Standortpolitik

Wirtschaftsbericht Jahreswechsel 2019_2020

Zurückhaltende Erwartungen

Erwartungen für die kommenden Monate bleiben verhalten
Auslastungsgrad der Kapazitäten in der Industrie weiter gesunken
Investitionsabsichten insgesamt konstant
Die Erwartungen über den weiteren Verlauf der Konjunktur sind zum Jahreswechsel bei den Unternehmen im IHK-Bezirk Hochrhein-Bodensee im Vergleich zum Herbst nochmals leicht zurückgegangen. „An Hochrhein und Bodensee blicken erstmals seit über zehn Jahren in der IHK-Umfrage wieder mehr Unternehmen skeptisch als optimistisch nach vorn“, so Dr. Alexander Graf, bei der Kammer zuständig für die Konjunkturumfrage. Auf Grund der leicht verbesserten Lageeinschätzung der Unternehmen ist der von der IHK errechnete Index für das Konjunkturklima in der Region gegenüber der Befragung im Herbst aber um 3 Punkte auf 121 Punkte gestiegen. Damit liegt die Region über dem Landesschnitt, folgt aber im Wesentlichen dem bundesweiten Trend rückläufiger Auslastungsgrade insbesondere im produzierenden Gewerbe. In der Inlandsnachfrage und den Energiepreisen sehen die Betriebe der Region zunehmend Risiken für die weitere Geschäftsentwicklung.

Geschäftslage überwiegend gut

Trotz der weltweiten konjunkturellen Abkühlung der vergangenen Monate ist die Lage der überwiegenden Zahl der Betriebe in der Region noch immer gut. Mit einem Wert von 146 Punkten übertrifft der entsprechende Indikator für die Geschäftslage den Herbstwert von 138 deutlich, bleibt aber auch ein gutes Stück von den 153 Punkten des vergangenen Frühjahrs entfernt. Insgesamt beurteilen 40 Prozent der teilnehmenden Betriebe ihre momentane Geschäftslage als befriedigend, 7 Prozent als schlecht und 53 Prozent als gut. Im Vergleich zum Landesschnitt sind die Einschätzungen aus der Region damit deutlich besser.

Industrie mit weiter sinkender Auslastung

Die aktuelle Geschäftslage der Industrieunternehmen in der Region Hochrhein-Bodensee zeigt sich ähnlich der Situation im Herbst des vergangenen Jahres. Der Anteil der Unternehmen im produzierenden Gewerbe, die die Geschäftslage als gut bezeichnen, liegt bei rund 46 Prozent, im Vorjahr teilten noch rund 63 Prozent im produzierenden Gewerbe diese Einschätzung. Der Anteil der Unternehmen, die ihre Lage als schlecht bezeichnen ist im Verlauf des Jahres von 4 auf nun 14 Prozent gestiegen. Der Auslastungsgrad der Kapazitäten in der regionalen Industrie ist weiter rückläufig und liegt aktuell unter 84 Prozent und damit auch unter dem langjährigen Mittel.
Wie auch im Herbst berichten aktuell mehr Produktionsbetriebe bei der Entwicklung der Auftragseingänge von einer fallenden Tendenz (38 Prozent) als von steigenden Auftragszahlen (13 Prozent). Bei jedem zweiten Betrieb besteht eine gleichbleibende Tendenz im Auftragseingang. Dabei sind sowohl die Aufträge aus dem Ausland als auch aus dem Inland bei jeweils 34 Prozent der Unternehmen rückläufig.

Dienstleistungsbereich positiv

Im Dienstleistungsbereich ist kein Rückgang der Geschäftslage zu verzeichnen. Mit einem deutlich positiven Antwortverhalten berichten 58 Prozent der Dienstleister von einer guten Geschäftslage, weitere 41 Prozent von einer befriedigenden Situation und lediglich ein Prozent ist mit der Lage nicht zufrieden. Beim Umsatz können 45 Prozent eine Steigerung gegenüber dem gleichen Vorjahresquartal verzeichnen. Bei der Ertragslage melden mehr Unternehmen eine gute Situation als noch im vergangenen Herbst. So sind es aktuell rund 55 Prozent der Dienstleister, die ihre Ertragssituation als gut bezeichnen (Herbst: 45 Prozent), 41 Prozent sind zufrieden.
Und auch die derzeitige Tendenz bei der Nachfrage zeigt sich erfreulich: jeder vierte Dienstleister verzeichnet ein steigendes Auftragsvolumen und mehr als zwei Drittel berichten von gleichbleibenden Volumen.

Handel zufrieden

Die Einschätzung der Geschäftslage im Handel fällt zum Jahreswechsel positiver aus als noch im Herbst und auch positiver als ein Jahr zuvor. Insgesamt sprechen 39 Prozent von einer guten und 53 Prozent von einer befriedigenden Geschäftslage. Mit rund 63 Prozent ist der Großteil der Händler in der Region mit der Ertragslage zufrieden. Und mit 27 Prozent ist der Anteil der Händler, die die Ertragslage als gut bezeichnen wieder deutlich größer als vor einem Jahr, als es nur 14 Prozent waren.

