Aufbewahrungsfristen für geschäftliche Unterlagen
- Wer ist zur Aufbwahrung von geschäftlichen Unterlagen verpflichtet?
- Wo finden sich die gesetzlichen Regelungen?
- Welche geschäftlichen Dokumente müssen aufbewahrt werden?
- Wann beginnen die Aufbewahrungsfristen?
- Wann enden die Aufbewahrungsfristen?
- Wie lang sind die Aufbewahrungsfristen?
- In welcher Form müssen die geschäftlichen Unterlagen aufbewahrt werden?
- Wo müssen die Unterlagen aufbewahrt werden?
- Welche Folgen hat ein Verstoß gegen die Aufbewahrungspflichten?
Wer ist zur Aufbwahrung von geschäftlichen Unterlagen verpflichtet?
Grundsätzlich ist jeder Gewerbetreibende verpflichtet, geschäftliche Unterlagen für einen bestimmten Zeitraum aufzubewahren. Diese Pflicht betrifft insbesondere Personen, die nach Handelsrecht (§§ 238 ff. HGB) oder Steuerrecht (§§ 140 ff. AO) zur Buchführung verpflichtet sind. Darüber hinaus sind auch Unternehmer betroffen, die freiwillig Bücher führen oder Abschlüsse machen.
Nach § 141 Abs. 1 AO sind Gewerbetreibende, Land- und Forstwirte zur Buchführung verpflichtet, wenn sie:
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mehr als 600.000 € Umsatz im Kalenderjahr oder
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mehr als 60.000 € Gewinn im Wirtschaftsjahr erzielen.
In Ausnahmefällen können Erleichterungen bewilligt werden (§ 148 AO).
Wo finden sich die gesetzlichen Regelungen?
Die gesetzlichen Grundlagen für die Aufbewahrungspflichten finden sich im Handelsgesetzbuch (HGB) und in der Abgabenordnung (AO):
- Handelsrechtlich: § 257 HGB
- Steuerrechtlich: § 147 AO
Beide Regelwerke enthalten weitgehend deckungsgleiche Vorschriften hinsichtlich der Art der aufzubewahrenden Unterlagen und der Aufbewahrungsfristen. Daneben finden sich etliche gesetzliche Spezialregelungen.
Welche geschäftlichen Dokumente müssen aufbewahrt werden?
Unterlagen, die der Steuerpflichtige aufheben muss, sind in § 147 Abs. 1 AO genau aufgelistet, die eines Kaufmanns in § 257 Abs. 1 HGB.
§ 147 AO |
§ 257 HGB |
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Problematisch ist in der Praxis die richtige Einordnung der Unterlagen. Im Einzelnen:
Zu den Büchern (Handelsbüchern) und Aufzeichnungen gehören das Grundbuch/Journal sowie Haupt- und Nebenbücher, wobei Letztere bei der doppelten Buchführung in Form von Konten geführt werden, mithin sämtliche Aufzeichnungen, die einen Überblick über die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens geben. Bei der "Offene-Posten-Buchhaltung” (kontenblattlose Buchhaltung, die einen guten Überblick über den aktuellen Stand von Forderungen und Verbindlichkeiten gibt) ersetzen Belege die sonst zu führenden Konten. Hierbei kommt es nur darauf an, ob die Bücher für die Besteuerung irgendwie von Bedeutung sind.
Inventare sind Aufzeichnungen über die körperliche und wertmäßige Bestandsaufnahme aller Vermögensgegenstände und Schulden. Je nach Art und angewandtem Verfahren müssen zusätzlich Inventuranweisungen, Verfahrensbeschreibungen o.ä. Aufzeichnungen aufbewahrt werden. Nach AO und HGB sind die Arbeitsanweisungen und Organisationsvorschriften aufzubewahren, die zum Verständnis der Bücher etc. notwendig sind. Hierunter fallen auch Unterlagen, die die Technik eines DV-Buchführungssystems erläutern.
Als Geschäftsbrief (Handelsbrief) gilt jegliche Korrespondenz, die die Vorbereitung, die Durchführung oder die Rückgängigmachung eines Geschäftes bzw. eines Handelsgeschäftes zum Gegenstand hat. Unter den Begriff “Geschäftsbriefe” fallen jedoch nicht nur Briefe im herkömmlichen Sinne, also per Post abgesandte Schriftstücke, sondern auch elektronische Nachrichten: E-Mails, Faxe, Telegramme etc. Korrespondenz, die nicht zum Abschluss eines Geschäfts geführt hat (zum Beispiel nicht erfolgreiche Angebote, Werbeflyer, Prospekte), ist kein Handels-/Geschäftsbrief.
