ihr Unternehmen zuletzt erweitert haben und
Verbraucher, für die es keine historischen Verbrauchsdaten gibt,
Höhere Schwellenwerte für Auflagen, Melde- und Prüfpflichten,
Streichung von Auflagen, unter anderem Pflicht zur Vorlage von Transformationsplänen,
Einteilung von Betrieben und Unternehmen in die beiden Gruppen neu justieren: nur Industrie soll in Gruppe 2 fallen, nicht Gewerbe,
Verlängerung der Preisbremse frühzeitig prüfen (= Planungssicherheit),
praxisnahe und niedrigschwellige Definition energieintensiver Industrien
Abbau von Steuern und Abgaben auf den Strompreis
Zusatzbesteuerung von Gewinnen statt Abschöpfung von Zufallsgewinnen.
Die Preisbremsen wirken für Unternehmen automatisch. Außerdem erhalten Kunden von ihren Energieversorgern bis spätestens 1. März 2023 eine Mitteilung, in welcher Höhe sie durch die Preisbremsen finanziell entlastet werden. Trotzdem können Unternehmen bereits jetzt aktiv werden, um eventuell auftretende Fragen im Hinblick auf die Energiepreisbremsen bereits im Vorfeld geklärt zu wissen:
Ist das Unternehmen ein Einzelunternehmen oder Unternehmensverbund?
Wie viele und welche Anschlusspunkte befinden sich auf dem Betriebsgelände?
Wie hoch waren die jeweiligen Verbräuche pro Anschlusspunkt im Jahr 2021 und welchem Unternehmen sind sie zuzuordnen?
Unterliegt der jeweilige Anschlusspunkt der Registrierenden Leistungsmessung (RLM) oder dem Standardlastprofil (SLP)?
Vertragslage mit dem Versorgungsunternehmen zusammenstellen und gegebenenfalls Informationen frühzeitig zusammentragen