Kabinettsbeschluss zum Bundestariftreuegesetz
Am 06.08.2025 ist außerdem auch der Regierungsentwurf des Bundestariftreuegesetzes vom Kabinett beschlossen worden. Wie beim Vergabebeschleunigungsgesetz war der vorangegangene Referentenentwurf erst am 22.07.2025 in die Verbändekonsultation gegangen, allerdings mit einer noch kürzeren Frist von nur drei Tagen. Beide Gesetze gehen nun ins parlamentarische Verfahren und werden zunächst dem Bundesrat und dann dem Bundestag zugeleitet, die sich zeitnah - wohl bereits im September - damit befassen werden. Beide Gesetze sind zustimmungspflichtig im Bundesrat.
Ziel des Bundestariftreuegesetzes, das ebenfalls im Wesentlichen ein nicht abgeschlossenes Gesetzgebungsverfahren der letzten Legislatur wieder aufgreift, ist die Stärkung der Tarifbindung, allerdings um den Preis eines enormen Bürokratieaufbaus.
Der Gesetzentwurf zum Bundestariftreuegesetz sieht vor, dass öffentliche Aufträge künftig nur noch an Unternehmen vergeben werden dürfen, die ein sogenanntes „Tariftreueversprechen“ abgeben. Dieses Versprechen verpflichtet die Unternehmen, für die Dauer des öffentlichen Auftrags festgelegte Mindestarbeitsbedingungen einzuhalten, die das Bundesministerium für Arbeit und Soziales per Rechtsverordnung definiert (z. B. Entlohnung, Mindesturlaub, Höchstarbeitszeiten, Ruhezeiten). Die Kontrolle soll durch eine neu einzurichtende Behörde erfolgen, die bei der Rentenversicherung angesiedelt sein soll.
Die DIHK hat deutliche Kritik an dem Gesetz geäußert. Der Gesetzentwurf führt zu erheblichen bürokratischen Mehrbelastungen und wird – anders als im Koalitionsvertrag vereinbart – nicht auf das „absolute Minimum“ beschränkt. Die umfangreichen Dokumentations- und Nachweispflichten für jeden einzelnen Arbeitnehmer und jede Einsatzzeit erschweren die Beteiligung von Unternehmen an Vergaben öffentlicher Aufträge erheblich. Diese Bürokratie hemmt besonders kleine und mittlere Unternehmen, widerspricht dem Ziel der Vereinfachung im Vergaberecht und schadet dem Wirtschaftsstandort Deutschland. Aus der Praxis gibt es zudem die Rückmeldung, dass in den Bundesländern mit Tariftreueregelungen generell viel Aufwand für Dokumentation und Nachweise betrieben werden muss, ohne dass öffentliche Auftraggeber die Einhaltung des Tariftreueversprechens kontrollieren (können). Für eine neue Kontrollbehörde, die sog. Prüfstelle Bundestariftreue bei der Deutschen Rentenversicherung, stehen hingegen Aufwand und Nutzen in keinem angemessenen Verhältnis - zumal eine weitere Betriebsprüfung zusätzlich abschreckend auf Unternehmen wirkt. Die zusätzlichen Hürden durch die bürokratischen Nachweispflichten werden insbesondere kleine und mittlere Unternehmen von der Teilnahme an öffentlichen Ausschreibungen abhalten – selbst solche, die bereits tarifgebunden sind oder übertariflich zahlen. Dieser Rückgang der Bieteranzahl mindert den Wettbewerb und führt zu weniger attraktiven Angeboten. Damit steigt die Wahrscheinlichkeit, dass öffentliche Auftraggeber mit höheren Kosten rechnen müssen, was sich negativ auf die öffentlichen Haushalte und die sparsame Verwendung von Steuermitteln auswirkt. Das Gesetz droht somit, ein „Beschaffungskostensteigerungsgesetz“ zu werden, das den wirtschaftlichen Druck auf die öffentliche Hand erhöht, ohne nachweisbaren Mehrwert für den Arbeitnehmerschutz zu schaffen.
Ein weiterer Kritikpunkt betrifft die vorgesehene erleichterte Nachweismöglichkeit durch die Präqualifizierung in einem amtlichen Verzeichnis. Hier ist die IHK-Organisation selbst betroffen, da sie das Amtliche Verzeichnis präqualifizierter Unternehmen im Liefer- und Dienstleistungsbereich (AVPQ) führt. Dieses Präqualifizierungsverfahren ist für die Vorabzertifizierung von Tariftreue schon dem Zweck nach nicht geeignet, weil es bei der Tariftreue nicht um Eignungsnachweise, sondern um Ausführungsbestimmungen geht, die naturgemäß vom konkreten Auftrag abhängen und nicht pauschal vorab geprüft werden können. Durch den Begriff „Präqualifizierung“ wird Ungleiches gleich bezeichnet, was das bisherige Präqualifizierungsverfahren zu entwerten droht.
Die gesamte Stellungnahme zum RefE des Bundestariftreuegesetzes vom 25.07.2025 finden Sie auf der DIHK-Homepage unter DIHK-Positionen zu nationalen Gesetzesvorhaben