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Modernisierung des Personengesellschaftsrechts: Neue Regeln für OHGs und KGs seit 2024

Mit dem Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG), sind auf Personengesellschaften seit dem 1. Januar 2024 große Veränderungen und damit auch Herausforderungen zugekommen. Der Anpassungsbedarf, den diese Reform nach sich zieht, ist hoch individuell und unterschiedlich bei den verschiedenen Personengesellschaften.
Während der Großteil der Reform auf Änderungen bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR oder auch BGB-Gesellschaft genannt) abgezielt hat, verzichtet die Reform bei der Kommanditgesellschaft (KG) und der Offenen Handelsgesellschaft (OHG) auf einen radikalen Kurswechsel. Aber auch für diese Gesellschaftsformen ergeben sich Änderungen, die im nachfolgenden dargestellt werden.

Beschlussfassung und Beschlussfähigkeit

Es bleibt für die Personengesellschaft beim gesetzlichen Grundfall, dass Gesellschafterbeschlüsse einstimmig zu fassen sind. Der Gesellschaftsvertrag kann aber abweichende Mehrheitserfordernisse regeln. Zusätzlich regelt das Gesetz für die OHG und die KG nunmehr die Beschlussfähigkeit der Gesellschafterversammlung (§ 109 Abs. 4 HGB n.F.).
Sind Mehrheitsbeschlüsse nach dem Gesellschaftsvertrag zulässig, ist die Versammlung bereits dann beschlussfähig, wenn mit den Stimmen der anwesenden oder vertretenen Gesellschafter die vertraglichen Mehrheitserfordernisse erfüllt werden können. Nach der Gesetzesbegründung sind davon auch virtuelle Versammlungen wie zum Beispiel Videokonferenzen erfasst.

Neu gefasstes Beschlussmängelrecht

Bisher kannte das Personengesellschaftsrecht kein Beschlussmängelrecht. Es unterschied nicht zwischen nichtigen (von vornherein unwirksamen) und anfechtbaren (für unwirksam zu erklärenden) Gesellschafterbeschlüssen. Sofern ein Gesellschafterbeschluss gegen formelles oder materielles Recht verstieß, war er automatisch nichtig.
Dies hat sich mit dem MoPeG für Personenhandelsgesellschaften (§§ 110 ff. HGB n.F.) geändert. Das neue Recht orientiert sich am Beschlussmängelrecht für Aktiengesellschaften, d.h. ein Beschluss ist primär innerhalb einer Monatsfrist anfechtbar und nur in Ausnahmefällen nichtig.
Nichtigkeit ist nur noch für solche Beschlüsse vorgesehen, die ihrem Inhalt nach gegen zwingendes Gesetzesrecht verstoßen, auf dessen Einhaltung die Gesellschafter nicht verzichten können, oder die durch Urteil aufgrund einer Anfechtungsklage für nichtig erklärt wurden. Ein Verstoß gegen gesellschaftsvertragliche Vorgaben oder abdingbares Gesetzesrecht führt lediglich zur Anfechtbarkeit des Beschlusses.
Wird von dem Anfechtungsrecht nicht innerhalb der Anfechtungsfrist Gebrauch gemacht, wird ein ursprünglich anfechtbarer Beschluss endgültig wirksam. Die neuen gesetzlichen Regelungen können im Gesellschaftsvertrag – entsprechend den Bedürfnissen der Gesellschafter – abbedungen werden.
Geltend gemacht wird die Anfechtbarkeit bzw. die Nichtigkeit von Beschlüssen mit der Anfechtungs- bzw. Nichtigkeitsklage: Zuständig für diese Klagen ist ausschließlich das Landgericht, in dessen Bezirk die Gesellschaft ihren Sitz hat. Das führt dazu, dass ein Vorgehen gegen Beschlüsse immer einen Anwaltszwang bedeutet. Dessen ungeachtet bleibt es dabei, dass die Gesellschafter Schiedsverfahren auch für Beschlussmängelklagen vereinbaren können.
Die Klage ist gegen die Gesellschaft zu richten. Unterliegt die Gesellschaft, so hat sie – und damit auch der anfechtende Gesellschafter im Verhältnis seiner Beteiligung – die Prozesskosten zu tragen.
Jeder Gesellschafter ist, unabhängig von der Höhe seiner Beteiligung und seiner individuellen Betroffenheit, anfechtungsberechtigt. Die Klagefrist ist – mit dem Ziel schnellstmöglicher Rechtssicherheit – gesetzlich auf maximal drei Monate festgelegt. Sie kann gesellschaftsvertraglich auf bis zu einen Monat verkürzt, nicht aber verlängert werden.
Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem der Beschluss dem anfechtungsberechtigten Gesellschafter bekannt gemacht worden ist. Die Geltendmachung der Nichtigkeit eines Beschlusses erfolgt über die Nichtigkeitsklage. Für die Nichtigkeitsklage gelten die Regelungen der Anfechtungsklage entsprechend.

