Fach- und Sachkundeprüfung Güterkraftverkehr

Angehende Unternehmer:innen im gewerblichen Güterkraftverkehr, benötigen dazu eine Erlaubnis oder EU-Lizenz der zuständigen Verkehrsbehörde.
Voraussetzung für die Erteilung der Erlaubnis/Lizenz ist neben der persönlichen Zuverlässigkeit der Antragsteller:innen sowie der finanziellen Leistungsfähigkeit des Betriebes die fachliche Eignung der angehenden Unternehmer:innen.
Zur Erlangung der fachlichen Eignung führt die IHK auf der Grundlage der jeweiligen Berufszugangs-Verordnung Fachkundeprüfungen durch, die im Regelfall einmal pro Quartal stattfinden.

Erlaubnispflicht im gewerblichen Güterkraftverkehr

Angehende Unternehmer:innen im gewerblichen Güterkraftverkehr mit Kraftfahrzeugen mit einem zulässigen Gesamtgewicht über 3,5 t (einschließlich Anhänger) benötigen dazu eine Erlaubnis der zuständigen Verkehrsbehörde.
Für grenzüberschreitende Güterkraftverkehre mit Staaten der Europäischen Union (EU) und den zusätzlichen, nicht zur EU gehörenden Staaten des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR), d.h. Norwegen, Island und Liechtenstein, wird eine sogenannte Gemeinschaftslizenz (auch „EG-Lizenz“ genannt) benötigt. Diese kann ebenfalls für innerdeutsche Verkehre eingesetzt werden und berechtigt darüber hinaus auch zu innerstaatlichen Verkehren in anderen EU-/EWR-Staaten (sog. Kabotageverkehre).
Änderung im internationalen Güterkraftverkehr: Ab 21. Mai 2022 Genehmigungspflicht bereits ab 2,5 t zGG.                                                                                                                                                                                                       
 Aufgrund der im Juli 2020 geänderten “Markzugangs-Verordnung” (EU) Nr. 1072/2009 sowie der “Berufszugangs-Verordnung” (EG) Nr. 1071/2009 müssen Unternehmen ab dem 21. Mai 2022, die Kraftfahrzeuge oder Fahrzeugkombinationen im gewerblichen Güterkraftverkehr mit einem zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 2,5 Tonnen im grenzüberschreitenden Verkehr sowie Kabotageverkehren einsetzen, eine Gemeinschaftslizenz hierfür besitzen. Bislang galt dies nur für Beförderungen über 3,5 Tonnen. 
Verkehre mit nicht zur EU/zum EWR gehörenden Drittstaaten können u.a. mit der Erlaubnis für den gewerblichen Güterkraft- verkehr (für den innerdeutschen Streckenanteil) in Kombination mit sog. bilateralen Genehmigungen (für die Drittstaaten-Streckenanteile) durchgeführt werden.
Zuständige Verkehrsbehörden für die Erteilung einer Erlaubnis für den gewerblichen Güterkraftverkehr bzw. einer Gemeinschaftslizenz ist der
Kreis Lippe, Fachgebiet Straßenverkehr
Ansprechpartnerin: Frau Schröder, Tel. 05231 62-1475

