Wenig positive Erwartungen – politische Impulse für mehr Beinfreiheit der Wirtschaft dringend nötig

Geopolitische Verunsicherung, eine eingebremste Weltwirtschaft, hoher Kostendruck und eine verhaltene Verbraucherstimmung hinterlassen ihre Spuren in der regionalen Wirtschaft. Die Geschäftslage wie auch die Erwartungen haben sich seit dem Frühjahr eingetrübt. Der von der IHK Hochrhein-Bodensee errechnete Index für das Konjunkturklima in der Region (bestehend aus einem Lage- und einem Erwartungsindikator) ist gegenüber der Frühjahrsbefragung von 102 Punkten auf 98 Punkte zurückgegangen. Er liegt damit auf Landesniveau. „Wie bereits im Jahr 2024 geht der Index für das Konjunkturklima zum Herbst sehr deutlich zurück. Das ist vor allem auf die Bewertung seitens der Produktionsbetriebe zurückzuführen“, sagt Dr. Alexander Graf, zuständig für die Konjunkturumfrage der IHK Hochrhein-Bodensee. „Für die kommenden Monate bleiben die Erwartungen in weiten Teilen der Wirtschaft verhalten, insbesondere mit Blick auf die Inlandsnachfrage und die gestiegenen Arbeitskosten. Die beabsichtigten Ausgaben für Inlandsinvestitionen der Unternehmen in den kommenden zwölf Monaten sind deutlich zurückhaltend.“

Geschäftslage der regionalen Gesamtwirtschaft

Die Einschätzung der Geschäftslage bei allen teilnehmenden Unternehmen in der Region – gemessen anhand des „Lage-Indikators“ über die momentane Situation – ist gegenüber dem Frühjahr leicht von 109 auf aktuell 111 Punkte gestiegen. Auch im Vergleich zum Vorjahr (101 Punkte) zeigt sich die Geschäftslage damit aktuell auf einem guten Niveau. Insgesamt beurteilen 29 Prozent der teilnehmenden Betriebe ihre momentane Geschäftslage als gut, 54 Prozent als befriedigend und 18 Prozent als schlecht.

Industrie: Auslastung geht zurück

Der „Lage-Indikator“ für die Geschäftslage der Industrieunternehmen in der Region Hoch-rhein-Bodensee ist von 119 Punkten im Frühjahr auf aktuell 106 Punkte zurückgegangen. Ihre Einschätzung weicht damit von der Entwicklung der regionalen Gesamtwirtschaft ab. Der Anteil der Unternehmen im produzierenden Gewerbe, die die Geschäftslage als gut bezeichnen, sinkt seit dem Frühjahr und beträgt nun 25 Prozent. Gleichzeitig ist der Anteil der Unternehmen, die ihre Lage als schlecht bezeichnen, im Verlauf von 12 auf rund 19 Prozent gestiegen. Bemerkbar macht sich dies bei den Umsätzen, die bei rund 41 Prozent der Produktionsbetriebe im Vergleich zur Frühjahrsbefragung gesunken sind. „Dies steht sicherlich auch im Zusammenhang mit den im Frühjahr vorgezogenen Aufträgen, die vor dem Inkrafttreten der höheren US-Zölle für europäische Produkte noch im ersten Halbjahr abgewickelt wurden“, erklärt Prof. Dr. Katrin Klodt-Bußmann, Hauptgeschäftsführerin der IHK Hochrhein-Bodensee. Entsprechend rückläufig ist der Auslastungsgrad der Kapazitäten in der regionalen Industrie im Herbst. Er liegt mit 82 Prozent deutlich unter dem langjährigen Mittel (85 Prozent). Auch bei der Entwicklung der Auftragseingänge zeigt die aktuelle Tendenz nach unten. So berichten rund 46 Prozent der Industrieunternehmen von zurückgehenden Auftragseingängen aus dem Inland und rund 27 Prozent von sinkenden Eingängen aus dem Ausland.