Buchungsbelege sind alle Unterlagen, die einzelne Geschäftsvorfälle dokumentieren und damit Grundlage der einzelnen Eintragung in die Geschäftsbücher und für die sonstigen Aufzeichnungen sind. Sie haben die Funktion nachzuweisen, dass einem gebuchten Sachverhalt auch ein tatsächlich existierender Geschäftsvorfall zugrunde liegt ("Keine Buchung ohne Beleg"). Diese Definition hat eine relativ große Bandbreite und erfasst in der Regel u.a. Rechnungen, Beitrags- und Steuerbescheide, Verträge, Lohn- und Gehaltslisten und alle sonstigen Unterlagen aus dem operativen Geschäft, die einen konkreten Auswirkung auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage dokumentieren. Oft sind externe Buchungsbelege zugleich auch Geschäftsbriefe.
Sonstige Unterlagen sind beispielsweise Kalkulationsunterlagen, Ausfuhrbelege, Bewertungen von Eigenleistungen, Registrierkassenstreifen, Kassenzettel, Personalunterlagen etc. Diese müssen sich nicht auf konkrete Geschäftsvorfälle beziehen; es reicht vielmehr aus, dass sie in irgendeiner Form “für die Besteuerung von Bedeutung” sind. Speziell geregelt ist in § 14b UStG die Aufbewahrung von Rechnungen. Danach hat ein Unternehmer ein Doppel der Rechnungen, die er selbst oder ein Dritter in seinem Namen und auf seine Rechnung ausgestellt hat, sowie alle Rechnungen, die er erhalten hat oder die ein Leistungsempfänger oder in dessen Namen und für dessen Rechnung ein Dritter ausgestellt hat, aufzubewahren. Dies gilt auch in Fällen, in denen die Steuerschuld auf den letzten Abnehmer bzw. den Leistungsempfänger verlagert ist.
Wann beginnen die Aufbewahrungsfristen?
Die Aufbewahrungsfristen beginnen mit dem Schluss des Kalenderjahres, in welcher das Dokument erstellt oder empfangen wurde.
Wann enden die Aufbewahrungsfristen?
Die Aufbewahrungsfristen enden mit dem Ende des Kalenderjahres nach 6, 8 oder 10 Jahren.
Wie lang sind die Aufbewahrungsfristen?
Eine 10-jährige Aufbewahrungsfrist (§ 147 Abs. 3 i. V. m. Abs. 1 Nr. 1, 4 und 4a AO) gilt für: |
Eine 8-jährige Aufbewahrungsfrist (bis Ende 2024 betrug die Frist 10 Jahre) gilt für: |
Eine 6-jährige Aufbewahrungsfrist gilt für alle anderen aufbewahrungspflichtigen Geschäftsunterlagen: |
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Hinweis zu den Änderungen gemäß dem Vierten Bürokratieentlastungsgesetzes (BEG IV): Die Verkürzung der Aufbewahrungsfrist für Buchungsbelege von 10 auf 8 Jahre gilt für Belege, deren Aufbewahrungsfrist ab dem 1. Januar 2025 beginnt.
In bestimmten Fällen können sich die Fristen verlängern, z. B. bei schwebenden steuerlichen Verfahren, Außenprüfungen oder bei Verdacht auf Steuerhinterziehung (§§ 169 ff. AO).
In welcher Form müssen die geschäftlichen Unterlagen aufbewahrt werden?
Es gibt unterschiedliche Formen der Aufbewahrung von Dokumenten:
- Originalform: Jahresabschlüsse und Eröffnungsbilanzen sind im Original aufzubewahren (§ 147 Abs. 2 AO).
