IHKplus Ausgabe 03.2023

Kohleausstieg 2030 um jeden Preis? Nicht mit uns!

Es sollte ein harmonischer Festakt mit schönen Bildern werden. Am 30. Mai wurde im Hugo Junkers Hangar in Mönchengladbach der Reviervertrag 2.0 unterschrieben. Die „Zukunftsagentur Rheinisches Revier“ hatte dazu Mitglieder der Landesregierung, der Kommunalpolitik und aus Kammern und Verbänden eingeladen.
Doch im Vorfeld der Veranstaltung sorgte die Nachricht, dass die IHK Köln den Vertrag nicht mitunterzeichnen würde, für großen medialen Wirbel. Bis „hoch“ zur Tagesschau schwappte die Welle.

Gute Gründe – mit Ansage

Die Nachricht kam für die Landesregierung allerdings nicht überraschend. Die Sorge um die fehlenden Gigawatt – und damit um die Energiesicherheit in der Region – war bereits auf dem Neujahrsempfang der IHK Köln Anfang Januar ein prägendes Thema. Ende April informierte die IHK Köln dann die Beteiligten darüber, dass sie den Vertrag so nicht mitunterzeichnen könne. Ministerpräsident Wüst wurde mit einem Schreiben durch Präsidentin und Hauptgeschäftsführer persönlich informiert. Denn für die die fehlende IHK-Köln-Unterschrift gab es gute und ernste Gründe: Im Reviervertrag 2.0 steht, dass die Unterzeichner den vorgezogenen Kohleausstieg 2030 „ausdrücklich unterstützen“. Das tut die IHK Köln jedoch ausdrücklich nicht.
„Natürlich stehen wir, genau wie die Unternehmen in unserer Region, hinter der Energiewende und setzen uns für die nachhaltige Transformation der Wirtschaft ein. Große Teile des Rheinischen Reviers gehören zu unserem IHK-Bezirk. Wir setzen uns bereits seit Jahren dafür ein, dass der Strukturwandel dort funktioniert. Denn hier geht es um sichere Energie und um Arbeitsplätze. Und gerade in diesem Zusammenhang sind Realismus und Glaubwürdigkeit ein besonders hohes Gut“, betont Dr. Nicole Grünewald, Präsidentin der IHK Köln.

Keine Antworten – keine Strategie

„Wir haben in den letzten Monaten viele Gespräche zu dem Thema geführt, sowohl mit unseren Mitgliedsunternehmen als auch mit der Politik“, so Grünewald weiter, „doch niemand konnte uns plausibel darlegen, wie der Strukturwandel im Rheinischen Revier mit der Schaffung der relevanten Arbeitsplätze und dem Zubau von genug Erneuerbaren für eine sichere und bezahlbare Energie innerhalb von nur 6½ Jahren möglich sein soll.“ Das führe dazu, dass die Mitgliedsunternehmen in Sorge um Energie-Verfügbarkeit und -Kosten seien und deshalb auch offen den Standort NRW in Frage stellen würden.
„NRW muss Industrieland bleiben. Deshalb fordern wir für unsere Unternehmen eine faktenbasierte und nachvollziehbare Strategie, wo 2030 sichere, bezahlbare und grüne Energie herkommen soll. Diese liegt uns zurzeit nicht vor. Doch unsere Unternehmen brauchen Planbarkeit“, so Hauptgeschäftsführer Dr. Uwe Vetterlein. Dass Strukturwandel Zeit braucht, zeige die Entwicklung im Ruhrgebiet. Zurzeit beschäftigt die Braunkohleverstromung noch ca. 15.000 Menschen – darunter auch viele, die in kleinen Dienstleistungsbetrieben arbeiten. „Wir sehen im Moment nicht, wie innerhalb von nur 6½ Jahren neue, adäquate Arbeitsplätze in dieser Größenordnung entstehen sollen. Die brauchen wir aber, damit das Rheinische Revier weiter stark bleibt“, fordert Vetterlein.
Eine aktuelle Studie des Energiewirtschaftlichen Instituts an der Uni Köln kommt zu dem Ergebnis, dass 1.500 Windräder, Photovoltaikanlagen in der Größenordnung von 15.000 Fußballfeldern und acht sehr große Gaskraftwerke gebraucht würden, um die Energielücke zu schließen, die durch das Abschalten der Kohlekraftwerke im Jahr 2030 entstehen würde. Es dauere zurzeit aber allein sieben Jahre, bis ein Windrad steht. Damit ein Kohleausstieg bis 2030 funktionieren könne, müssten also bereits in diesem Jahr alle Genehmigungsanträge vorliegen.
Wie das gelingen soll? Die Verantwortlichen hüllen sich in Schweigen ...
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