Entwaldungsverordnung (EUDR)

Die Verordnung (EU) 2023/1115 für entwaldungsfreie Produkte (regulation on deforestation-free products; kurz: EUDR) enthält umfassende Regelungen für das Inverkehrbringen und die Bereitstellung bestimmter Erzeugnisse auf Basis von Holz, Kaffee, Kakao, Naturkautschuk, Palmöl, Rindfleisch und Soja. Ziel ist die weltweite Verringerung von Entwaldung und Waldschädigung. Die Umsetzungsfristen haben sich um ein Jahr verschoben, die ersten Pflichten greifen zum 30. Dezember 2025.

Verbote

Relevante Rohstoffe und relevante Erzeugnisse dürfen gemäß Artikel 3 der EUDR nur dann in Verkehr gebracht oder auf dem Markt bereitgestellt oder ausgeführt werden, wenn alle folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:
a) sie sind entwaldungsfrei
b) sie wurden gemäß den einschlägigen Rechtsvorschriften des Erzeugerlandes erzeugt und
c) für sie liegt eine Sorgfaltserklärung vor.
„Entwaldungsfrei“ bezeichnet dabei die Tatsache, dass die Flächen, auf denen relevante Rohstoffe zur Erzeugung relevanter Produkte gewonnen wurden, nach dem 31. Dezember 2020 nicht entwaldet („in landwirtschaftliche Flächen umgewandelt“) worden sind bzw. dass Holz in relevanten Erzeugnissen nicht als Wäldern stammt, in denen es nach dem 31. Dezember 2020 zu Waldschädigungen gekommen ist (Artikel 2 Nr. 13).

Welche Waren sind betroffen?

Die Verordnung bezieht sich auf folgende sieben Primärkategorien:
  • Rinder
  • Kakao
  • Kaffee
  • Ölpalme
  • Kautschuk
  • Soja
  • Holz
Die jeweils tatsächlich betroffenen Waren werden ausschließlich nach den in Anhang I aufgeführten Warentarifnummern ermittelt. Das "ex" vor der Warentarifnummer bedeutet, dass das bezeichnete Erzeugnis einen "Auszug" aus allen Erzeugnissen darstellt, die mit derselben Warentarifnummer beginnen. So kann der Code „9401“ beispielsweise Sitzmöbel umfassen, die aus anderen Rohstoffen als Holz hergestellt sind, aber gemäß den dahinterstehenden Bezeichnungen unterliegen nur Sitzmöbel aus Holz den Anforderungen der EUDR.
Nicht betroffen von der EUDR sind Waren des Anhangs I, die vor dem 29. Juni 2023 erzeugt wurden (Artikel 38 Absatz 1). Der Ausschluss gilt zudem für relevante Waren und Rohstoffe, die auf Flächen erzeugt worden sind, die bis zum 31. Dezember 2020 entwaldet worden sind oder auf denen es bis zum 31. Dezember 2020 zu Waldschädigungen gekommen ist (Artikel 2 Nr. 13).
Nicht betroffen sind laut Leitlinien zur EUDR z.B. auch Verpackungen aus Holz und Karton sowie Betriebsanleitungen z. B. als Beilage zu gelieferten Maschinen, die nicht als eigenständige Produkte verkauft werden.

Wen betrifft die EUDR?

Von der EUDR betroffen sind
  • alle natürlichen oder juristischen Personen, die im Rahmen einer gewerblichen Tätigkeit relevante Erzeugnisse auf dem EU-Markt in Verkehr bringen (erstmals bereitstellen) oder ausführen („Marktteilnehmer“);
  • große, in der EU ansässige Händler, die relevante Erzeugnisse bereitstellen („nicht-KMU-Marktteilnehmer“);
  • Kleinste, kleine und mittlere, in der EU ansässige Händler, die relevante Erzeugnisse bereitstellen („KMU-Händler“);
  • natürliche oder juristische Personen, die als erste relevante Erzeugnisse auf dem EU-Markt bereitstellen, wenn diese von einer in einem Drittstaat ansässigen natürlichen oder juristischen Person in Verkehr gebracht worden sind (Marktteilnehmer gemäß Artikel 7). Damit kann ein in der EU ansässiger Händler ebenfalls zu einem Marktteilnehmer mit den entsprechenden Pflichten werden.
  • Markteilnehmer, bei denen es sich um eine natürliche Person oder ein Kleinstunternehmen handelt, können den nächsten Marktteilnehmer oder Händler der nachgelagerten Lieferkette (…) beauftragen, als Bevollmächtigter zu fungieren.
  • Bevollmächtigte, die von einem Marktteilnehmer oder Händler beauftragt worden sind, in ihrem Namen die Sorgfaltserklärung zu übermitteln. Die Verantwortung für die Konformität der relevanten Rohstoffe und Erzeugnisse mit den Anforderungen der EUDR verbleibt in jedem Fall beim jeweiligen Marktteilnehmer.