- Alle Rechnungen sowie Handels- und Geschäftsbriefe, Buchungsbelege und sonstige Unterlagen, soweit sie für die Besteuerung relevant sind, können nach § 147 Abs. 2 AO auch als Wiedergabe auf einem Bildträger oder auf anderen Datenträgern aufbewahrt werden, wenn dies den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung (GoBD) entspricht und die inhaltliche Übereinstimmung sowie die jederzeitige Verfügbarkeit (einschließlich der Möglichkeit zur unverzüglichen Lesbarmachung und maschinellen Auswertung) gemäß § 147 Abs. 2 Nr. 1, 2 AO gewährleistet sind. Bei den empfangenen Handels- und Geschäftsbriefen und den Buchungsbelegen (dazu gehören auch Rechnungen) muss zudem sichergestellt werden, dass die Daten mit den Originalen auch bildlich übereinstimmen, wenn die Daten lesbar gemacht werden.
- Besonderer Hinweis: Thermopapierbelege können mit der Zeit verblassen. Es wird empfohlen, solche Belege zu kopieren und die Kopien zusammen mit den Originalen aufzubewahren.
- Werden relevante Unterlagen elektronisch übermittelt, muss der Empfänger sie grundsätzlich im übermittelten Format aufbewahren. Eine Umwandlung in ein anderes Format ist zulässig, wenn die maschinelle Auswertbarkeit nicht beeinträchtigt wird und keine inhaltliche Veränderung erfolgt (s. BMF-Schreiben vom 28.11.2019 - IV A 4 - S 0316/19/10003).
- Für den strukturierten Teil einer E-Rechnung im Sinne von § 14 Abs. 1 S. 1, 3, 6 Nr. 1 und 2 UStG gilt, dass das strukturierte elektronische Format, also der strukturierte Teil der E-Rechnung stets in seiner ursprünglichen Form gespeichert und die Unveränderlichkeit sichergestellt werden muss. Eine Umwandlung und Speicherung in einem anderen Format ist insoweit also hier nicht zulässig (s. BMF-Schreiben vom 15.10.2024 III C 2 - S 7287 -a/23/10001; Rdn. 60.)
- Der Grundsatz der inhaltlichen und bildlichen Übereinstimmung im Rahmen einer elektronischen Speicherung von Geschäftsunterlagen bedeutet in allen Fällen, dass die Speicherung revisionssicher erfolgen muss, also im Wesentlichen so, dass die gespeicherten Daten nicht mehr nachträglich geändert werden können oder Änderungen zumindest eindeutig kenntlich sind bei der Auslesung, so dass insbesondere auch gewährleistet ist, dass die Finanzverwaltung stets Zugriff auf die (unveränderten und daher inhaltlich richtigen) Originale hat.
- Elektronisch übermittelte Daten und Rechnungen müssen Echtheit gewährleisten können. Erreicht werden kann dieses, wenn alle Daten zu dem Vorgang zusammen aufgehoben werden.
Wo müssen die Unterlagen aufbewahrt werden?
- Die steuerrechtlichen Vorgaben besagen, dass die Unterlagen in Deutschland aufgehoben werden müssen (vgl. § 146 Abs. 2 AO). Die Finanzbehörde kann nach § 146 Abs. 2a AO einem schriftlichen Antrag zustimmen, dass die Dokumente außerhalb Deutschlands geführt und aufbewahrt werden können.
- Nach dem Handelsgesetzbuch gibt es keine spezifischen Vorgaben zum Aufbewahrungsort, jedoch müssen die Unterlagen bei Bedarf innerhalb angemessener Zeit vorgelegt werden können (§ 239 Abs. 4 HGB).
Welche Folgen hat ein Verstoß gegen die Aufbewahrungspflichten?
Grundsätzlich trifft den Steuerpflichtigen die Darlegungs- und Beweislast für steuerentlastende oder -mindernde Tatsachen.
Verstöße gegen die Aufbewahrungspflicht stellen zugleich Verstöße gegen Buchführungs- bzw. Aufzeichnungspflichten dar. Sofern aufbewahrungspflichtige Unterlagen nicht zur Verfügung stehen, kann die Finanzbehörde wegen fehlender Beweiskraft der Buchführung die Besteuerungsgrundlagen schätzen (§ 162 AO). Hierfür könnten zum Beispiel Branchenvergleichszahlen zum Buchungsbestand als Grundlage genommen werden.
Hinweis
Dieses Merkblatt soll – als Service Ihrer IHK Koblenz – nur erste Hinweise geben und erhebt daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Obwohl es mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurde, kann eine Haftung für die inhaltliche Richtigkeit nicht übernommen werden.
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