Insolvenz
Ein Insolvenzverfahren kann gemäß § 11 InsO über das Vermögen von juristischen Personen (AG, GmbH, KGaA), Personengesellschaften (OHG, KG, GbR, GmbH & Co.KG) und natürlichen Personen eröffnet werden.
Aktuelle Gesetzesänderungen
Fristverlängerung für Insolvenzanträge und Steuererklärungen: Bundesrat stimmt zu
Der Bundesrat hat am 12. Februar 2021 einer weiteren Aussetzung der Insolvenzantragspflicht bis zum 30. April 2021 zugestimmt. Sie gilt für solche Unternehmen, die Leistungen aus den staatlichen Hilfsprogrammen zur Abmilderung der wirtschaftlichen Folgen der Covid-19-Pandemie erwarten können. Voraussetzung ist grundsätzlich, dass die Anträge im Zeitraum vom 1. November 2020 bis zum 28. Februar 2021 gestellt sind.
Gesetz zur weiteren Verkürzung des Regelinsolvenzverfahrens
Der Bundesrat hat am 18. Dezember 2020 das Gesetz zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens gebilligt, das am Tag zuvor vom Bundestag verabschiedet wurde.
Das Gesetz sieht eine Verkürzung der Restschuldbefreiung in Insolvenzverfahren von sechs auf drei Jahre vor. Die Restschuldbefreiung können Unternehmen und Verbraucher gleichermaßen erlangen. Damit auch diejenigen profitieren, die durch die Corona-Pandemie in finanzielle Schieflage geraten sind, gilt das Gesetz rückwirkend für alle ab dem 1. Oktober 2020 beantragten Insolvenzverfahren. Für Anträge, die zwischen dem 17. Dezember 2019 und dem 30. September 2020 gestellt wurden, gibt es eine Übergangsregelung. Das Gesetz ist Teil des Konjunktur- und Krisenbewältigungspakts, um die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie abzufedern. Es setzt zudem Vorgaben der EU-Richtlinie über die Restrukturierung und Insolvenz für den Bereich der Entschuldung um. Der Bundestag hat bei seinen Beratungen zudem einige Regelungen an den ursprünglichen Regierungsentwurf der Bundesregierung angefügt, die zwar in keinem unmittelbaren Zusammenhang zum Insolvenzrecht stehen, aber ebenfalls Bezug zur Corona-Pandemie haben. Das Gesetz differenziert in Art. 14 hinsichtlich des Zeitpunkts des Inkrafttretens: Die Artikel 1, 5 Nummer 2, Artikel 6 bis 10 und 13 treten (erst) am Tage nach der Verkündung in Kraft. Das betrifft auch die Vermutungsregelung für Gewerbemietverhältnisse im Zusammenhang mit dem Wegfall der Geschäftsgrundlage, wonach erhebliche (Nutzungs-) Beschränkungen in Folge der Pandemie als eine schwerwiegende Veränderung der Geschäftsgrundlage gelten können. Die Artikel 11 und 12 treten zwei Monate nach der Verkündung des Gesetzes in Kraft. Alle anderen Regelungen – und damit auch die eigentlichen Vorschriften zur Restschuldbefreiung – treten mit Wirkung vom 1. Oktober 2020 in Kraft.
Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht
Am 27. März 2020 ist das Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht in Kraft getreten. Ziel des Gesetzes war und ist es, die Fortführung von Unternehmen zu ermöglichen und zu erleichtern, die infolge der COVID-19-Pandemie insolvent geworden sind oder wirtschaftliche Schwierigkeiten haben. Den betroffenen Unternehmen und ihren organschaftlichen Vertretern soll Zeit gegeben werden, um die notwendigen Vorkehrungen zur Beseitigung der Insolvenzreife zu treffen, insbesondere um zu diesem Zwecke staatliche Hilfen in Anspruch zu nehmen oder Finanzierungs- oder Sanierungsarrangements mit Gläubigern und Kapitalgebern zu treffen.
Verbraucher- und Regelinsolvenzverfahren
Die Insolvenzordnung differenziert zwischen Verbraucher- und Regelinsolvenzverfahren. Zwischen beiden Verfahrensarten besteht keine Wahlmöglichkeit.
Alle zum Zeitpunkt der Antragstellung Selbstständigen, unabhängig vom Umfang ihrer Tätigkeit, unterfallen dem Regelinsolvenzverfahren.
Über das Vermögen von ehemals Selbstständigen sowie natürlichen Personen wird das Verbraucherinsolvenzverfahren eröffnet, sofern ihre Vermögensverhältnisse überschaubar sind und keine Forderungen aus Arbeitsverhältnissen bestehen. Die Überschaubarkeit ist gegeben, wenn der Schuldner zum Zeitpunkt der Eröffnung weniger als 20 Gläubiger, also maximal 19 Gläubiger hat. Zu Forderungen aus Arbeitsverhältnissen zählen insbesondere die Forderungen der Sozialversicherungsträger (z. B. Krankenkassenbeiträge für Angestellte, Knappschaftsbeiträge, Lohnforderungen von Angestellten) und Finanzämter (Lohnsteuer) sowie Berufsgenossenschaften.