Übersicht der Pflichten

Große Unternehmen
(in der EU ansässig)
KMUs
(in der EU ansässig)
Marktteilnehmer
  • Sorgfaltspflicht
  • Sorgfaltserklärung
    (Sonderregelung für Produkte, für die bereits Sorgfaltspflicht erfüllt wurde)
  • Meldung von Hinweisen auf mögliche Verstöße an zuständige Behörden und Händler
  • Sorgfaltspflicht
  • Sorgfaltserklärung
    (Erweiterte Sonderregelung für Produkte, für die bereits Sorgfaltspflicht erfüllt wurde)
  • Meldung von Hinweisen auf mögliche Verstöße an zuständige Behörden und andere Händler
Händler
  • wie Marktteilnehmer
  • Dokumentation von An- und Verkäufern
  • Meldung von Hinweisen auf mögliche Verstöße an zuständige Behörden und andere Händler

Sorgfaltspflicht

Informationsanforderungen (Artikel 9)

Die Marktteilnehmer müssen bestimmte Informationsanforderungen (Artikel 9) erfüllen:
  1. Beschreibung, Handelsname und der Art der relevanten Erzeugnisse;
  2. Menge;
  3. Erzeugerland;
  4. Geolokalisierung aller Grundstücke, auf denen die relevanten Rohstoffe, die das relevante Erzeugnis enthält oder unter deren Verwendung es hergestellt wurde, erzeugt wurden (Punktdaten, Polygone bei >4ha), Zeitpunkt oder Zeitraum der Erzeugung;
  5. Name, Anschrift und E-Mail-Adresse aller Unternehmen oder Personen, von denen die Marktteilnehmer mit den relevanten Erzeugnissen beliefert wurden;
  6. Name, Anschrift und E-Mail-Adresse aller Unternehmen, Marktteilnehmer oder Händler, an die die relevanten Erzeugnisse geliefert wurden;
  7. angemessen schlüssige und überprüfbare Informationen darüber, dass die relevanten Erzeugnisse entwaldungsfrei sind und
  8. dass die Erzeugung der relevanten Rohstoffe im Einklang mit den einschlägigen Rechtsvorschriften des Erzeugerlandes erfolgt ist.
Diese Informationen müssen ab dem Datum der Bereitstellung auf dem Markt bzw. der Ausfuhr für einen Zeitraum von fünf Jahren aufbewahrt und den zuständigen Behörden auf Verlangen zur Verfügung gestellt werden.

Risikobewertung (Artikel 10)

Die Marktteilnehmer überprüfen und analysieren die Informationen gemäß Artikel 9 und sonstige einschlägige Unterlagen insbesondere hinsichtlich folgender Kriterien:
  1. Risikostatus des Erzeugerlandes oder des Landesteils;
  2. Waldfläche im Erzeugerland;
  3. Präsenz indigener Gruppen;
  4. Konsultationen und Kooperation mit indigenen Gruppen;
  5. Begründete Ansprüche indigener Gruppen im betreffenden Gebiet;
  6. Entwaldungsrate und Degradierung im Erzeugerland;
  7. Glaubwürdigkeit der Informationen gemäß Artikel 9;
  8. Korruption, Sicherheit, Menschenrechte usw. im Erzeugerland;
  9. Komplexität der Lieferkette;
  10. Risiko der Umgehung der EUDR im Erzeugerland;
  11. Schlussfolgerungen der EU-Expertengruppe;
  12. Begründete Bedenken gemäß Artikel 31;
  13. relevante Informationen zum Risiko der Nichtkonformität;
  14. Informationen aus Zertifizierungen
Die Risikobewertungen müssen dokumentiert, mindestens jährlich überprüft und den zuständigen Behörden auf Verlangen zur Verfügung gestellt werden.

