Recht und Steuern

Vergleich - Deutsches Kaufrecht und UN-Kaufrecht

Deutsches Kaufrecht und UN-Kaufrecht

Beide Rechtsgebiete sind sehr umfangreich. Deshalb werden hier nur die wichtigsten Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen beiden Rechtssystemen aufgezeigt.
Verwendete Abkürzungen:
  • BGB Bürgerliches Gesetzbuch
  • HGB Handelsgesetzbuch
  • CISG UN-Kaufrecht (United Nations Convention on Contracts for the International Sale of Goods)
  • kBS kaufmännisches Bestätigungsschreiben

 I. Das Zustandekommen des Vertrages

Deutsches Recht
UN-Kaufrecht
1. Das Angebot
Ein Angebot muss so bestimmt sein, dass der Vertragspartner es mit einem einfachen „Ja” annehmen kann. Ware, Menge, Preis müssen bestimmt oder bestimmbar sein, (Gewohnheitsrecht).
Das Angebot muss sich an eine bestimmte Personengruppe (oder Person) richten, die Ware muss bezeichnet und Menge und Preis müssen bestimmt oder bestimmbar sein, Art. 14 Abs. 1 CISG.
2. Abweichung vom Angebot
Weicht der Vertragspartner vom Angebot ab, kommt kein Vertrag zustande, sondern der Vertragspartner macht gegenüber dem Anbieter ein eigenes neues Angebot, § 150 Abs. 2 BGB
Unterscheidung: Bei einer wesentlichen Abweichung kommt kein Vertrag zustande; neuer Antrag wie im deutschen Recht. Bei einer unwesentlichen Abweichung kommt ein Vertrag zustande, wenn der andere Vertragspartner nicht unverzüglich mangelnde Übereinstimmung beanstandet, Art. 19 Abs. 2 CISG.
Wesentlich: Änderung der/des : Preises, Art der Bezahlung, Qualität/Menge der Ware, Ortes/Zeit der Lieferung, Haftung, Streitbeilegungsregelungen, Art. 19 Abs. 3 CISG.
3. Einbeziehung von AGB (Allgemeine Geschäftsbedingungen)
Nach § 305 Abs. 2 BGB genügt der Hinweis auf die AGB, so dass der Vertragspartner in zumutbarer Weise Kenntnis von deren Inhalt erlangen kann.
Nach Art. 14 CISG genügt der Hinweis auf die AGB nicht. Die Parteien müssen sich über die Einbeziehung der AGB einigen, sonst sind sie nicht Vertragsbestandteil geworden. Die ABG müssen also bereits Bestandteil des Angebots sein. Ein Hinweis auf die AGB genügt nur, wenn die AGB zusammen mit dem Angebot versendet werden. Eine Annahmeerklärung, die erstmalig AGB enthält ist bei wesentlichen Änderungen keine Annahme, sondern ein neues Angebot. Bei unwesentlichen Änderungen kann es eine Annahme sein.
4. Widerruf eines Angebots
Im deutschen Recht ist der Anbieter an sein Angebot gebunden, sobald dieses dem Anderen zugegangen ist, §§ 130 Abs. 1, 145 BGB.
Das Angebot kann auch noch nach Zugang widerrufen werden, wenn der Andere seine Annahmeerklärung noch nicht abgeschickt hat, Art. 15, 16 Abs. 1 CISG.
Ein Angebot kann jedoch nicht widerrufen werden,wenn es durch Bestimmung einer festen Frist zur Annahme oder auf andere Weise zum Ausdruck bringt, daß es unwiderruflich ist, oder wenn der Empfänger vernünftigerweise darauf vertrauen konnte, daß das Angebot unwiderruflich ist, und er im Vertrauen auf das Angebot gehandelt hat, Art. 16 Abs. 2 CISG.
5. Kaufmännisches Bestätigungsschreiben (kBS)
In Deutschland ist es gewohnheitsrechtlich anerkannt. Schweigt der Vertragspartner auf ein kBS, dann gilt der Vertrag mit dem Inhalt des kBS.
Im CISG ist das kBS nicht geregelt, da es in vielen anderen Ländern unüblich ist. Hier sollte auf die genaue Formulierung geachtet werden, um den Vertragspartner nicht zu verwirren. Ist der bloß klarstellende Inhalt nicht eindeutig zu erkennen, kann es als eigenständiges/abgeändertes Angebot bzw. bereits als Annahme! des gemachten Angebotes verstanden werden und gelten, Art. 8, 9 CISG.
Ob das kBS die gleiche Wirkung wie in Deutschland hat, hängt davon ab, ob es im Land des VP einen ähnlichen Brauch gibt und der Vertragsparter aufgrund häufiger Geschäftsbeziehungen oder aufgrund der Vereinbarung dieses Brauches im Vertrag die Wirkung des kBS kennt. Gleiche Wirkung wie in Deutschland hat das kBS in Dänemark, Polen, Türkei, Schweiz und Teilen der USA. Die meisten Gerichte messen dem kBS aber zumindest eine Beweisfunktion zu.

