Corona-Infektion bei Beschäftigten – Erstattungsanspruch für Arbeitsentgelt?

Während der Corona-Pandemie wurde die Entschädigungsregelung in § 56 Infektionsschutzgesetz (IfSG) für Beschäftigte erweitert. Danach stand Personen, die als Infizierte oder Kontaktperson in Quarantäne mussten und deswegen einen Verdienstausfall hatten, unter bestimmten Voraussetzungen ein Entschädigungsanspruch zu. Dieser wurde durch den Arbeitgeber gezahlt und durch die zuständige Behörde erstattet. Umstritten ist das Verhältnis dieser Vorschrift zu § 616 BGB und der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Verschiedene Gerichte haben sich seitdem damit befasst.
Im März 2024 hat das Bundesarbeitsgericht entschieden (Urteil vom 20. März 2024, Aktenzeichen 5 AZR 234/23), dass auch eine symptomlose Corona-Infektion eine Krankheit nach § 3 Abs. 1 Entgeltfortzahlungsgesetz darstellt, die zur Arbeitsunfähigkeit führt, wenn es dem Arbeitnehmer infolge einer behördlichen Absonderungsanordnung rechtlich unmöglich ist, die geschuldete Tätigkeit bei dem Arbeitgeber zu erbringen und eine Erbringung in der häuslichen Umgebung nicht in Betracht kommt. Der Entschädigungsanspruch nach § 56 IfSG sei dann nachrangig gegenüber der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall.
Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hat sich ebenfalls mit dem Verhältnis von § 56 IfSG zu § 3 Entgeltfortzahlungsgesetz befasst (Urteil vom 10.10.2024, Aktenzeichen 29 K 6557/24) und ist unter Berufung auf das Urteil des Bundesarbeitsgerichts ebenfalls zu der Entscheidung gekommen, dass bei einer behördlich angeordneten Quarantäne wegen Corona und daraus folgender rechtlicher Unmöglichkeit der Erbringung der Arbeitsleistung nicht darauf ankomme, ob der Arbeitnehmer auch aus gesundheitlichen Gründen - etwa weil er Symptome hatte - die Arbeitsleistung nicht erbringen konnte. Der Entschädigungsanspruch nach § 56 IfSG sei gegenüber dem Entgeltfortzahlungsanspruch nachrangig. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung wurde aber die Sprungrevision zum Bundesverwaltungsgericht zugelassen, dort ist das Verfahren unter dem Aktenzeichen 3 C 14/24 anhängig.
Das Bundesverwaltungsgericht hat zwei Urteile zum Verhältnis von § 56 IfSG zu § 616 BGB getroffen. Nach dieser Vorschrift besteht ein Anspruch auf Weiterbezahlung für eine „verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit“, wenn Beschäftigte durch einen in ihrer Person liegenden Grund ohne ihr Verschulden an der Arbeitsleistung verhindert sind. Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, dass dies im Frühjahr 2020 bei einer Quarantänedauer von bis zu vollen 14 Tagen der Fall gewesen sei (Urteil vom 5. Dezember 2024, Aktenzeichen 3 C 8/23). Ist der Arbeitgeber danach zur Zahlung des Arbeitsentgelts verpflichtet, besteht kein Verdienstausfall und damit auch kein Entschädigungsanspruch nach dem Infektionsschutzgesetz, den sich der Arbeitgeber wiederum vom Staat erstatten lassen könnte.
In einem parallel beurteilten Sachverhalt hat das Bundesverwaltungsgericht bei einer fünfwöchigen Quarantäne den Fall an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen, da die Annahme, eine bis zu sechs Wochen dauernde Absonderung sei bei einem unbefristeten, ungekündigten Arbeitsverhältnis außerhalb der Probezeit eine nicht erhebliche Zeit, nicht mit dem Bundesrecht vereinbar sei (Aktenzeichen 3 C 7/23).
Praxistipp: § 616 BGB ist abdingbar, es empfiehlt sich hierzu eine Regelung im Arbeitsvertrag zu treffen.