Bauprodukteverordnung (EU) 305/ 2011

Die europäische Bauproduktenverord­nung (BauPVO) regelt das "Inverkehrbringen" von Bauprodukten und zielt auf die Sicher­heit von Bauwerken. Die BauPVO stellt Grundanforderungen an Eigenschaften und Leistung der Bauprodukte sowie an Arbeitnehmersicherheit, Energieeffizienz und Ressourcenschonung. Sie präzisiert wesentliche Merkmale der Bauprodukte in harmonisierten Normen oder europäisch technischen Bewertungen. Die Verordnung soll allerdings novelliert werden und neue Technologien, Markterfordernisse und Nachhaltigkeitsanforderungen berücksichtigen.

Leistungserklärung oder Technische Bewertung

Ist ein Bauprodukt von einer harmonisierten europäischen Norm erfasst oder entspricht ein Bauprodukt einer Europäischen Technischen Bewertung, die für dieses ausgestellt wurde, so erstellt der Hersteller eine Leistungserklärung für das Produkt, wenn es in Verkehr gebracht wird. Eine Muster-Leistungserklärung findet sich im Anhang II der Bauproduktenverordnung. Nach Erstellung der Leistungserklärung darf der Hersteller oder Bevollmächtigte das CE-Kennzeichen am Produkt anbringen. Das Deutsche Institut für Bautechnik (DIBt) als benannte Technische Bewertungsstelle erstellt auf Antrag Europäische Technische Bewertungen. Diese werden auf der Grundlage von Europäischen Bewertungsdokumenten erteilt.

Vereinfachtes Nachweisverfahren

Kleinstunternehmen mit bis zu zehn Mitarbeitern und zwei Millionen Euro Jahresumsatz können in bestimmten Fällen ein vereinfachtes Nachweisverfahren (Artikel 37) nutzen. Dabei weist das Unternehmen mittels einer Spezifischen Technischen Dokumentation die Konformität des Bauprodukts mit den geltenden Anforderungen sowie die Gleichwertigkeit der verwendeten Verfahren mit den in den harmonisierten Normen festgelegten Verfahren nach. Ggf. ist die Prüfung durch eine notifizierte Produktzertifizierungsstelle erforderlich.

CE-Kennzeichnung

Die Erstellung einer Leistungserklärung und die Anbringung der CE-Kennzeichnung sind seit Juli 2013 für alle vollständig von harmonisierten Normen erfassten Produkte verbindlich. Diese Verpflichtung gilt auch für die Hersteller, die für ihre Produkte eine Europäische Technische Bewertung erhalten haben. Die CE-Kennzeichnung steht nunmehr für die Konformität des Produkts mit der in der Leistungserklärung angegebenen Leistung.
Das bisherige "Konformitätsbescheinigungsverfahren" wird durch das Verfahren zur "Bewertung und Überprüfung der Leistungsbeständigkeit" ersetzt. Dieses Verfahren stellt sicher, dass die Produkte aus der laufenden Produktion jeweils die in der Leistungserklärung angegebenen Leistungsmerkmale aufweisen.

Bauregellisten

Das Inkrafttreten der BauPVO hat keine Auswirkungen auf die Bauregelliste A, da diese lediglich Festlegungen im Hinblick auf die erforderlichen Übereinstimmungs- und Verwendbarkeitsnachweise im nationalen Bereich betrifft.
In der Bauregelliste B Teil 1 werden die Bauprodukte und Bausätze unter Angabe der harmonisierten Norm (Abschnitt 1) oder des Europäischen Bewertungsdokumentes (Abschnitte 2 und 3) aufgeführt, die aufgrund der EU-Bauproduktenverordnung in den Verkehr gebracht und gehandelt werden dürfen.

Übergangsvorschriften zur Bauprodukten-Richtlinie 89/106/EWG

  • Produkte, die bis zum 30. Juni 2013 entsprechend der Bauprodukten-Richtlinie produziert, gekennzeichnet und in Verkehr gebracht worden sind, können auch nach dem 1. Juli 2013 vom Handel ungehindert vermarktet werden. Eine Leistungserklärung und eine geänderte CE-Kennzeichnung sind nicht erforderlich.
  • Hersteller können sich bei der Erstellung der Leistungserklärung für bisher schon richtlinienkonforme Produkte, die nach dem Stichdatum in Verkehr gebracht werden, an der bisherigen Konformitätserklärung nach Bauprodukten-Richtlinie orientieren.
  • Europäische technische Zulassungen dürfen bis zum Ablauf ihres Geltungsdatums als Europäische technische Bewertungen weiter verwendet werden.

Wie identifizieren Sie die Vorgaben für Bauprodukte?