Länderliste (Risikoeinstufung)

Die Europäische Kommission hat im Mai die lang erwartete Liste der Länder veröffentlicht, die als Hoch- bzw. Niedrigrisiko-Länder in Bezug auf Entwaldung gelten. Das Dokument ist ein zentrales Element der neuen EU-Vorschriften gegen Entwaldung. Importe aus Hochrisikoländern unterliegen strengeren Kontrollen, während Unternehmen mit Lieferketten aus Niedrigrisikoländern vereinfachte Sorgfaltspflichten anwenden können. Allerdings müssen Unternehmen auch beim Handel mit Produkten aus “Niedrig-” oder “Standardrisiko”-Ländern nachweisen, dass ihre Lieferketten frei von Entwaldung und Menschenrechtsverletzungen sind.
Deutschland sowie alle EU-Mitgliedsstaaten wurden als Niedrigrisiko-Länder ausgewiesen. Vier Länder wurde das Label „Hochrisiko“ zugewiesen: Belarus, Nordkorea, Russland und Myanmar. Länder, die weder als Hoch- noch Niedrigrisiko-Länder eingestuft wurden, gelten automatisch als “Standardrisiko-Länder”. Dazu zählen u.a. Brasilien, Argentinien, Indonesien, Malaysia und die Demokratische Republik Kongo.
Die Liste soll risikoabhängig regelmäßig aktualisiert werden. Länder, die aufgrund von UN-Sicherheitsrat- oder EU-Rats-Sanktionen vom Im- oder Export der betreffenden Waren und Produkte betroffen sind, werden automatisch als Hochrisiko-Länder eingestuft, da es in diesen Ländern unmöglich ist, Sorgfaltspflichten entlang der Lieferketten durchzuführen.

Risikominderung (Artikel 11)

Falls die Risikobewertung ergeben hat, dass kein oder lediglich ein vernachlässigbares Risiko der Nichtkonformität der relevanten Erzeugnisse, sind keine Risikominderungsmaßnahmen zu treffen.
In allen anderen Fällen müssen die Marktteilnehmer vor dem Inverkehrbringen oder der Ausfuhr der relevanten Erzeugnisse Verfahren und Maßnahmen zur Risikominimierung an, z.B.:
  1. Anforderung zusätzlicher Informationen, Daten oder Unterlagen
  2. Durchführung unabhängiger Erhebungen oder Audits
  3. Ergreifen anderer Maßnahmen, z.B. finanzielle und personelle Unterstützung der Lieferanten
Dazu entwickeln die Marktteilnehmer Strategien, Kontrollen und Verfahren, um das Risiko der Nichtkonformität der relevanten Erzeugnisse zu mindern und wirksam zu steuern.
Die Entscheidungen über Verfahren und Maßnahmen zur Risikominderung müssen dokumentiert, mindestens jährlich überprüft und den zuständigen Behörden auf Verlangen zur Verfügung gestellt werden.

Sorgfaltserklärung

Ohne vorherige Vorlage einer Sorgfaltserklärung im EU-Informationssystem dürfen Marktteilnehmer keine relevanten Erzeugnisse in Verkehr bringen oder ausführen. Die Sorgfaltserklärung muss Folgendes enthalten:
  • in Anhang II der EUDR für die relevanten Erzeugnisse aufgeführte Informationen wie
    • Name und Anschrift sowie EORI-Nummer des Marktteilnehmers,
    • Code des Harmonisierten Systems (HS-Code), Freitextbeschreibung, Handelsbezeichnung, Menge,
    • Erzeugerland und Geokoordinaten aller relevanten Flächen,
    • Referenznummern von Sorgfaltserklärungen, auf die ggf. Bezug genommen wird,
    • Erklärung zur Übernahme der Verantwortung und
    • Unterschrift;
  • Erklärung über die Erfüllung der Sorgfaltspflicht
  • Erklärung, dass kein oder lediglich ein vernachlässigbares Risiko festgestellt wurde.
Für Erzeugnisse, für die bereits die Sorgfaltspflicht erfüllt wurde, gelten folgende Sonderregelungen:
  • KMU-Marktteilnehmer sind nicht verpflichtet, die Sorgfaltspflicht zu erfüllen, wenn für die Erzeugnisse bereits eine Sorgfaltserklärung übermittelt wurde. In diesen Fällen legen die KMU-Marktteilnehmer den zuständigen Behörden auf Verlangen die Referenznummer der Sorgfaltserklärung vor.
  • Nicht-KMU-Marktteilnehmer dürfen auf bereits übermittelte Sorgfaltserklärungen von Marktteilnehmern verweisen, wenn sie die Einhaltung der Sorgfaltspflicht geprüft haben. Sie geben die Referenznummern der entsprechenden Sorgfaltserklärungen in ihren eigenen Sorgfaltserklärungen an.
Für Bestandteile von relevanten Erzeugnissen, die noch nicht der Sorgfaltspflicht unterlagen, ist die Sorgfaltspflicht in beiden Fällen zu erfüllen. Die Marktteilnehmer tragen auch bei Verweis auf die Sorgfaltserklärungen Dritter die Verantwortung für die Konformität des eigenen Erzeugnisses mit Artikel 3 der EUDR.

