Handelsrichter - Ehrenamtlich und nur dem Gesetz unterworfen

Stellung des Handelsrichters

Das Handelsrichteramt ist ein klassisches Ehrenamt. Der Handelsrichter ist ein wichtiges Organ der Rechtspflege. Die Mitwirkung von Handelsrichtern bei den Kammern für Handelssachen beruht in erheblichem Maße auf eigenen Wunsch. Es wird als Privileg angesehen, an dieser eigenen Gerichtsbarkeit für Kaufleute mitwirken zu können und diese somit aufrecht zu erhalten. Die richterliche Tätigkeit übt der Handelsrichter in einer schwarzen Richterrobe aus. Wie der Berufsrichter ist er unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen.
Dem Handelsrichter werden gemäß § 107 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) Tage- und Übernachtungsgelder nach den für Richter am Landgericht geltenden Vorschriften sowie Fahrkosten in entsprechender Anwendung des § 5 des Justizvergütungs- und -entschädigungs- gesetzes ersetzt.

Voraussetzungen für die Berufung zum Handelsrichter

Zu Handelsrichtern können Unternehmer, selbständige Kaufleute oder Leiter von Unternehmen ernannt werden, welche die nötige wirtschaftliche Erfahrung und Qualifikation mitbringen.
Die Voraussetzungen für die Ernennung sind im Einzelnen in § 109 GVG geregelt:
Die Kandidaten müssen folgende Voraussetzungen erfüllen:
  • Deutsche Staatsangehörigkeit
  • Vollendung des 30. Lebensjahres
  • als Kaufmann, Vorstandsmitglied oder Geschäftsführer einer juristischen Person oder als Prokurist in das Handelsregister oder das Genossenschaftsregister eingetragen bzw. eingetragen gewesen sein oder als Vorstandsmitglied einer juristischen Person des öffentlichen Rechts aufgrund einer gesetzlichen Sonderregelung für diese juristische Person nicht eingetragen sein.
Daneben sollen die Bewerber:
  • ihren Wohnort im Bezirk der Kammer für Handelssachen oder
  • ihre Handelsniederlassung in diesem Bezirk haben oder
  • Angehöriger eines Unternehmens sein, das in diesem Bezirk seinen Sitz oder seine Niederlassung hat.
Darüber hinaus soll nur ernannt werden:
  • ein Prokurist, wenn er im Unternehmen eine der eigenverantwortlichen Tätigkeiten des Unternehmers vergleichbare selbständige Stellung einnimmt
  • ein Vorstandsmitglied einer Genossenschaft, wenn es hauptberuflich in einer Genossenschaft tätig ist, die in ähnlicher Weise wie eine Handelsgesellschaft am Handelsverkehr teilnimmt.
Zum Handelsrichter kann nicht ernannt werden (§§ 109 Absatz 3, 32 GVG):
  • wem infolge Richterspruch die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter aberkannt wurde oder wer wegen einer vorsätzlichen Tat zu einer Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten verurteilt wurde,
  • gegen wen ein Ermittlungsverfahren wegen einer Tat schwebt, die den Verlust der Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter zur Folge haben kann.
Zum Handelsrichter sollen nicht ernannt werden (§§ 109 Absatz 3, 33 Nr. 4,6 GVG):
  • Personen, die aus gesundheitlichen Gründen für das Amt nicht geeignet sind
  • Personen, die in Vermögensverfall geraten sind

Berufung und Abberufung der Handelsrichter

Handelsrichter werden auf gutachterlichen Vorschlag der Industrie- und Handelskammern für 5 Jahre ernannt (§ 108 GVG). Die Ernennung selbst erfolgt durch das Justizministerium des jeweils zuständigen Landes. Eine wiederholte Berufung ist zulässig und wird gern vorgenommen, da die Erfahrungen der Handelsrichter mit der Dauer ihres Amtes naturgemäß wachsen.
Seines Amtes enthoben werden kann ein Handelsrichter nur auf Beschluss eines Zivilsenats des Oberlandesgerichts, wenn er eine der für seine Ernennung erforderlichen Eigenschaften verliert oder wenn Umstände eintreten oder nachträglich bekannt werden, die einer Ernennung entgegen- stehen oder wenn er seine Amtspflichten gröblich verletzt hat (§ 113 GVG).
Auf eigenen Wunsch kann der Handelsrichter durch den Präsidenten des jeweiligen Landgerichts entlassen werden.

