Chemikalien-Verbotsverordnung

Das Inverkehrbringens bestimmter Stoffe, Gemische und Erzeugnisse wird vor allem durch die REACH-Verordnung (EG) 1907/2006 (Artikel 67 in Verbindung mit Anhang XVII) beschränkt.
Die Chemikalien-Verbotsverordnung (ChemVerbotsV) verbietet das Inverkehrbringen bestimmter gefährlicher Stoffe und Gemische sowie bestimmter Erzeugnisse, die gefährliche Stoffe freisetzen können. Sie schreibt besondere Anforderungen für den Vertrieb und die Abgabe durch den Handel fest.

Verbote

Die Chemikalien-Verbotsverordnung (Anlage 1, ChemVerbotsV) untersagt das Inverkehrbringen von
  • Formaldehyd,
  • Dioxinen und Furanen,
  • Pentachlorphenolhaltigen Erzeugnissen und
  • biopersistenten Fasern
als Stoff, in Gemische sowie bestimmten Erzeugnisse, die diese freisetzen können oder enthalten.

Sachkunde beim Vertrieb gefährlicher Stoffe erforderlich

Produkte, die gefährliche Chemikalien enthalten, dürfen im Handel nur dann verkauft werden, wenn die Sachkunde gemäß der Chemikalien-Verbotsverordnung nachgewiesen werden kann (§ 6 ChemVerbotsV i.V. mit Anlage 2, Spalte 2).
Der Sachkundenachweis ist demnach erforderlich bei Produkten, die nach der CLP-Verordnung (EG) 1272/2008 mit einem der folgenden Gefahrensymbole gekennzeichnet sind:
Das Bild zeigt die Gefahrensymbole
GHS 02 (Flamme) und einem der Gefahrenhinweise:
  • H224: Flüssigkeit und Dampf extrem entzündbar
  • H241: Erwärmung kann Brand oder Explosion verursachen
  • H242: Erwärmung kann Brand verursachen
GHS 03 (Flamme über einem Kreis): oxidierende Gase, Flüssigkeiten, Feststoffe
GHS 06 (Totenkopf): akute Toxizität (oral, dermal, inhalativ), Gefahrenkategorien 1, 2, 3
GHS 08 (Gesundheitsgefahr) und dem Signalwort Gefahr sowie einem der Gefahrenhinweise:
  • H340: Kann genetische Defekte verursachen
  • H350: Kann Krebs erzeugen
  • H350i: Kann bei Einatmen Krebs erzeugen
  • H360, H360F, H360D, H360FD, H360Fd, H360Df: Kann (vermutlich) die Fruchtbarkeit beeinträchtigen oder (vermutlich) das Kind im Mutterleib schädigen
  • H370: Schädigt die Organe
  • H372: Schädigt die Organe (wiederholte Exposition)
Stoffe und Gemische, die bei bestimmungsgemäßer Verwendung Phosphorwasserstoff entwickeln
Personen, die eine einschlägige Ausbildung absolviert haben, z.B. als Apotheker, Drogist oder in anderen pharmazeutischen Assistenzberufen, verfügen bereits über den Sachkundenachweis. Alle in Frage kommenden Abschlüsse sind in der Chemikalien-Verbotsverordnung zu finden.
Die Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Chemikaliensicherheit (BLAC) hat weitergehende Hinweise und Empfehlungen zum Sachkundenachweis gemäß § 11 der Chemikalien-Verbotsverordnung beschlossen und im Bundesanzeiger veröffentlicht.
Für die Durchführung von Sachkundeprüfungen und die Ausstellung von Prüfzeugnissen nach § 11 der Chemikalienverbotsverordnung, ist in NRW die Bezirksregierung Düsseldorf zuständig. Die Prüfung der Sachkunde wird bundesweit nach einheitlichen Maßstäben auf Grundlage des gemeinsamen Fragenkatalogs der Länder durchgeführt. In einer bundesweiten Liste werden die anerkannten Schulungsträger aufgeführt.
Seit dem 1. Juni 2019 muss bei älterem Sachkundeerwerb oder länger zurückliegendem Erwerb einer anderweitigen Qualifikation eine Teilnahmebescheinigung entweder über eine nicht länger als 6 Jahre zurückliegende eintägige oder eine nicht länger als drei Jahre zurückliegende halbtägige behördliche oder behördlich anerkannte Fortbildungsveranstaltung vorgelegt werden.