Voraussetzungen für die Erlaubnis- bzw. Lizenzerteilung


Voraussetzung für die Erlaubnis- bzw. Lizenzerteilung ist neben der persönlichen Zuverlässigkeit von Unternehmen und eingesetzten Verkehrsleiter:innen die finanzielle Leistungsfähigkeit des Betriebes sowie der Nachweis der fachlichen Eignung.
Darüber hinaus muss eine Niederlassung mit Räumlichkeiten, die über eine hinreichende Ausstattung zur tatsächlichen Ausübung des Gewerbes verfügt, vorhanden sein.
Finanzielle Leistungsfähigkeit
Bei der durch Artikel 7 der Verordnung (EG) Nr. 1071/2009 geregelten finanziellen Leistungsfähigkeit wird der Nachweis von Eigenkapital oder Reserven in Höhe von
  • mindestens 9.000 € für nur ein „genutztes“ Fahrzeug und
  • 5.000 € für jedes weitere „genutzte“ Fahrzeug gefordert.
Berechnungsbeispiel:
  • Ein Gespann aus Zugfahrzeug und Hänger sind zwei Fahrzeuge. Das notwenige Eigenkapital beträgt demnach min. 14.000 €.
  • Eine Sattelzugmaschine mit Sattelauflieger wird als ein Fahrzeug gesehen. Demnach beträgt das notwendige Eigenkapital in diesem Fall min. 9.000 €.
NEU ist, dass das Unternehmen die finanzielle Leistungsfähigkeit mittels eines von einem Wirtschaftsprüfer oder einer ordnungsgemäß akkreditierten Person geprüften Jahresabschlusses nachweisen muss und dass es „jedes Jahr“ über Eigenkapital und Reserven in der geforderten Höhe verfügt. Für Existenzgründer folgt daraus, dass eine Eröffnungsbilanz erstellt werden muss!
Alternativ kann die zuständige Behörde als Nachweis der finanziellen Leistungsfähigkeit eines Unternehmens eine Bescheinigung wie etwa
  • eine Bankbürgschaft oder
  • eine Versicherung einschließlich einer Berufshaftpflichtversicherung einer oder mehrerer Banken oder anderer Finanzinstitute einschließlich von Versicherungsunternehmen,
die eine selbstschuldnerische Bürgschaft für das Unternehmen über die oben genannten Beträge darstellen, gelten lassen oder verlangen.
Bei der Genehmigungsbehörde sind i. d. R. aber nicht die Jahresabschlüsse bzw. Bürgschaften vorzulegen, sondern weiterhin eine von einem Wirtschaftsprüfer, Steuerberater oder Kreditinstitut ausgestellte Eigenkapitalbescheinigung auf einem entsprechenden Vordruck.
Die finanzielle Leistungsfähigkeit muss während der gesamten Zeit der Unternehmereigenschaft gegeben sein und nachgewiesen werden können. Das Unternehmen muss daher die einzelnen Jahresabschlüsse in der Niederlassung aufbewahren und auf Verlangen vorlegen. Sie müssen i. d. R. aber nicht jährlich der Genehmigungsbehörde übermittelt werden.

Persönliche Zuverlässigkeit

Sowohl das Unternehmen als auch der Verkehrsleiter müssen nachweisen, dass sie zuverlässig sind. Die Zuverlässigkeit ist gegeben, wenn keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass bei der Führung des Unternehmens die geltenden Vorschriften missachtet, die Allgemeinheit beim Betrieb des Unternehmens geschädigt oder gefährdet werden.
Zum Nachweis der Zuverlässigkeit der angehenden Unternehmer:innen sind der Genehmigungsbehörde vorzulegen: 
  • Auszug aus dem Bundeszentralregister,
  • Auszug aus dem Fahreignungsregister,
  • Auszug aus dem Gewerbezentralregister
Die Zuverlässigkeit des Verkehrsleiters oder des Verkehrsunternehmens darf
„nicht zwingend in Frage gestellt sein“, etwa durch Verurteilungen oder Sanktionen aufgrund eines schwerwiegenden Verstoßes gegen einzelstaatliche Vorschriften in den Bereichen
  • Handelsrecht,
  • Insolvenzrecht,
  • Entgelt- und Arbeitsbedingungen der Branche,
  • Straßenverkehr,
  • Berufshaftpflicht,
  • Menschen- oder Drogenhandel.
Es darf auch kein Urteil wegen einer schwerwiegenden Straftat oder eine Sanktion wegen eines schwerwiegenden Verstoßes gegen EU-Gemeinschaftsvorschriften verhängt worden sein. Hierzu zählen insbesondere folgenden Bereiche:
  • Lenk- und Ruhezeiten der Fahrer, Arbeitszeit sowie Einbau und Nutzung der Kontrollgeräte,
  • höchstzulässiges Gewicht und Abmessungen der Nutzfahrzeuge im grenzüberschreitenden Verkehr,
  • Grundqualifikation und Weiterbildung der Fahrer,
  • Verkehrstüchtigkeit der Nutzfahrzeuge einschließlich der vorgeschriebenen technischen Überwachung der Kraftfahrzeuge,
  • Zugang zum Markt des grenzüber- schreitenden Güterkraftverkehrs oder gegebenenfalls Zugang zum Markt des grenzüberschreitenden Personenkraftverkehrs,
  • Sicherheit beim Transport gefährlicher Güter auf der Straße.