Änderungen bei der Einheits-KG

In der Praxis häufig anzutreffen ist die sog. Einheits-KG, bei der die KG selbst zugleich die alleinige Gesellschafterin ihrer persönlich haftenden Gesellschafterin, der GmbH, ist. § 170 Abs. 2 HGB n.F. sieht vor, dass die der KG zustehenden Gesellschafterrechte in der Gesellschafterversammlung der Komplementärgesellschaft durch die Kommanditisten wahrgenommen werden. Damit greift der Gesetzgeber einen bislang gänzlich ungeregelten Bereich auf.

Redaktionelle und terminologische Änderungen

Sowohl für die OHG als auch für die KG sieht das MoPeG einzelne redaktionelle und terminologische Änderungen vor.
Für die OHG wurde das HGB entschlackt und teilweile bekannte Regelungen neu verortet. So werden etwa die Regelungen zu Rechtsfähigkeit, Vertretung und Haftung an anderer Stelle kodifiziert. Die Regelungen zur Geschäftsführung und zum Aufwendungsersatz müssen hingegen zukünftig über den Generalverweis in § 105 Abs. 3 HGB n.F. aus dem Recht der GbR abgeleitet werden.
Im Interesse terminologischer Klarheit wird für die KG zukünftig deutlicher als bisher zwischen der im Innenverhältnis maßgeblichen „Einlage“ einerseits und der für die Höhe der Kommanditistenhaftung maßgeblichen „Haftsumme“ unterschieden. Für die Haftungssituation noch vor Eintragung der KG im Handelsregister ordnet § 176 Abs.1 Satz 1 HGB n.F. an, dass jeder Kommanditist, der dem Geschäftsbeginn zugestimmt hat, „gleich einem persönlich haftenden Gesellschafter“, (d.h. als Komplementär) haftet.
Ferner sollen Kommanditisten zukünftig nicht nur im Handelsregister eingetragen, sondern auch öffentlich bekannt gemacht werden, was einem gewandelten Transparenzverständnis Rechnung tragen soll. Ausgebaut wird ferner das allgemeine Auskunftsrecht des Kommanditisten (§ 166 HGB n.F.). Seine Ausübung setzt nunmehr keinen wichtigen Grund und auch keine gerichtliche Anordnung mehr voraus. Wie bisher bleiben Kommanditisten von der Geschäftsführung (§ 164 HGB – dispositiv) und der organschaftlichen Vertretung (§ 170 HGB zwingend) ausgeschlossen, was nunmehr auf die Liquidationsphase erstreckt wird (§ 178 HGB n.F.).
Eine weitere Änderung für die KG gibt es bei der Haftung. Die Möglichkeit des Kommanditisten, sich gegen ein (Rück-)Zahlungsansinnen mit dem Einwand zu wehren, er sei hinsichtlich der Auszahlung von Scheingewinn gutgläubig gewesen (§ 172 HGB), wurde gestrichen. Der Kommanditist wird dadurch strenger behandelt als ein Aktionär und dem GmbH-Gesellschafter gleichgestellt, der sich bei Rückzahlung der Stammeinlage ebenfalls nicht auf Gutgläubigkeit berufen kann, soweit der Betrag zur Gläubigerbefriedigung erforderlich ist.

Öffnung für die Freien Berufe

Bisher standen den Mitgliedern der freien Berufe die Offene Handelsgesellschaft, die Kommanditgesellschaft sowie die GmbH & Co. KG nicht als Rechtsformen zur Verfügung. Dies hat sich nunmehr geändert. Das MoPeG gestattet einer Gesellschaft, „deren Zweck die gemeinsame Ausübung freier Berufe durch ihre Gesellschafter ist“, die Eintragung ins Handelsregister (§107 Abs. 1 Satz 2 HGG n.F.).
Allerdings steht die Wahlmöglichkeit unter dem Vorbehalt, dass „das anwendbare Berufsrecht die Eintragung zulässt“. Insofern bleibt abzuwarten, inwiefern die Ausübung der freien Berufe durch Änderung der jeweiligen berufsrechtlichen Regelungen zugelassen wird. Beispielsweise für Rechtsanwälte wird dies nach der letzten Reform der berufsrechtlichen Regelungen der Fall sein.
Welche Berufsordnungen dies zusätzlich gestatten werden, bleibt abzuwarten. Jedenfalls sollen die Risiken einer Haftungsbeschränkung gegenüber dem Rechtsverkehr durch entsprechende Versicherungsabsicherung oder Kapitalvorgaben abgemildert werden.