Unternehmensbewertung

Sie wollen Ihr Unternehmen verkaufen, verpachten, Ihren Betrieb durch Kauf eines weiteren Betriebsteils erweitern oder einen neuen Gesellschafter aufnehmen? Dann benötigen Sie eine Vorstellung über den Wert des betreffenden Unternehmens. Zögern sie nicht, bei der Bewertung Ihres Unternehmens professionelle Hilfe von einem Steuerberater, einem Unternehmensberater oder einem Sachverständigen in Anspruch zu nehmen.
Generell gibt es den objektiven Unternehmenswert in der Praxis nicht. Der Unternehmer, der beabsichtigt sein Unternehmen zu verkaufen, sieht neben den Sachwerten auch die Arbeitsleistung an, die er in der Vergangenheit in das Unternehmen investiert hat. Dagegen überlegt der Käufer, wie er den Kaufpreis finanzieren kann und ob mit dem Unternehmen in Zukunft seine zu leistende Investition sich refinanziert. Beide kommen daher nicht selten zu unterschiedlichen Wert- bzw. Preisvorstellungen, wenn es um den Kaufpreis geht. Eine rechtlich verbindliche Vorgehensweise für die Unternehmensbewertung existiert nicht. In der Praxis haben sich nachfolgende Bewertungsmethoden etabliert, wobei jedes Verfahren nur Anhaltspunkte für die Ermittlung des Wertes und damit des Preises geben kann.

Ertragswertmethode

Eines der gängigsten Verfahren zur Ermittlung des Unternehmenswertes ist das Ertragswertverfahren. Es basiert auf der Annahme, dass der Wert eines Unternehmens hauptsächlich in den zu erwartenden Ertragsüberschüssen, also durch sein Potential, in Zukunft Gewinne zu erzeugen, bestimmt wird.
Das Verfahren berücksichtigt die Anlagealternativen des Kaufinteressenten, der mit seinem Kapital entweder das Unternehmen erwerben kann oder sein Geld am Kapitalmarkt anlegt. Aus Sicht des Käufers gesprochen, soll der Kaufpreis nicht höher sein, als Gewinne aus dem Unternehmen zu erwarten sind.
Der Ertragswert wird somit bestimmt durch den erwarteten Unternehmenserfolg in den folgenden Jahren und durch einen Kapitalisierungszinsfuß, mit dem die zukünftigen Überschüsse auf den Zeitpunkt des Verkaufs abgezinst werden. Die Prognose der zukünftigen Erträge baut in der Regel auf den Werten der Vergangenheit auf. Die Erträge aus der Vergangenheit sind jedoch nur ein Indikator unter vielen für die zukünftige Entwicklung des zu bewertenden Unternehmens.

Substanzwertmethode

Grundlage für dieses Verfahren ist ein Wertansatz, der den aktuellen Marktwert der Unternehmensgegenstände heranzieht. Es bezeichnet den gegenwärtigen Verkehrswert aller materiellen, immateriellen, betriebsnotwendigen und nicht betriebsnotwendigen Vermögensgegenstände, abzüglich der Schulden und Verbindlichkeiten des Unternehmens.
Ziel des Substanzwertverfahrens ist es den Wert zu erhalten, der benötigt würde, um das Unternehmen in seiner derzeitigen Ausstattung neu zu errichten. Es werden also die Kosten addiert, die bei der Reproduktion des vorhandenen Unternehmens anfallen würden.
Der Substanzwert wurde jedoch im Laufe der Zeit häufig kritisch diskutiert, da er lediglich das investierte Kapital betrachtet und nicht jenen Wert ermittelt, den ein Unternehmen erwirtschaften kann. Außerdem führt die Schwierigkeit die immateriellen Werte zu berechnen in der Praxis dazu, dass nur die materiellen Werte erfasst werden. So wird der Substanzwert heutzutage häufig nur noch zur Ermittlung einer Wertuntergrenze genutzt.