Zudem sind Bescheinigungen (vormals Unbedenklichkeitsbescheinigungen) folgender Stellen beizubringen:
  • Finanzamt
  • Krankenkassen
  • Berufsgenossenschaft für Transport und Verkehrswirtschaft (BG Verkehr)
  • Stadt-/ Gemeindekasse

Fachliche Eignung

Zum Nachweis der fachlichen Eignung muss bei der Genehmigungsbehörde ein von der IHK ausgestellter Fachkundenachweis vorgelegt werden.
Die fachliche Eignung ist generell durch eine Prüfung bei der für den Wohnsitz zuständigen IHK zu erwerben.

Übergangsregelung für die Anerkennung leitender Tätigkeit

Die fachliche Eignung kann auch durch eine mindestens zehnjährige leitende Tätigkeit in einem Unternehmen das Güterkraftverkehr betreibt, nachgewiesen werden.
Folgende Voraussetzungen müssen vorliegen:
  • Die Tätigkeit muss den Zeitraum vom 4. Dezember 1999 bis einschließlich 3. Dezember 2009 lückenlos umfassen.
  • Die Tätigkeit muss in einem Güter- kraftverkehrsunternehmen in einem oder mehreren EU-Mitgliedsstaat ausgeübt worden sein.
  • Durch die Tätigkeit müssen die notwendigen Kenntnisse auf allen Sachgebieten der EU-Berufszugangsverordnung (Anhang 1 Teil 1 EG-VO 1071/2009) tatsächlich erlangt worden sein.
Die IHKs führen mit den einzelnen Antragstellern generell ein umfassendes Beurteilungsgespräch, um zu prüfen, ob die erforderlichen Kenntnisse tatsächlich erworben wurden.

Gleichwertige Abschlussprüfungen

Alle bislang als gleichwertig anerkannten Abschlussprüfungen gelten auch weiterhin als gleichwertig, sofern Sie vor dem 4. Dezember 2011 begonnen worden sind. Im Einzelnen handelt es sich um folgende Abschlussprüfungen:
  • Kaufmann/Kauffrau für Spedition und Logistikdienstleistungen; Speditionskaufmann/Speditionskauffrau
  • Kaufmann/Kauffrau im Eisenbahn- und Straßenverkehr, Schwerpunkt: Güterverkehr
  • Verkehrsfachwirt/Verkehrsfachwirtin
  • Diplom-Betriebswirt/Diplom-Betriebswirtin im Ausbildungsbereich Wirtschaft, Fachrichtung Spedition der Berufsakademien Lörrach und Mannheim
  • Diplom-Betriebswirt/Diplom-Betriebswirtin im Fachbereich Wirtschaft I, Studiengang Verkehrswirtschaft und Logistik, Fachrichtung Güterverkehr der Fachhochschule Heilbronn
  • Bachelor of Arts, Studiengang Betriebswirtschaftslehre/Spedition, Transport und Logistik der Berufsakademien Lörrach und Mannheim
  • Bachelor of Arts, Studiengang Verkehrsbetriebswirtschaft und Logistik, Vertiefungsrichtung Verkehrslogistik der Hochschule Heilbronn

Es ist jedoch erforderlich, sich auf Grundlage der als gleichwertig anerkannten Abschlussprüfung, eine Fachkundebescheinigung von der IHK ausstellen zu lassen. 