  • Prüfen Sie, ob für das geplante Produkt eine harmonisierte Norm existiert und entsprechend eine CE-Kennzeichnung bzw. Leistungserklärung erforderlich ist.
  • Beachten Sie ggf. das vorgegebene Verfahren zur Überprüfung der Leistungsbeständigkeit sowie die in der Bauproduktenverordnung definierten Pflichten für Wirtschaftsakteure (Hersteller, Importeure, Händler, etc.)
  • Prüfen Sie, ob das Produkt in der DIBt-Bauregelliste aufgeführt ist. Denken Sie bei der Recherche jeweils auch an alternative Begriffe bzw. umschreibende Produkt- oder Materialgruppen.
  • Analysieren Sie insbesondere die anzuwendenden harmonisierten (EN) bzw. nationalen (insbesondere DIN) Normen in Hinblick auf Anforderungen an die Produktgestaltung, Prüfverfahren, Dokumentationspflichten, etc.
  • Recherchieren Sie weitere relevante Normen, z.B. beim Beuth-Verlag. Dort können Sie Normen beziehen bzw. Normenauslegestellen in Ihrer Nähe finden.
  • Nehmen Sie ggf. frühzeitig Kontakt zu aufgeführten bzw. zwingend vorgeschriebenen Anlaufstellen/Prüfstellen auf, um etwaige Anforderungen im Rahmen von Zulassungen, Prüfungen etc. frühzeitig zu konkretisieren.
  • Wenn Sie Unterstützung bei der Recherche oder bei Prüfungen benötigen, finden Sie Dienstleister z.B. bei der Deutschen Akkreditierungsstelle (DAkkS)

Novelle der Verordnung

Mit der Veröffentlichung eines Entwurfs zur Novelle der Bauprodukteverordnung hat die EU-Kommission im März 2022 den Novellierungsprozess gestartet. Der Anwendungsbereich soll erweitert werden auf Datensätze, Werkstoffe und Dienstleistungen für den 3D-Druck, auf der Baustelle hergestellte Bauprodukte zum sofortigen Einbau, wesentliche Bestandteile von Bauprodukten sowie auf Bestandteile oder Werkstoffe, die nach Herstellerangaben für Bauprodukte bestimmt sind.
Der Kreis der Wirtschaftsakteure soll deutlich erweitert werden. Neben Herstellern, Importeuren und Händlern sollen künftig folgende Wirtschaftsakteure unter die Verordnung fallen:
  • Online-Handel
  • 3D-Druck
  • Rückbau
  • Fulfillment-Dienstleister
  • Vermittler
  • Online-Marktplätze
  • Online-Handel
  • Lieferanten
  • Dienstleister, die an der Herstellung von Produkten beteiligt sind
  • Akteure, die Produkte demontieren oder wiederaufbereiten
Sie alle sollen generellen Pflichten und spezifischen Pflichten unterliegen. 
Künftig sollen über delegierte Rechtsakte Aspekte der Produktsicherheit sowie des Umwelt- und Klimaschutzes und der Kreislaufwirtschaft (Green Deal, Ökodesign) in die Bauproduktenverordnung integriert werden.
Um die Harmonisierung mit anderen CE-Vorschriften voranzutreiben, soll in einem Dokument eine Leistungserklärung und Konformitätserklärung abgegeben werden.
Die Anforderungen und Verpflichtungen in Hinblick auf den Umwelt- und Klimaschutz sollen erst greifen, wenn eine harmonisierte technische Spezifikation im Rahmen einer Norm oder eines delegierten Rechtsakts vorliegt. Die Anforderungen erstrecken sich auf gefährliche Emissionen von Bauwerken, die nachhaltige Nutzung natürlichen Ressourcen, die Lebenszyklusbewertung, Klimawandelwirkungen, Umweltmerkmale, Umweltverpflichtungen der Hersteller sowie eine Kennzeichnung der ökologischen Nachhaltigkeit.

Trilogverfahren

Die Novelle wurde in zahlreichen Gremien diskutiert. Um die Novelle der Bauproduktenverordnung weiter voranzubringen, haben sich EU-Rat, EU-Parlament und EU-Kommission auf einen Trilog verständigt.
Eine Ratsarbeitsgruppe hat eine Kompromissposition (Compromise Text) erarbeitet, die nun Basis für das weitere EU-Gesetzgebungsverfahren sein soll. Sie enthält Präzisierungen und Änderungen gegenüber dem Kommissionsvorschlag. Damit verfolgt der EU-Rat folgende Ziele
  • Klarerer und strukturierterer Gesetzestextes,
  • fokussierter Anwendungsbereich,
  • Beschränkung der Befugnisse der Kommission bei der der technischen Harmonisierung,
  • Sicherstellung der Bauwerkssicherheit und des freien Warenverkehrs
  • Beseitigung bekannter Mängel bei der Umsetzung der aktuellen Verordnung
  • Kohärenz mit der Ökodesign-Richtlinie und weiteren EU-Rechtsakten
Die Novelle der Bauproduktenverordnung soll bis Mitte 2024 verabschiedet werden.
(Quelle EU-Kommission, DiBT, IHK Lippe)