Pflichten in der Lieferkette

Der Marktteilnehmer teilt den Marktteilnehmern und Händlern der nachgelagerten Lieferkette
  • die relevanten Erzeugnisse,
  • alle als Nachweis der Erfüllung der Sorgfaltspflicht erforderlichen Informationen und
  • die erforderlichen Informationen, dass kein oder nur ein vernachlässigbares Risiko besteht und
  • die Referenznummern der Sorgfaltserklärungen
mit.
KMU-Händler dürfen relevante Erzeugnisse nur dann auf dem Markt bereitstellen, wenn sie im Besitz folgender Informationen der Marktteilnehmer oder Händler sind, die ihnen die relevanten Erzeugnisse geliefert haben:
  • Name, eingetragener Handelsname oder eingetragene Handelsmarke,
  • Postanschrift,
  • E-Mail-Adresse und, falls verfügbar, Internetadresse sowie
  • Referenznummern der Sorgfaltserklärungen
Sie müssen diese Informationen sammeln und speichern. Dieselben Informationen (mit Ausnahme der Referenznummern) müssen KMU-Händler auch in Bezug auf die Händler dokumentieren, die sie selbst beliefern.
Die Informationen müssen ab dem Datum der Bereitstellung auf dem Markt mindestens fünf Jahre lang aufbewahrt und auf Verlangen den zuständigen Behörden zur Verfügung gestellt werden.

Neue Fristen

Aufgrund der breiten Kritik und mangelhafter Praxistauglichkeit wird die Umsetzung der EUDR um ein Jahr verschoben:
  • Frist zur Umsetzung für große und für mittlere Unternehmen: 30. Dezember 2025
  • Frist zur Umsetzung für Kleinst- und kleine Unternehmen: 30. Juni 2026
  • Veröffentlichung der Liste von Staaten, für die ein nur geringes bzw. ein hohes Risiko gilt, bis 30.Juni 2025. Betroffene Rohstoffe aus Staaten mit künftig geringem Risiko fallen dennoch unter viele Verordnungsbestimmungen (Sorgfaltserklärungen usw.), aber nicht unter die Artikel 10 und 11 (Risikobewertung und Risikominderung).
  • Holz und Holzerzeugnisse, die vor dem 29. Juni 2023 hergestellt wurden und:
    • bis zum 31. Dezember 2028 in Verkehr gebracht werden, fallen weiterhin unter die Regelungen der EUTR;
    • ab dem 31. Dezember 2028 in Verkehr gebracht werden, müssen Artikel 3 der EUDR erfüllen.
  • Für Holz und Holzerzeugnisse, die zwischen dem 29. Juni 2023 und dem 30. Dezember 2025 hergestellt und:
    • vor dem 30. Dezember 2025 in Verkehr gebracht wurden, gilt, dass sie die Vorschriften der EUTR erfüllen müssen;
    • ab dem 30. Dezember 2025 in Verkehr gebracht werden, gilt, dass sie die Vorschriften der EUDR erfüllen müssen.
  • Holz und Holzerzeugnisse, die ab dem 30. Dezember 2025 hergestellt werden, müssen die Vorschriften der EUDR erfüllen.
Für Holz und Holzerzeugnisse gemäß Artikel 2 Buchstabe a der EU-Holzhandelsverordnung (EUTR) gelten spezielle Regelungen gemäß Artikel 37 Absatz 3 der EUDR:

EU-Informationssystem

Marktteilnehmer und Nicht-KMU-Händler, die aufgrund der EUDR eine Sorgfaltserklärung abgeben müssen, reichen diese digital EU-Informationssystem ein. Der Zugang erfolgt über das EU-Konto, für das ggf. noch eine Registrierung erforderlich ist. Bei Abgabe einer Sorgfaltserklärung (Due Diligence Statement) erhalten die Marktbeteiligten eine Referenznummer, die sie für die Einfuhr oder Ausfuhr von relevanten Erzeugnissen benötigen und die sie entlang der Lieferkette weitergegeben.

Marktüberwachung

In Deutschland ist die der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) für die Umsetzung, Überwachung und Einhaltung der EUDR zuständig. Sie prüft unter anderem die eingereichten Sorgfaltserklärungen.

Weitere Informationen