Pauschalreiserichtlinie - DMOs

Rechtliche Grundlagen:

• EU-Pauschalreise-Richtlinie 2015/2302
• BGB §§ 651 a ff.
• Einführungsgesetz zum BGB
Das neue Reiserecht ist seit dem 1. Juli 2018 anzuwenden. Grundlage dafür ist die überarbeitete EU-Pauschalreiserichtlinie. Diese berücksichtigt Online-Angebote und stärkt den Verbraucherschutz. Zudem soll in allen EU-Mitgliedstaaten das gleiche Recht gelten („Vollharmonisierung“). Durch die Umsetzung der Richtlinie wird das deutsche Reiserecht geändert. Neu sind vor allem Regelungen zur Reisevermittlung und die Vermittlung „verbundener Reiseleistungen“. Weiterhin werden die reiserechtlichen Informationspflichten erweitert, die nun auch stärker den reinen Vermittler treffen. Es gibt eine Vielzahl von Formblättern, die bei der Buchung einer Pauschalreise oder bei der Vermittlung von verbundenen Reiseleistungen an den Kunden übergeben werden müssen.

Wer ist betroffen?

Destinationsmanagementorganisationen (DMO) sind häufig in einer Doppelrolle als Veranstalter und Vermittler
DMOs müssen genau unterscheiden, welche Art von Verkaufs- und/oder Vermittlungstätigkeit sie ausüben.
Als öffentlich-rechtliche Organisationseinheit ist die DMO entweder in die kommunale/städtische Verwaltung integriert (Regiebetrieb) oder als Eigenbetrieb (hier in der Regel als Verein e.V. oder GmbH) ausgelagert. Den DMOs kommt dabei eine multiple Stellung zu. Häufig werden Reisepauschalen im eigenen Namen zusammen mit den regionalen Leistungsträgern entwickelt und verkauft, DMOs vermitteln aber auch Pauschalreisen ihrer regionalen Veranstalter und Hotels. Schließlich spielt der Verkauf oder aber die Vermittlung von Einzelleistungen (z.B. die Stadtführung) bzw. die Vermittlung von mehreren Leistungen eine zentrale Rolle in der täglichen Arbeitspraxis.
Da die neuen Regelungen die Anbieter von Pauschalreisen, die Reisevermittler sowie die Vermittler von touristischen Einzelbausteinen als verbundene Reiseleistung (z.B. Flug, Hotel etc.) betreffen, müssen sich DMOs mit sämtlichen neuen Pflichten und Rechtsbegriffen auseinandersetzen.

