Kostenvoranschlag
Ein Kostenvoranschlag ist eine fachmännische Berechnung von voraussichtlichen Kosten durch einen Unternehmer, der einen Vertrag anbahnen möchte.
1. Unterschied zum Angebot
Der Kostenvoranschlag ist hinsichtlich seiner Bindungswirkung von einem Angebot zu unterscheiden.
Bei einem Angebot, das der Kunde annimmt, ist der genannte Preis für die beschriebene Leistung verbindlich vereinbart. Es ist dem Unternehmer nicht möglich, hiervon später abzuweichen oder den Leistungsumfang zur Kostendeckung zu reduzieren.
Bei einem Kostenvoranschlag kann der Unternehmer die veranschlagte Summe überschreiten. Etwas Anderes gilt grundsätzlich nur dann, wenn er die Preisansätze ausnahmsweise garantiert hat. Eine Überschreitung des Kostenvoranschlags löst die nachstehenden Rechtsfolgen aus.
2. Definition: Unwesentliche und wesentliche Überschreitung
Wird ein Kostenvoranschlag überschritten, ist danach zu differenzieren, ob es sich um eine wesentliche oder um eine unwesentliche Überschreitung der veranschlagten Gesamtsumme handelt. Abweichungen, die sich nur auf einzelne Positionen beziehen, wirken sich nicht aus. Auch eine Erweiterung des Leistungsumfangs auf Wunsch des Bestellers oder eine Kostenerhöhung wegen behördlicher Auflagen sind unerheblich für die Beurteilung, ob eine wesentliche Überschreitung vorliegt.
Ob eine Überschreitung der veranschlagten Gesamtsumme wesentlich ist, muss im Einzelfall festgestellt werden. Eine allgemein gültige Prozentzahl gibt es nicht. Als Orientierung für eine nur unwesentliche Überschreitung nennen die Kommentierungen Abweichungen von 10 bis 20 %, in besonderen Ausnahmefällen 25 %.
3. Ansprüche bei unwesentlicher Überschreitung
Eine unwesentliche Überschreitung des Kostenvoranschlags muss in der Regel vom Kunden akzeptiert werden.
4. Unternehmerpflichten bei wesentlicher Überschreitung
Eine wesentliche Überschreitung des Kostenvoranschlags löst für den Unternehmer zwei wichtige Pflichten aus:
- Der Unternehmer muss dem Kunden unverzüglich mitteilen, dass eine Überschreitung der veranschlagten Gesamtsumme zu erwarten ist.
- Der Unternehmer muss dem Kunden möglicherweise den entstandenen Schaden ersetzen, wenn er den Kostenanschlag schuldhaft zu niedrig erstellt hat, er seine Pflicht zur rechtzeitigen Mitteilung einer zu erwartenden Kostenüberschreitung verletzt hat oder die Mehrkosten vermeidbar gewesen wären.
5. Zahlungsanspruch bei wesentlicher Überschreitung
Eine wesentliche Überschreitung des Kostenvoranschlags kann sich auf den Zahlungsan-spruch des Unternehmers auswirken, da dem Kunden in diesem Fall ein außerordentliches Kündigungsrecht zusteht (§ 649 BGB). Der Umfang des Zahlungsanspruchs bestimmt sich danach, ob der Kunde das Kündigungsrecht geltend macht
Wenn der Kunde ...
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dann ...
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sein Kündigungsrecht ausübt,
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kann der Unternehmer nur den Teil der Vergütung verlangen, der den bereits geleisteten Arbeiten entspricht. Hinzu kommen die nicht in der Vergütung enthaltenen Auslagen.
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sein Kündigungsrecht nicht ausübt,
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kann der Unternehmer die tatsächlich anfallende Vergütung verlangen.
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6. Vergütung des Kostenvoranschlags
Häufig streiten Kunde und Unternehmer darüber, ob ein Kostenvoranschlag zu vergüten ist. Wenn der Wille der Parteien nicht durch Auslegung ermittelt werden kann, besteht im Zweifel keine Vergütungspflicht (§ 632 Abs. 3 BGB).
- Grundsatz:
Das Gesetz geht davon aus, dass es dem Unternehmer freisteht, eine Vergütungs-absprache herbeizuführen oder keinen Kostenvoranschlag bzw. kein Angebot abzugeben. Er kann deshalb ein Entgelt in der Regel nur verlangen, wenn zwischen den Parteien eine entsprechende ausdrückliche Vereinbarung getroffen wurde. Dies gilt auch für Ausarbeitungen, die einen besonderen Aufwand erfordern. Vorarbeiten wie Pläne, Zeichnungen oder Berechnungen sind im Regelfall nicht zu bezahlen. - Ausnahme:
Liegt in der Entwicklung eines Entwurfs bereits die eigentliche, kreative Leistung, kann man zumeist davon ausgehen, dass die Parteien eine Angebotserstellung gegen Vergütung gewollt haben (Beispiel: Herstellung eines Lay-Outs), auch wenn sie dies nicht ausdrücklich vereinbart haben. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Besteller die Leistung tatsächlich verwertet. - Regelung in AGB:
Legt der Unternehmer in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen fest, dass stets eine Vergütungspflicht für Kostenvoranschläge besteht, sofern nicht ausdrücklich etwas anderes vereinbart wird, so ist diese Klausel nach der Rechtsprechung unwirksam (OLG Köln, Beschl. v. 27.06.2011 – 19 U 45/11). Nach einer Auffassung in der Literatur soll eine Regelung in AGB zumindest bei Branchenüblichkeit zulässig sein.
7. Links
Die zitierten Vorschriften des BGB können zum Beispiel auf der Homepage des Bundesministeriums der Justiz eingesehen werden
Dieses Merkblatt soll - als Service Ihrer IHK - nur erste Hinweise geben und erhebt daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Obwohl es mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurde, kann eine Haftung für die inhaltliche Richtigkeit nicht übernommen werden.