Multiplikatormethode

Im Rahmen der Multiplikatormethode wird der Unternehmenswert entweder aus dem Marktpreis vergleichbarer, börsennotierter Unternehmen abgeleitet oder auf Basis von Preisen, die im Rahmen von Transaktionen mit vergleichbaren Unternehmen gezahlt wurden. Der Unternehmenswert ergibt sich dabei als Produkt eines aus den Vergleichsunternehmen abgeleiteten Multiplikators und der entsprechenden Kennzahl des zu bewertenden Unternehmens.
Als Bezugsgrößen kommen Wertgrößen wie beispielsweise Umsatz, EBITDA, EBIT, Cash Flow oder der Jahresüberschuss in Betracht. Diese übergreifenden Branchenmultiplikatoren können jedoch oft die  Eigenheiten eines relevanten Teilmarktes nicht berücksichtigen. Gerade kleinere Unternehmen sind durch einen hohen Grad an Individualität geprägt, sodass eine Zuordnung in die vorgegebenen Branchen schwierig sein kann.
Die Multiplikatormethode ist zwar recht einfach zu handhaben, jedoch wird die Komplexität der Unternehmensbewertung zu stark reduziert. Nach Ermittlung des Ertragswertes könnte der nach der Multiplikatormethode ermittelte Unternehmenswert jedoch gegebenenfalls als zusätzliches Argument zur Unterstützung der eigenen Position im Rahmen der Kaufpreisverhandlungen eingebracht werden.

Wesentliche Anhaltspunkte für einen aussagekräftigen Unternehmenswert

Eine Unternehmensbewertung kann mit einem sehr unterschiedlichen Detaillierungsgrad ausgeführt werden. Folgende Aspekte spielen für den Aussagegehalt eines Unternehmenswertes eine wichtige Rolle:
  • Bewertungsstichtag
    Der Wert eines Unternehmens wird für einen konkreten Zeitpunkt ermittelt. Dies bedeutet auch, dass der Unternehmenswert immer nur einen bestimmten Kenntnisstand berücksichtigen kann und folglich die für verschiedene Bewertungszeitpunkte ermittelten Unternehmenswerte nicht übereinstimmen müssen.
  • Bewertungsanlass
    Das Vorgehen bei einer Bewertung richtet sich grundsätzlich nach dem Bewertungsanlass. Dieser muss daher vom Auftraggeber der Bewertung genau definiert werden. Hierbei kann es sich im Rahmen der Nachfolgeplanung beispielsweise um Bewertungen für Verkaufszwecke oder für Zwecke der Ermittlung des Wertes einer Beteiligung bei Ausscheiden eines Gesellschafters handeln. Die Ausrichtung der Bewertung hat einen wesentlichen Einfluss auf die Wahl der Prämissen und damit auf den Wert.
  • Dokumentation der Prämissen und Vorgehensweise
    Um die Einflussgrößen auf einen Wert ausreichend transparent darzustellen, gehört zu einer ordnungsgemäßen Unternehmensbewertung immer die Dokumentation der Prämissen und der gewählten Vorgehensweise durch den Bewerter.
  • Plausibilität der eingehenden Daten, vor allem der Planung, Abgleich mit Vergangenheitsdaten
    Die in die Bewertung eingehenden Daten, insbesondere die vom Unternehmen erstellte Planung, sind auf Plausibilität zu prüfen, besonders im Hinblick auf die Vergangenheit. Beispielsweise sollte eine im Vergleich zur Vergangenheit sehr optimistische Umsatzplanung noch einmal hinterfragt werden. Hier ist ebenfalls zu fragen, ob die Unternehmensplanung vollständig ist und die Situation des zu bewertenden Unternehmens den Kenntnisstand des Bewertungsstichtages ausreichend widerspiegelt.
  • Stille Reserven (und Risiken)
    Unternehmen können stille Werte und Risiken haben. Stille Reserven sind beispielsweise in Grundstücken enthalten, die mit ihren historischen Anschaffungskosten in der Bilanz stehen und nicht betriebsnotwendig sind. Stille Lasten sind beispielsweise unterbewertete Pensionsverpflichtungen. Solche stillen Reserven und auch Risiken sind in einem Verkehrswert ausreichend zu berücksichtigen.
  • Angemessener Kapitalisierungszins
    Der Kapitalisierungszins kann einen großen Einfluss auf das Ergebnis einer Bewertung haben und muss daher sorgfältig abgeleitet werden.
  • Angemessene Bandbreite, vor allem bei Unsicherheit von Bewertungsprämissen
    Eine Unternehmensbewertung hängt entscheidend von den zugrunde gelegten Daten und Prämissen ab. Lassen die zur Verfügung stehenden Daten die Ableitung eines eindeutigen Wertes nicht zu, so kann der Bewerter eine angemessene Bandbreite für den Unternehmenswert ermitteln oder mit Hilfe einer Szenarioanalyse die Sensitivitäten des Wertes darstellen.
  • Plausibilisierung des Bewertungsergebnisses
    Das Bewertungsergebnis sollte abschließend mit anderen, vergleichbaren Werten verglichen werden, um die Größenordnung des Unternehmenswertes zu plausibilisieren.