Insolvenzantrag
Geschäftsführer von haftungsbeschränkten Unternehmen wie GmbH, GmbH+Co.KG und UG müssen schnell handeln, wenn das Unternehmen in die Krise gerät.
- Sie haben die gesetzliche Pflicht bei eingetretener Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung einen Insolvenzantrag zu stellen.
- Ein solcher Antrag ist spätestens drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung zu stellen.
- Ansonsten drohen strafrechtliche Konsequenzen und die persönliche Haftung.
Das Insolvenzverfahren wird nur auf Antrag eröffnet. Dieser Antrag ist bei dem zuständigen Amtsgericht einzureichen. Die örtliche Zuständigkeit richtet sich nach dem allgemeinen Gerichtsstand des Schuldners. Liegt der Mittelpunkt der selbstständigen Tätigkeit in einem anderen Ort, ist ausschließlich das Insolvenzgericht zuständig, in dessen Bezirk dieser Ort liegt.
Die Anforderungen an einen Antrag des Schuldners sind deutlich erhöht worden. So hat der Schuldner seinem Insolvenzantrag ein Verzeichnis der Gläubiger und ihrer Forderungen beizufügen. Weitere Anforderungen ergeben sich aus § 13 Abs. 1 InsO.
Der Antrag eines Gläubigers bedarf eines rechtlichen Interesses. Der Gläubiger muss glaubhaft machen, dass seine Forderung gegenüber dem Schuldner besteht. Hierfür können grundsätzlich alle Beweismittel, auch eine eidesstattliche Versicherung als allerdings schwächstes Mittel, herangezogen werden. Ist die Forderung des Gläubigers die einzige, die den Insolvenzgrund herbeiführen würde, und wird sie vom Schuldner bestritten, genügt eine bloße Glaubhaftmachung nicht. In diesem Fall ist für den Beleg der Forderung ein rechtskräftiger Vollstreckungstitel erforderlich.
Kosten des Verfahrens
Das Insolvenzgericht eröffnet das Insolvenzverfahren nur dann, wenn das Vermögen des Schuldners voraussichtlich ausreichen wird, um die Verfahrenskosten (Gerichtskosten, Auslagen, Kosten des Insolvenzverwalters) zu decken. Ist der Schuldner eine natürliche Person, mittellos und beabsichtigt Restschuldbefreiung zu erlangen, können ihm die Verfahrenskosten gestundet werden. Ansonsten wird der Eröffnungsantrag mangels Masse abgewiesen.
Stellt der Gläubiger den Insolvenzantrag, ist er Gebührenschuldner für das Verfahren über den Eröffnungsantrag. Wird der Antrag abgewiesen oder zurückgenommen schuldet er auch die im Verfahren entstandenen Auslagen.
Stellt der Gläubiger den Insolvenzantrag, ist er Gebührenschuldner für das Verfahren über den Eröffnungsantrag. Wird der Antrag abgewiesen oder zurückgenommen schuldet er auch die im Verfahren entstandenen Auslagen.
Antragsrücknahme/-erledigung
Erfüllt die Schuldnerin oder der Schuldner im Verlauf des Eröffnungsverfahrens die dem Gläubigerantrag zugrunde gelegte Forderung, so entfällt das rechtliche Interesse an der Antragsberechtigung (§ 14 InsO). Der Eröffnungsantrag kann dann entweder zurückgenommen oder - unter genauer Angabe von Grund und Zeitpunkt der Erledigung - in der Hauptsache für erledigt erklärt werden. Wird der Antrag zurückgenommen, trägit die antragstellende Partei die Kosten des Verfahrens (§ 269 Abs. 3 ZPO, § 4 InsO). Wird das Verfahren in der Hauptsache für erledigt erklärt, entscheidet das Gericht über die Kosten nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes (§ 91 a ZPO, § 4 InsO). Bei der Entscheidung nach billigem Ermessen trägt in der Regel derjenige die Kosten, der im Hauptsacheverfahren unterlegen wäre.
Insolvenzeröffnung
Nach Antragstellung prüft das Gericht zunächst die Eröffnungsvoraussetzungen. Dazu kann es einen Gutachter hinzuziehen, der das Vorliegen der Insolvenzeröffnungsgründe prüft und ob eine die Kosten des Verfahrens deckende Vermögensmasse vorhanden ist. Der Sachverständige wird oftmals zugleich zum vorläufigen Insolvenzverwalter ernannt. Die Feststellung des Eröffnungsgrundes und der Deckung der Verfahrenskosten kann eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen. Das Insolvenzgericht kann daher alle Maßnahmen treffen, die erforderlich erscheinen, um eine nachteilige Veränderung der Vermögenslage des Schuldners zu vermeiden. Das sind außer der Einsetzung eines vorläufigen Insolvenzverwalters folgende vorläufige Maßnahmen:
- die Untersagung von Zwangsvollstreckungen in das Schuldnervermögen,
- die Anordnung einer vorläufigen Postsperre. Das Insolvenzgericht ordnet an, dass bestimmte oder alle Postsendungen für den Schuldner dem (vorläufigen) Verwalter zuzuleiten sind.