Rechte und Pflichten

Die Bezeichnung „Kammer“ für eine einzelne Landgerichtsabteilung bringt zum Ausdruck, dass es sich um ein mehrköpfiges, sog. Kollegialgericht handelt. Die Kammern für Handelssachen entscheiden, abgesehen von Ausnahmen, in der Besetzung mit einem Berufsrichter als Vorsitzendem („Vorsitzender Richter“) und zwei Handelsrichtern als ehrenamtlich tätigen Richtern.
Handelsrichter haben die gleichen Rechte und Pflichten wie die Berufsrichter, haben also gleiches Stimmrecht, so dass die Handelsrichter gegebenenfalls den Berufsrichter überstimmen können.
Zudem sind die Handelsrichter wie Berufsrichter unabhängig und an das Beratungsgeheimnis gebunden. Handelsrichter sind zu absoluter Neutralität verpflichtet (keine Interessenvertreter!).
Zu Beginn der Amtszeit erfolgt eine Vereidigung.

Kammer für Handelssachen

Nach dem § 93 GVG können bei den Landgerichten bei Bedarf Kammern für Handelssachen eingerichtet werden. Es handelt sich bei ihnen um spezielle Spruchkörper der Landgerichte. Mittlerweile haben alle Landgerichte zumindest eine Kammer für Handelssachen eingerichtet. In Handelssachen tritt diese an die Stelle der Zivilkammer.
Handelssachen sind nach § 95 GVG im Einzelnen aufgeführte bürgerliche Streitigkeiten, in denen durch eine Klage ein Anspruch geltend gemacht wird unter anderem:
  • gegen einen Kaufmann im Sinne des Handelsgesetzbuches, aus Geschäften, die für beide Teile Handelsgeschäfte sind
  • aus einem Wechsel bzw. aus kaufmännischen Orderpapieren
  • aufgrund des Scheckgesetzes
  • aus Gesellschaftsverträgen über die Errichtung einer OHG, einer KG, einer GmbH, einer AG oder einer Kommanditgesellschaft auf Aktien zwischen den Gesellschaftern oder zwischen der Gesellschaft und den Gesellschaftern
  • aus Verträgen, welche das Recht zum Gebrauch einer Handelsfirma betreffen
  • aus Rechtsverhältnissen, die sich aus dem Schutz einer Marke oder von Gebrauchsmustern oder Geschmacksmustern ergeben
  • aus Verträgen, die sich aus dem Erwerb eines Unternehmens (Handelsgeschäft) ergeben
  • aus Rechtsverhältnissen des Seerechts
  • aufgrund des Gesetzes des unlauteren Wettbewerbs.
Die sachliche Zuständigkeit ist gemäß der Stellung der Landgerichte dann gegeben, wenn bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten ein hoher Streitwert (zurzeit 5.000,00 Euro übersteigend) vorliegt. Fälle mit geringerem Streitwert werden an den Amtsgerichten bearbeitet. Gehen diese in Berufung, entscheidet möglicherweise eine Kammer für Handelssachen als Berufungsgericht in zweiter Instanz.
Der juristische Sachverstand des Berufsrichters und der kaufmännische Sachverstand der beiden Handelsrichter lässt eine in wirtschaftsrechtlichen Streitfällen praxisnahe und sachgemäße, allgemeine kaufmännische Geschäftsgepflogenheiten richtig würdigende Urteilsfindung zu.

Bundesverband der Richter in Handelssachen e. V.

Es gibt einen Bundesverband der Richter in Handelssachen e. V., in dem sich Handelsrichter sowie Verbände mit standespolitischer oder wirtschaftspolitischer Zielsetzung zusammengeschlossen haben. Der Verband hat seinen Sitz in Karlsruhe und seine Geschäftsstelle in
Hans- Geiger- Straße 3 67434 Neustadt/W Tel.: 06321/8991988 Fax: 06321/8991989
ws@handelsrichter.de www.handelsrichter.de
Der Zweck des Vereins ist die Förderung der Stellung der in Handelssachen ehrenamtlich tätigen Richter gegenüber Staat und Wirtschaft. Ziele sind insbesondere:
  • die Verbesserung der Qualifikation und die Weiterbildung ehrenamtlicher Richter
  • der Erfahrungsaustausch und die Zusammenarbeit mit internationalen Verbänden
  • die Unterstützung aller Maßnahmen zur Harmonisierung des Europäischen Wirtschaftsrechts
  • die Abgabe von Stellungnahmen zu Gesetzgebungsvorhaben
  • die Kooperation zu den Körperschaften des öffentlichen Rechts, insbesondere zu den Industrie- und Handelskammern.
Der Verein ist gemeinnützig.
Dieses Merkblatt soll - als Service Ihrer IHK - nur erste Hinweise geben und erhebt daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Obwohl es mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurde, kann eine Haftung für die inhaltliche Richtigkeit nicht übernommen werden.