Zurückhaltendes Kaufverhalten im regionalen Handel

Die Einschätzung der Geschäftslage im Handel fällt zu Beginn des Herbstes besser aus als noch vor einem Jahr, obwohl weiter mehr Händler von schlechten als von guten Geschäften sprechen. So beurteilen 16 Prozent der Befragten ihre Lage aktuell als gut, der überwiegende Teil – 62 Prozent – berichtet von einer befriedigenden Lage. Bei 22 Prozent sieht die aktuelle Geschäftslage weiter schlecht aus. Insgesamt 54 Prozent der Händler berichten von gegenüber dem Vorjahresquartal gesunkenen Umsätzen. Wenig optimistisch sieht es beim momentanen Konsumverhalten der Kunden aus. Hier berichten 71 Prozent der Händler von zurückhaltendem Konsum, 29 Prozent von einem saisonüblichen Verhalten der Kundschaft.

Dienstleistungssektor robust

Der Index für die Lage der Unternehmen im Dienstleistungsbereich zeigt sich seit Jahresbeginn tendenziell rückläufig, stellt sich – verglichen mit den Bereichen Handel und Produktion – aber weitaus positiver dar. Waren es im Frühjahr rund 15 Prozent der Dienstleister, die von einer schlechten Lage sprachen, so sind dies in der aktuellen Umfrage 17 Prozent. Gleichzeitig hat sich der Anteil derer, die von einer guten Lage berichten, im selben Zeitraum von 34 auf 38 Prozent erhöht. Von guten Erträgen sprechen derzeit 34 Prozent der Dienstleister, weitere 55 Prozent sind mit der Ertragslage zufrieden. Das derzeitige Auftragsvolumen zeigt aber auch hier – bei 46 Prozent der Dienstleistungsbetriebe – eine fallende Tendenz. Bei rund einem Drittel ist das Volumen gleichbleibend, 22 Prozent können dagegen ein steigendes Volumen verzeichnen. Alexander Graf erläutert: „Die rückläufige Tendenz dürfte auf die schwache Entwicklung der Auftragslage bei den Produktionsbetrieben zurückzuführen sein, was wiederum Folgen insbesondere für die industrienahen Dienstleistungen hat.“

Erwartungen für die kommenden Monate

Deutlich zurückgegangen sind die Erwartungen der Unternehmen in der Region Hoch-rhein-Bodensee über den weiteren Geschäftsverlauf. Insgesamt bleiben weiterhin mehr Unternehmen für die nahe Zukunft pessimistisch (29 Prozent) als optimistisch (16 Prozent).
Am wenigsten Optimismus herrscht im Handel. Nur 15 Prozent der an der Umfrage beteiligten Unternehmen rechnen hier in den kommenden Monaten mit einer Verbesserung der Geschäfte. 31 Prozent gehen von einer Verschlechterung aus, 54 Prozent sehen gleichbleibende Geschäfte voraus. Die Unsicherheiten über den weiteren Konjunkturverlauf wirken zunehmend negativ auf die Kauflaune der Konsumenten.
Am stärksten eingetrübt haben sich die Erwartungen unter den Produktionsbetrieben. Hier erhöht sich der Anteil der Unternehmen, die mit schlechteren Geschäften rechnen, von 15 auf 32 Prozent. 20 Prozent hoffen weiter auf bessere Geschäfte. Zurückgefahren werden dabei die Exporterwartungen. Rechneten im Frühjahr 17 Prozent der Produktionsbetriebe mit fallenden Exporten in den kommenden Monaten, so hat sich diese Zahl im Herbst auf nun 27 Prozent deutlich erhöht.
Auch die Erwartungen bei einem Teil der Dienstleistungsbetriebe gehen zurück. So hat sich seit Jahresbeginn der Anteil der Unternehmen, die für die kommenden Monate von schlechter laufenden Geschäften ausgehen, von rund 22 Prozent auf 28 Prozent erhöht. Gleichzeitig prognostizieren nur noch 14 Prozent der Dienstleister, dass sich ihre Geschäfte positiv entwickeln werden.
Zurückhaltender als im langjährigen Durchschnitt zeigen sich die Unternehmen bezüglich der Investitionsabsichten im Inland. 28 Prozent der Unternehmen im Kammerbezirk planen für die kommenden Monate mit reduzierten Investitionen, 19 Prozent planen gänzlich ohne Neu-Investitionen. Bei 43 Prozent der Betriebe sollen die Investitionsausgaben auf Sicht von 12 Monaten gleichbleiben. Neben der Ersatzbeschaffung (68 Prozent) stehen insbesondere Investitionen in Digitalisierung (58 Prozent) und Innovationen (41 Prozent) im Vordergrund. Im produzierenden Gewerbe investiert fast jedes zweite Unternehmen in Rationalisierungsmaßnahmen. Entsprechend vorsichtig bleiben die Unternehmen bei der Planung der Beschäftigtenzahlen. 61 Prozent wollen mit der aktuellen Mitarbeiterzahl in die kommenden zwölf Monate gehen. Die Zahl der Betriebe, die mit tendenziell fallenden Beschäftigtenzahlen rechnen, bleibt mit 25 Prozent gegenüber der Frühjahrsbefragung konstant.