Erwartungen für die kommenden zwölf Monate

Die Erwartungen der Unternehmen an die Entwicklung der kommenden zwölf Monate sind gegenüber der Herbstumfrage nochmals leicht rückläufig. So gehen nun 20 Prozent der Betriebe von einer Verschlechterung aus, 19 Prozent von einer Verbesserung der Geschäfte. 61 Prozent der Betriebe sehen keine wesentlichen Veränderungen voraus.
Die Erwartungshaltung bei den Industrieunternehmen hat sich weiter verschlechtert. So gehen zwar weiter 53 Prozent von einer gleichbleibenden Entwicklung aus, allerdings steigt auch die Zahl der produzierenden Unternehmen, die mit einer Verschlechterung der Geschäfte rechnen auf nun 30 Prozent an. Ähnlich verhält es sich bei den erwarteten Umsätzen, bei denen mehr als 40 Prozent der Produktionsbetriebe fallende Zahlen prognostizieren.
In der Dienstleistungsbranche geht der Großteil der Unternehmen weiter von konstanten Geschäften aus (rund 61 Prozent). Gegenüber der Herbstbefragung hat sich die Zahl der Unternehmen, die für die kommenden Monate eine Verbesserung der Geschäfte voraussehen aber von 20 Prozent auf 27 Prozent erhöht. Der Anteil derjenigen, die eine Verschlechterung der Geschäftsentwicklung prognostizieren bleibt mit rund 12 Prozent der Dienstleister auf demselben Niveau wie in der Herbstbefragung.
Im Handel gehen rund zwei Drittel der Betriebe von einer gleichbleibenden Entwicklung aus, rund 16 Prozent rechnen mit besseren Geschäften. Der Blick nach vorne fällt damit bei mehr Handelsbetrieben positiv aus, als dies vor einem Jahr der Fall war.

Investitionsabsichten

Das schwierige außenwirtschaftliche Umfeld scheint sich auch auf die Investitionsabsichten der Unternehmen in der Region niederzuschlagen. Gegenüber dem Vorjahr gibt es einen Rückgang bei den Investitionsabsichten der Unternehmen zu verzeichnen. So geht die Zahl der Unternehmen, die mit steigenden Investitionen planen von 38 Prozent auf 28 Prozent zurück, während gleichzeitig 23 Prozent planen, die Inlandsinvestition in den nächsten zwölf Monaten zurückzufahren. Besonders deutlich wird die Zurückhaltung bei den Industrieunternehmen. Hier sinkt der Anteil der Unternehmen, die mehr im Inland investieren wollen im Vergleich zum Vorjahr um rund die Hälfte auf 20 Prozent, während die Zahl der Industrieunternehmen, die beabsichtigen die Investitionen zurückzufahren von 18 auf 34 Prozent steigt. Verwendet werden sollen die Mittel in der Industrie insbesondere zur Beschaffung von Ersatzbedarfen (80 Prozent), für Rationalisierungsvorhaben (52 Prozent) sowie für Umweltschutz und Energieeffizienz (47 Prozent). Im Dienstleistungsbereich sind die Hauptmotive Ersatzbedarf (68 Prozent), Innovationen (53 Prozent) und Digitalisierung (53 Prozent), unter den Handelsbetrieben überwiegen Investitionen in Ersatzbeschaffungen (63 Prozent), Vertriebs- und sonstige Innovationen (52 Prozent) sowie in das Thema Umweltschutz und Energieeffizienz (41 Prozent).

Konjunkturelle Risiken

Der Bedarf an qualifizierten Fachkräften ist in der Region immer noch das von den Unternehmen am meisten genannte Risiko für die wirtschaftliche Entwicklung (66 Prozent). Dabei rechnen 19 Prozent der Betriebe mit abnehmenden Beschäftigtenzahlen vor Ort, während rund 15 Prozent an einen weiteren Mitarbeiteraufbau denken. Zwei Drittel der Unternehmen planen das kommende Jahr mit gleicher Belegschaftsstärke zu bestreiten. In der Entwicklung der Inlandsnachfrage (58 Prozent) sowie der Auslandsnachfrage (61 Prozent) sehen die Industrieunternehmen in der Region aktuell die größten Risiken. Der Fachkräftebedarf ist in der Industrie gegenüber vor einem Jahr sehr deutlich in der Nennung der Risiken zurückgegangen: waren es damals 74 Prozent der Betriebe die die mangelnde Verfügbarkeit von Fachkräften als Risiko für ihre Geschäftsentwicklung benannten, so sind es aktuell noch rund 44 Prozent der Betriebe. Für die Dienstleistungsbetriebe und den Handel ist das Finden von Fachkräften dagegen immer noch das meistgenannte Risiko (79 Prozent bzw. 67 Prozent). Aber auch in diesen beiden Bereichen gewinnt die Inlandsnachfrage immer stärker an Bedeutung. Entsprechend liegt für 44 Prozent der Dienstleister und 51 Prozent der Händler in der weiteren Entwicklung des Inlandsmarktes ein entsprechendes Risiko. Über alle Bereiche hinweg hat das Risiko steigender Energiepreise für die Entwicklung der Unternehmen zugenommen. Hierin dürften sich die Unsicherheiten gegenüber der Energie- und Klimapolitik der Bundesregierung spiegeln, die den Unternehmen aktuell keine Entlastung bei den Energiepreisen in Aussicht stellt. Handel und Dienstleistungswirtschaft dürften in den kommenden Monaten weiter von einem ausgesprochen guten Konsumklima auf dem heimischen Markt profitieren. Mit einer baldigen Trendumkehr der Weltkonjunktur ist für die exportorientierten Produktionsbetriebe in der Region nicht zu rechnen. Eine sich anbahnende positive Entwicklung internationaler Handelskonflikte, insbesondere zwischen den USA und China, sowie ein absehbares Ende des Brexit-Stillstandes könnten positive Impulse geben. Umso wichtiger erscheint es, nationale und europäische Rahmenbedingungen zu schaffen, die die Inlandsnachfrage und insbesondere die Investitionsquote des privaten und öffentlichen Sektors erhöhen. Mögliche fiskalische Stimuli für Unternehmen könnten hier hilfreich sein.
Februar 2020