Vermittler verbundener Reiseleistungen, § 651 w Abs. 1 BGB

Bislang wurde im Reisevertrieb nur zwischen der Vermittlung einer Pauschalreise und der Vermittlung von einzelnen Reiseleistungen unterschieden. Neu ist hier die Kategorie der verbundenen Reiseleistungen. Dieser Typ von Reise ist keine Pauschalreise und gewährt dem Reisenden nur einen „Basisschutz“ durch Informationspflichten und einen Insolvenzschutz, wenn der Reisevermittler Zahlungen selbst entgegennimmt. Verbundene Reiseleistungen entstehen, wenn für den Zweck derselben Reise dem Reisenden anlässlich eines einzigen Kontakts mit der Vermittlungsstelle zwei verschiedene Arten von Reiseleistungen vermittelt werden. Wichtig dabei ist, dass der Vermittler nachweisen kann, dass der Reisende die Leistungen getrennt ausgewählt und sich zur Zahlung verpflichtet hat. Deshalb sollte für jede einzelne vermittelte Leistung eine separate Bestätigung und Rechnung erstellt werden. Der Bezahlvorgang kann nach deutschem Recht aber einheitlich erfolgen, d.h. der Kunde muss nur einen Gesamtbetrag überweisen oder nur einmal eine EC-Zahlung autorisieren.
Tagesreisen im Wert von unter 500 Euro gelten nicht mehr als Pauschalreise.
Schließlich ist der Begriff der Pauschalreise neu gefasst. Dazu finden Sie weitere Erläuterungen im „IHK-Merkblatt Pauschalreiserichtlinie - Veranstalter“. Für Tagesangebote und -programme, die häufig durch oder über DMOs angeboten und vermittelt werden ist wichtig, dass Anbieter von Tagesreisen (weniger als 24 h / keine Übernachtung) nicht mehr unter das Reiserecht fallen, außer der Reisepreis pro Person ist höher als 500 Euro.
Ebenfalls neu sind die Vorschriften zu verbundenen Online-Buchungsverfahren („Click-through-Regelung“). Weitere Erläuterungen dazu finden Sie im „IHK-Infoblatt Pauschalreiserichtlinie – Vermittler“.
Beispiele
DMO als Reiseveranstalter
Eigenständige touristische Leistungen sind z.B. Eintrittskarten für Konzerte, Sportveranstaltungen, Ausflüge oder Themenparks, Führungen, Skipässe, die Vermietung von Sportausrüstungen (etwa Skiausrüstungen) oder Wellnessbehandlungen:
Die DMO wird selbst zum Reiseveranstalter, wenn sie fertige Reisepakete im eigenen Namen an den Kunden verkauft oder eine Leistung, z. B. die Übernachtung mit einem weiteren eigenständigen Leistungsbestandteil kombiniert und als Paket anbietet. Für dieses Produkt gilt dann das Pauschalreiserecht. „Wunschgemäß bieten wir Ihnen die Übernachtung im Einzel- oder Doppelzimmer pro Person und den Besuch der Veranstaltung…zum Preis von xx Euro an.“
DMO als Vermittler verbundener Reiseleistungen
Im Zusammenhang eines einzigen Kontakts mit der Buchungsstelle (persönlich, telefonisch oder per E-Mail) fragt der Kunde die Vermittlung von zwei Leistungen für den Zweck derselben Reise an (z.B. die Hotelreservierung und eine Stadtführung vor Ort). Die DMO bestätigt beide Leistungen gesondert: „Wunschgemäß bestätigen wir Ihnen die vermittelte Übernachtung im Hotel (genaue Bezeichnung und Anschrift) zum Preis von….xx Euro.“
Dann folgt als gesondertes Schreiben:
„Wunschgemäß bestätigen wir Ihnen die Vermittlung der Stadtführung. Ihr Vertragspartner wird sein… (genaue Bezeichnung und Anschrift) zum Preis von xx EUR.“
Die DMO ist damit zum Vermittler „verbundener Reiseleistungen“ geworden. Wenn der Vermittler die zweite Leistung, wie etwa die Stadtführung oder die Konzertkarten anlässlich eines späteren, weiteren Kontaktes mit dem Kunden vermittelt, so entsteht weder eine Pauschalreise noch eine verbundene Reiseleistung, sondern es handelt sich um die Vermittlung von zwei Einzelleistungen.
Sicherungsschein und eigene Insolvenzabsicherung des Vermittlers verbundener Reiseleistungen bei Inkasso: § 651 w Abs. 3 BGB
Bei der Vermittlung verbundener Reiseleistungen wirdeine eigene Insolvenzversicherung notwendig wird, wenn für die vermittelten Leistungen Zahlungen vom Kunden entgegengenommen werden. Möchte der Vermittler verbundener Reiseleistungen keinen eigenen Insolvenzschutz anbieten, dürfen die Leistungen nur im Direktinkasso bezahlt werden, also vom Kunden direkt an den Leistungsträger. Außerdem sind bei der Vermittlung verbundener Reiseleistungen als auch bei der Vermittlung von Pauschalreisen die richtigen Informationsblätter zu übergeben, die ihn über seine Rechte als Verbraucher aufklären.

