07.04.2022

EU-Taxonomie

Vollversammlung der IHK Lippe kritisiert EU-Taxonomie:
Bürokratisches Monster droht

Die Vollversammlung der Industrie- und Handelskammer Lippe zu Detmold (IHK Lippe) hat sich in ihrer letzten Sitzung am 17. März 2022 mit klarer Mehrheit für grundlegende Änderungen bei der Umsetzung der EU-Taxonomie ausgesprochen. Diese ist ein zentraler Baustein des EU-Green Deal. Ursprüngliches Ziel der EU-Kommission sei es gewesen, Transparenz über die Nachhaltigkeit von Finanzprodukten zu schaffen, so Stefan Sievers, Hauptgeschäftsführer der IHK Lippe. „Mittlerweile droht daraus ein bürokratisches Monster zu werden, das vor allem Nichtfinanz-Unternehmen herausfordern wird“, kritisiert Sievers.
Unter der Überschrift „Sustainable Finance“ entsteht mit der EU-Taxonomie ein komplexes und aktuell noch weiter wachsendes Regelwerk, mit dem die EU-Kommission die Transformation hin zu einem nachhaltigen Wirtschaftssystem vorantreiben will. Mittelfristig sollen alle Wirtschaftstätigkeiten hinsichtlich ihrer Umwelt- und Sozialwirkungen klassifiziert werden. Betroffen sind derzeit etwa 500 Unternehmen in Deutschland, in einem nächsten Schritt könnten es 15.000 Unternehmen werden. „Die geplante Ausweitung von gelisteten Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten auf mehr oder weniger alle Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitenden ist ein zentraler Kritikpunkt des Vollversammlungsbeschlusses“, erläutert Sievers.
Über die EU-Taxonomie werden die betroffenen Unternehmen verpflichtet, jede einzelne Wirtschaftstätigkeit zu bewerten und mit Finanzkennzahlen zu hinterlegen. Die Anforderungen der sogenannten delegierten Verordnungen zu den verschiedenen Umweltzielen sind ambitioniert. Das zeige die erste und bisher einzige veröffentlichte Verordnung, die insbesondere die technischen Bewertungskriterien zu den Klimaschutzanforderungen thematisiert, so Sievers. Nach Einschätzung mehrerer Vollversammlungsmitglieder sei der Aufwand für die Datenermittlung und die Prüfung im Rahmen des jährlichen Lageberichts enorm. Der Nutzen hingegen werde in keinem Verhältnis stehen, so die Erwartungen.
Die IHK Lippe fasst mit dem Positionspapier die großen Bedenken der lippischen Wirtschaft zusammen: Die EU-Kommission schieße mit ihren bereits geltenden und noch geplanten Regelungen bei den Nachhaltigkeitskriterien und den Berichtspflichten weit übers Ziel hinaus. Noch gebe es eine kleine Chance, das Bürokratiemonster in die Schranken zu weisen, fordert Sievers die Politik in Land, Bund und vor allem der Europäischen Union zum Handeln auf.
Zentrale Forderungen der IHK Lippe sind:
  • Die EU-Taxonomie muss die Finanzierung der Transformation der Wirtschaft ermöglichen und darf sie nicht erschweren.
  • Der bürokratische Aufwand für direkt betroffene mittelständische Unternehmen ist auf das absolut notwendige Maß zu begrenzen.
  • Der Kreis der Betroffenen darf nicht auf alle Unternehmen mit mehr als 250 Beschäftigten ausgedehnt werden.
  • Kleine und mittelständische Unternehmen müssen vor überbordenden Offenlegungspflichten in der Lieferkette und bei der Finanzierung geschützt werden.
  • Die Finanzierung von KMU zu wettbewerbsfähigen Konditionen muss sichergestellt werden.
Weitere Informationen:
www.detmold.ihk.de (Nr. 5447152)