Risiken der wirtschaftlichen Entwicklung

Sorgen machen sich die Unternehmen aktuell um die Nachfrageseite. Inlandsnachfrage (62 Prozent) wie Auslandsnachfrage (36 Prozent) sind als Risiko für die weitere Entwicklung in der regionalen Wirtschaft gegenüber der Frühjahrsumfrage nochmals deutlich gestiegen. Zudem bleiben die Arbeitskosten (51 Prozent) und der Fachkräftebedarf (47 Prozent der Unternehmen) unter den am häufigsten genannten Geschäftsrisiken. Allerdings hat der Druck hier im Jahresverlauf nachgelassen. Aber selbst wenn die Unternehmen im Kammerbezirk bei zusätzlichen Einstellungen vorsichtiger werden, suchen sie aufgrund der demografischen Entwicklung weiter Fachkräfte. Bei 42 Prozent der suchenden Betriebe stehen dabei Fachkräfte mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung im Fokus, gefolgt von Personen mit einem zusätzlichen Weiterbildungsabschluss wie Fachwirtinnen und Fachwirte (19 Prozent) sowie Absolventinnen und Absolventen mit einem (Fach-)Hochschulabschluss (15 Prozent).
Der von der Regierung geplante Impuls durch die expansiven finanzpolitischen Maßnahmen kommt bei den Unternehmen in der Region aktuell noch nicht an. Die Verbraucher halten sich mit Blick auf die unsichere Wirtschaftsentwicklung bei den Ausgaben zurück. Gleiches gilt bei den Investitionen der Unternehmen. Neben der eingebremsten Weltwirtschaft sind es die bisher ungelösten Strukturprobleme am Standort Deutschland, die einem Konjunkturaufschwung entgegenwirken. „Zu den Risiken zählen nach wie vor auch die Energiepreise“, sagt Hauptgeschäftsführerin Katrin Klodt-Bußmann. „Selbst wenn sie im Vergleich zu den letzten Jahren sinken, befinden sie sich weiterhin auf hohem Niveau und führen zu Unsicherheiten.“

Zahlen und Daten

Wie Ihre Beteiligung zukünftig möglich ist

Wir freuen uns jederzeit über neue Unternehmensbeteiligungen. Welche Vorteile diese Ihnen bringen, haben wir für Sie in der Übersicht IHK-Konjunkturumfrage zusammengestellt.
Über den IHK-Konjunkturklimaindex:
Die IHK Hochrhein-Bodensee erhebt den IHK-Konjunkturklimaindex drei Mal im Jahr. Er wird als geometrisches Mittel aus den Salden der positiven und negativen Antworten auf die Fragen zur Lage und zur zukünftigen Entwicklung der Geschäfte berechnet. Die Konjunktur entwickelt sich tendenziell positiv, wenn der Klimaindex zunimmt. Nimmt er ab, verschlechtert sich hingegen tendenziell die wirtschaftliche Entwicklung. Zudem kann man feststellen, dass die Konjunktur umso besser läuft, je stärker der Index sich seinem Maximalwert von 200 annähert. Je näher er seinem Minimalwert von 0 kommt, desto schlechter steht es um die Konjunktur.