Erlaubnis- und Anzeigepflicht

Drogeriemärkte, Drogerien, bäuerliche Bezugs- und Absatzgenossenschaften, Garten- und Baumärkte, Supermärkte, Bastel- und Hobbyläden, Malergeschäfte, Samen- und Chemikalienhandlungen, Blumengeschäfte oder der Landhandel bringen häufig gefährliche Stoffe und Zubereitungen im Einzelhandel in den Verkehr. Für die Abgabe von gefährlichen Stoffen oder Gemischen sowie Zubereitungen gemäß Anlage 2, Zeile 1 an private Verbraucher ist eine Erlaubnis notwendig. Apotheken sind von der Erlaubnispflicht ausgenommen.
Eine Erlaubnis erhält auf Antrag, wer
  • die Sachkunde nach § 11 Absatz 1 nachgewiesen hat,
  • die erforderliche Zuverlässigkeit besitzt und
  • mindestens 18 Jahre alt ist.
Händler, die diese Stoffe oder Gemische an Wiederverkäufer, berufsmäßige Verwender oder öffentliche Forschungs-, Untersuchungs- und Lehranstalten abgeben, müssen
  • die erstmalige Abgabe oder Bereitstellung vor Aufnahme der Tätigkeit,
  • jeden Wechsel der benannten Person(en) und
  • die endgültige Aufgabe der Tätigkeit der zuständigen Behörde
unverzüglich schriftlich anzeigen. Ausgenommen sind Betriebe und Einrichtungen, die über eine Erlaubnis verfügen sowie Apotheken.

Voraussetzungen für die Abgabe an Dritte

Die Abgabe darf gemäß nur durchgeführt werden, wenn
  • der abgebenden Person bekannt ist oder sie sich vom Erwerber hat bestätigen oder durch Vorlage entsprechender Unterlagen nachweisen lassen, dass dieser die Stoffe oder Gemische in erlaubter Weise verwenden oder weiterveräußern will und die rechtlichen Voraussetzungen hierfür erfüllt, und keine Anhaltspunkte für eine unerlaubte Verwendung oder Weiterveräußerung vorliegen,
  • die abgebende Person den Erwerber über die mit dem Verwenden des Stoffes oder des Gemisches verbundenen Gefahren,
  • die notwendigen Vorsichtsmaßnahmen beim bestimmungsgemäßen Gebrauch und für den Fall des unvorhergesehenen Verschüttens oder Freisetzens sowie
  • die ordnungsgemäße Entsorgung unterrichtet hat und
  • im Fall der Abgabe an eine natürliche Person diese mindestens 18 Jahre alt ist.

Identitätsfeststellung und Dokumentation

Abgabetagebuch
Betroffene Unternehmen müssen gemäß § 9 Abs. 1 ChemVerbotsV über die Abgabe von gefährlichen Stoffen und Gemischen ein Abgabebuch führen. Das Abgabebuch kann auch in elektronischer Form geführt werden. Was genau in dem Abgabebuch dokumentiert werden muss, ergibt sich aus § 9 Abs. 2 Nr. 2 ChemVerbotsV.
Identitätsfeststellung
Die abgebende Person hat bei der Abgabe die Identität des Erwerbers festzustellen sowie im Falle der Entgegennahme durch eine Empfangsperson die Identität der Empfangsperson und das Vorhandensein der Auftragsbestätigung, aus der der Verwendungszweck und die Identität des Erwerbers hervorgehen, festzustellen.
Empfangsbestätigung
Die abgebende Person hat bei der Abgabe dafür zu sorgen, dass der Erwerber oder die Empfangsperson den Empfang des Stoffes oder Gemisches im Abgabebuch oder auf einem gesonderten Empfangsschein durch Unterschrift oder durch eine handschriftliche elektronische Unterschrift bestätigt.
Aufbewahrungsfrist
Das Abgabebuch und die Empfangsscheine sind vom Betriebsinhaber mindestens fünf Jahre nach der letzten Eintragung aufzubewahren.

Ausnahmen

Die Anforderungen an die Sachkunde sowie die Pflichten zur Erlaubnis, Anzeige, Identitätsfeststellung sowie zur Dokumentation gelten gemäß § 5 Abs. 4 ChemVerbotsV u.a. nicht für die Abgabe von:
  • Kraftstoffen an Tankstellen oder sonstigen Betankungseinrichtungen,
  • Heizöl,
  • Klebstoffen, Härtern, Mehrkomponentenklebern oder Mehrkomponenten-Reparaturspachteln, soweit sie nach der CLP-Verordnung (EG) 1272/2008 nur mit den Gefahrenpiktogrammen GHS02 (Flamme) oder GHS03 (Flamme über einem Kreis) zu kennzeichnen sind.