Künstliche Intelligenz im Sachverständigenwesen

So viel geballtes Expertentum in unserer Alten Schalterhalle! Für die IHK Köln sind insgesamt 250 Sachverständige in allen Gebieten der Wirtschaft bestellt. Viele davon waren gekommen, um sich über die Chancen und Risiken von Künstlicher Intelligenz in ihrem Bereich zu informieren.
Prof. Dr. Elmar Schuhmacher, IHK-Vizepräsident und Vorsitzender des Sachverständigenausschusses, brachte die Situation in seiner Begrüßung auf den Punkt: „Für Weihnachtsgedichte und Co. ist Chat GPT geeignet, wir sind aber in einem anderen Bereich. Man soll sich nicht der Zukunft verschließen, aber es lauern Risiken.“ Er selbst sei bei seiner Arbeit als Rechtsanwalt schon auf ChatGPT und falsche Quellenangaben hereingefallen. Die Versuchung sei sehr groß, weil KI als etwas verkauft werde, das das Leben leichter macht. Aber: „Gerade Sie als Sachverständige sitzen hier, weil Ihre Kompetenz und ihr Sachverstand gefordert sind. KI kann nicht ersetzen, was Sie können und damit zum Vertrauen in die Justiz beitragen.“
Gerade in der Justiz müsse man besonders vorsichtig im Umgang mit KI sein. „Wenn einem die KI ein Urteil auswirft, sieht das erstmal korrekt aus, ist es aber meist nicht. Es besteht die Gefahr, dass man sich der süßen Versuchung hingibt. Zudem entsteht ein Ankereffekt, man ist voreingenommen und richtet sich danach“, berichtete Dr. Christian Altgen, Richter am OLG Köln, von seinen Erfahrungen. KI könne man zum Beispiel für das Dokumentenmanagement oder Anonymisieren von Urteilen nutzen. „Aber am Ende ist der Mensch der Gutachter!“, machte Altgen klar.
Rechtsanwalt Marek van Hattem wies darauf hin, dass Sachverständige bei ihrer Arbeit unbedingt die Quellen überprüfen müssten. KI könne nützlich sein für die Unfallrekonstruktion, Bilanzierung und Schadenskalkulation, müsse aber immer mit dem Expertenwissen kombiniert werden.
Der IT-Sachverständige Prof. Stefan Wagenpfeil berichtete zudem, dass bei jeder KI-Anwendung die Auswahl der Trainingsdaten entscheidend für das Ergebnis sei, eine KI also nicht neutral sei. Die KI werde darauf trainiert, immer Antworten zu geben, da der Belohnungseffekt größer als der Bestrafungseffekt sei. So entstünden immer wieder Halluzinationen, weshalb eine korrekte Quellenangabe in Zukunft immer wichtiger werde. KI könne Routine- und Assistenzaufgaben effizient übernehmen, aber niemals das Expertenwissen der Sachverständigen ersetzen. Wagenpfeil: „Sachverständigenwesen bedeutet jahrelange Berufserfahrung und tiefe, fachliche Experteneignung. Lassen Sie sich das nicht nehmen!“
Auch Elmar Schuhmacher ist sich sicher, dass die Authentizität der Sachverständigen nicht durch KI ersetzt werden wird, denn: „Wissen kann jeder. Erfahrung ist das andere.“