Betriebssitz

Nunmehr wird an eine Niederlassung u. a. die Voraussetzung geknüpft, dass diese über Räumlichkeiten verfügt, in denen das Unternehmen die wichtigsten Unternehmensunterlagenaufbewahrt, insbesondere seine
  • Buchführungsunterlagen,
  • Personalverwaltungsunterlagen,
  • Dokumente mit den Daten über die Lenk- und Ruhezeiten sowie
  •  
alle sonstigen Unterlagen, zu denen die zuständige Behörde Zugang haben muss, um die zur Erfüllung der in VO (EG) Nr. 1071/09 festgelegten Voraussetzungen überprüfen zu können.

Nachweis der fachlichen Eignung durch eine Fachkundeprüfung

Prüfungssachgebiete und Ablauf der Prüfung
Prüfungsgegenstand sind die in Anhang 1 der Verordnung (EG) Nr. 1071/2009 aufgelisteten Sachgebiete:
  • Bürgerliches Recht
  • Handelsrecht
  • Sozialrecht
  • Steuerrecht
  • Kaufmännische und finanzielle Leitung des Unternehmens
  • Marktzugang
  • Normen und technische Vorschriften
  • Straßenverkehrssicherheit

Die schriftliche Prüfung besteht aus zwei Teilen: 
  • schriftliche Fragen, die entweder multiple-choice-Fragen mit vier Antworten zur Auswahl oder Fragen mit direkter Antwort oder eine Kombination der beiden Systeme umfassen
  • schriftlichen Übungen/Fallstudien   
  • Die Dauer der schriftlichen Prüfungsteile beträgt jeweils zwei Stunden (insgesamt 240 Minuten)
Grundlage der Bewertung der Prüfungsleistung sind die im schriftlichen und ggf. mündlichen Prüfungsteil erzielten Ergebnisse, die in Punkten ausgedrückt werden.
Die Gesamtpunktzahl teilt sich wie folgt auf die Prüfungsteile auf:
  • schriftlicher Fragenkatalog (40 %)
  • schriftliche Übungen/Fallstudien (35 %)
  • mündliche Prüfung (25 %)
Werden in den einzelnen schriftlichen Teilen mindestens 50 % der jeweils erreichbaren Punkte und zusätzlich insgesamt 60 % der Gesamtbewertung erreicht, so ist die Gesamtprüfung (ohne mündliche Prüfung) bestanden. Ist eine mündliche Prüfung erforderlich, so müssen in diesem Prüfungsteil mindestens 50 % der erreichbaren Punkte und insgesamt 60 % der Gesamtbewertung erzielt werden, um die Prüfung zu bestehen.

Anmeldung zur Prüfung

Prüfungen finden im Regelfall vierteljährlich statt. Die Prüfungstermine finden Sie auf unserer Homepage:

Die Prüfungsgebühr beträgt 230 €. Sie wird mit dem Einladungsschreiben in Rechnung gestellt und ist vor Beginn der Prüfung zu entrichten.
Zuständig für die Prüfung ist grundsätzlich diejenige Industrie- und Handelskammer, in deren Bezirk der Prüfling seinen Wohnsitz hat. Prüflinge, die außerhalb unseres Kammerbezirks wohnen, können zur Prüfung nur eingeladen werden, wenn der Anmeldung eine Freistellungsbescheinigung der zuständigen Kammer beigefügt ist.

Prüfungsvorbereitung
Für die Vorbereitung gibt es keine Vorgaben. Sie kann im Selbststudium bzw. auf Lernplattformen oder durch einen Vorbereitungskurs (Präsenzform oder Online) erfolgen. Im Internet sind entsprechende Angebote zu finden. Im Weiterbildungs-Informations-System des Deutschen Industrie- und Handelskammertages sind bundesweite Angebote zur Vorbereitung auf die Prüfung veröffentlicht.

Güterkraftverkehr