- die Anordnung eines allgemeinen Verfügungsverbots des Schuldners über sein Vermögen. Hierbei verliert der Schuldner das Recht, über sein der Insolvenzmasse zugehöriges Vermögen zu verfügen, das heißt es zu übertragen oder zu belasten.
- die Einsetzung eines vorläufigen Gläubigerausschusses. Dadurch werden die Mitwirkungsrechte der Gläubiger im Insolvenzverfahren erweitert (§ 22a InsO).
Die Anordnung von Maßnahmen muss öffentlich bekannt gemacht werden.
Der vorläufige Insolvenzverwalter hat nicht nur das Vermögen des Schuldners zu sichern und zu erhalten, sondern das Schuldnerunternehmen auch bis zur Entscheidung über die Verfahrenseröffnung fortzuführen, soweit nicht das Insolvenzgericht einer Stilllegung zustimmt. Wird kein allgemeines Verfügungsverbot erlassen, beaufsichtigt der vorläufige Insolvenzverwalter den weiterhin verfügungsbefugten Schuldner.
Liegen die Voraussetzungen vor, beschließt das Gericht die Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Der Beschluss wir öffentlich bekannt gemacht und den dem Gericht bekannten Gläubigern zugestellt. Mit diesem Beschluss werden die Gläubiger aufgefordert, ihre Forderungen zum Insolvenzverfahren anzumelden.
Ende des Insolvenzverfahrens
Nach Abschluss des Insolvenzverfahrens können grundsätzlich noch alle offenen Forderungen gegen den Schuldner geltend gemacht werden. Die Anmeldung einer Forderung zur Insolvenztabelle steht dem gerichtlichen Mahnverfahren insoweit gleich, als damit eine Vollstreckung hinsichtlich des noch nicht befriedigten Teils erwirkt werden kann. Für nicht angemeldete Forderungen muss allerdings ein vollstreckbarer Titel erwirkt werden. Es ist jedoch zu beachten, dass eine juristische Person (zum Beispiel GmbH) grundsätzlich mit
Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder bei Abweisung mangels Masse aufgelöst wird. Offene Forderungen gegen solche Schuldner können also nach Abschluss des Insolvenzverfahrens mangels Existenz eines Schuldners nicht mehr durchgeführt werden. Nur in Ausnahmefällen können juristische Personen auch nach Abschluss eines Insolvenzverfahrens weiter bestehen und noch Adressaten von Forderungen sein.
Restschuldbefreiung
Das unbeschränkte Nachforderungsrecht der Gläubiger hat häufig zur Folge, dass der Schuldner nicht in der Lage ist, sich wieder eine dauerhaft gesicherte wirtschaftliche Existenz zu schaffen. Der Gesetzgeber hat deshalb für den "redlichen Schuldner" die Möglichkeit der Restschuldbefreiung vorgesehen.
Sie ist nur bei natürlichen Personen möglich (§ 286 InsO).
Wohlverhaltensperiode
Die Wohlverhaltensperiode beginnt mit dem Ende des Insolvenzverfahrens.
- drei Jahre ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens, wenn der Schuldner die Kosten des Verfahrens berichtigt und 35 Prozent seiner Schulden beglichen hat (§ 300 Abs.1 Nr.2 InsO),
- fünf Jahre ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens, wenn zumindest die Verfahrenskosten beglichen wurden (§ 300 Abs.1 Nr.3 InsO).
Ansonsten bleibt es bei der derzeitigen Dauer der Restschuldbefreiung von sechs Jahren.
Während der Wohlverhaltensperiode ist der Schuldner verpflichtet:
- den pfändbaren Teil seines Arbeitseinkommens an den vom Gericht bestellten Treuhänder abzuführen;
- eine angemessene Erwerbstätigkeit auszuüben, oder, wenn er beschäftigungslos ist, sich intensiv um eine solche zu bemühen und jede zumutbare Beschäftigung anzunehmen;
- dem Treuhänder jeden Wohnort- und Arbeitsplatzwechsel mitzuteilen,
- Auskünfte über seine Einkünfte und Erbschaften zu geben,
- Zahlungen zur Befriedigung der Insolvenzgläubiger nur an den Treuhänder zu leisten.
Wird gegen diese Pflichten verstoßen, kann das Gericht bereits während der Dauer der Wohlverhaltensperiode die Restschuldbefreiung versagen.