In der Praxis

Schritte zur Umsetzung
DMOs müssen sich entscheiden, wie sie sich künftig strategisch ausrichten:
  • Pauschalreiseanbieter
  • Vermittler verbundener Reiseleistungen
  • Vermittler von Pauschalreisen
  • Vermittler von Einzelleistungen
Ja oder nein?
Überprüfung von Angebots-Beschreibungen: On- und offline!
Buchungsprozesse prüfen und überarbeiten!
Die notwendigen Formblätter finden Sie im Anhang des Gesetzestextes: https://goo.gl/UXLNb7
  • Sind Sie mit Ihren Angeboten oder Teilen Ihrer Angebote selbst als Pauschalreiseveranstalter oder Vermittler verbundener Reiseleistungen einzustufen oder gelten Sie als reiner Vermittler von Pauschalreisen und Einzelleistungen?
  • Möchten Sie sich selbst nicht in die Veranstalterrolle begeben, achten Sie darauf, dass Sie weder online noch stationär einen „Warenkorb“ anbieten.
  • Wenn Sie selbst Reiseveranstalter sind, prüfen Sie: Wird die Beschreibung der betroffenen Angebote den erweiterten Informationspflichten nach Art. 250 EGBGB gerecht (siehe hierzu umfassend Infoblatt Pauschalreiserichtlinie - Reiseveranstalter)? Wenn nötig: Überarbeiten Sie Ihre Angebotsbeschreibung in sämtlichen Medien (Printmedien, Homepage, Portale etc.) rechtzeitig, da diese ab dem 01.07.2018 den neuen Informationspflichten entsprechen müssen.
  • Überprüfen Sie auch die Angaben in den Gastgeberverzeichnissen. Sollten dort Reisepauschalen beworben werden, müssen auch hier die erweiterten Informationspflichten berücksichtigt werden.
  • Prüfen Sie: Sind die Allgemeinen Geschäftsbedingungen ausreichend und entsprechen dem aktuellen Recht? Das Gleiche gilt für den Inhalt der Buchungsbestätigung.
  • Prüfen Sie, ob die Vermittlungsverträge mit Ihren Leistungsträgern einer Überarbeitung bedürfen. Insbesondere sollte künftig noch genauer geklärt werden, wer für die Produktbeschreibung zuständig ist und wie die Einbeziehung der Formblätter erfolgen wird. Stellen Sie als Vermittler verbundener Reiseleistungen immer getrennte Bestätigungen und Rechnungen aus. Der Bezahlvorgang kann einheitlich erfolgen. Überprüfen Sie den Buchungsprozess am Counter, am Telefon, auf Ihrer Homepage, also überall dort, wo Verträge abgeschlossen werden. Trennen Sie die Buchungsschritte so, dass dem Gast unmissverständlich klar ist, dass er mehrere Verträge mit verschiedenen Leistungsträgern abschließt.
  • Bei der Vermittlung verbundener Reiseleistungen sind die Informationspflichten nach § 651w Absatz 2 BGB, Artikel 251 EGBGB zu beachten. Informieren Sie sich, welche Formblätter Sie bei der Vermittlung von verbunden Reiseleistungen dem Vertragsschluss zu Grunde legen müssen, und bereiten Sie diese Formblätter rechtzeitig zum 01.07.2018 vor.
  • Schließen Sie eine Insolvenzversicherung ab, falls Sie als Vermittler verbundener Reiseleistungen Zahlungen für die vermittelten Leistungsträger entgegennehmen und nicht als Körperschaft des öffentlichen Rechts zählen.
  • Klären Sie bei der Vermittlung von Pauschalreisen welche Reiseveranstalter Ihnen das Formblatt Anlage 11 zu Artikel 250 § 2 Absatz 1 EGBGB übergeben oder ob Sie dieses selbst erstellen bzw. klären Sie mit den Anbietern des Buchungsystems, wie die Formblätter integriert werden und woher Sie die nötigen Informationen für die Erstellung des Formblatts (Name, Sitz Veranstalter, Name des jeweiligen Insolvenzversicherers) beziehen.
  • Prüfen Sie auch, ob die Beschreibung der vermittelten Pauschalangebote den erweiterten Informationspflichten nach Art. 250 EGBGB gerecht werden. Dokumentieren Sie die Buchungsverläufe. Sie haben später die Nachweispflicht, dass Sie sowohl die AGB als auch die entsprechenden Formblätter dem Vertragsschluss wirksam zu Grunde gelegt haben.

Zusammenfassung

Nehmen Sie die regionalen Leistungsträger rechtzeitig mit ins Boot.
Und nicht vergessen: Schulen Sie Ihre Mitarbeiter!
Für Destinationsmanagementorganisationen ist künftig ganz besonders eine klare strategische Abgrenzung der eigenen Tätigkeit, ob als Veranstalter oder Vermittler und eine korrekte Arbeitsweise wichtig. Zur Erfüllung der neuen Vorgaben ist eine umfangreiche Einarbeitung in die komplexe Materie und die Schulung der eigenen Mitarbeiter notwendig. Die regionalen Unternehmen, insbesondere die Gastgeber sollten rechtzeitig in die Beratungsprozesse eingebunden werden, da dort eine hohe Verunsicherung besteht, insbesondere zur Frage der Vermarktung von Hotelpauschalen. Die Einführung des neuen Reiserechts ab 01.07.2018 ist insofern gleichzeitig auch eine Chance bestehende Kooperationen auf den Prüfstand zu stellen oder neu einzugehen.
Rechtliche Grundlagen:
Drittes Gesetz zur Änderung reiserechtlicher Vorschriften vom 17. Juli 2017
Richtlinie (EU) 2015/2302 über Pauschalreisen und verbundene Reiseleistungen zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 und der Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 90/314/EWG des Rates (ABl L 326 vom 11.12.2015, S. 1)
Dieses Merkblatt soll - als Service Ihrer IHK- nur erste Hinweise geben und erhebt daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Obwohl es mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurde, kann eine Haftung für die inhaltliche Richtigkeit nicht übernommen werden.