II. Die Leistungserbringung

Deutsches Recht
UN-Kaufrecht
1. Ort der Lieferung

Dieser Teil des Vertrages wird meist durch INCOTERMS abgeändert.
Wenn im Vertrag nichts anderes geregelt ist, dann ist die Leistung (sowohl Ware als auch Zahlung) an dem Ort zu erbringen, an dem der Leistende seine Niederlassung hat, § 269 BGB. (also Verkäufer bei sich, Käufer bei sich).
Im UN-Kaufrecht wird zwischen der Warenlieferung und der Geldleistung unterschieden:
a) Die Ware ist nach Art. 31 c) CISG bei fehlender Vereinbarung am Ort der Niederlassung des Verkäufers oder am Produktionsort zu erbringen. Dann muss der Käufer die Ware beim Verkäufer holen. Obwohl in diesem Fall als auch im Fall der Lieferung durch ein Transportunternehmen der Lieferort beim Verkäufer liegt, fallen die Gerichtsstände nach EU-Recht auseinander. Die Abholung bringt dem deutschen Verkäufer nach EU-Recht (§ 5 Nr. 1. a EUGVO) einen deutschen Gerichtsstand – und dem deutschen Verkäufer auch noch deutsches Recht; also eine für den deutschen Verkäufer optimale Regelung. Für einen deutschen Käufer ist diese Lösung allerdings die schlechteste Lösung: ausländischer Gerichtsstand und eventuell ausländisches Recht. Bei der Versendung und wenn der Verkäufer selbst die Ware transportiert, liegt nach EU-Recht der Gerichtsstand am Ort des Lieferziels.
b) Die Geldleistung ist nach Art. 57 Abs. 1 b) CISG beim Verkäufer zu erbringen. Hieraus wird aber für Geschäfte innerhalb der EU kein eigener Gerichtsstand begründet.
2. Zeitpunkt der Lieferung
Nach § 271 BGB kann eine Zeit für die Lieferung bestimmt werden. Davor braucht der Schuldner nicht zu liefern. Fehlt diese Vereinbarung, dann hat der Schuldner sofort zu liefern.
Die Regelung in Art. 33 CISG ist ganz ähnlich. Man kann einen Zeitpunkt vereinbaren, zu dem geliefert werden muss (Abs. 1), man kann einen Zeitraum vereinbaren, innerhalb dessen geliefert werden muss (Abs. 2) oder – hier besteht der Unterschied – es ist innerhalb einer angemessenen Zeit zu liefern. Im Endeffekt muss bei einer bereits vorhandenen Ware umgehend mit den Exportvorbereitungen angefangen werden.

III. Leistungsstörung

Deutsches Recht
UN-Kaufrecht
1. Rügeobliegenheit / Rügepflicht
Nach § 377 HGB muss der Käufer die Ware unverzüglich prüfen und den Mangel unverzüglich anzeigen. Zeigt sich ein Mangel später, muss er die Anzeige unverzüglich nachholen.
Das UN-Kaufrecht regelt in den Art. 38, 39, 43 CISG ebenfalls eine Untersuchungspflicht des Käufers. Das Recht die Vertragsgemäßheit der Ware zu rügen, erlischt nach Art. 39 Abs.2 zwei Jahre nach Übergabe der Ware. Die Rüge ist innerhalb einer angemessenen Frist zu erheben, Art. 39 Abs. 1. Wenn der Käufer nicht innerhalb der angemessenen Frist einen Rechtsmangel rügt, dann sind seine Rechte nach Art. 43 Abs.1 ebenfalls ausgeschlossen.
2. Beweislast
Nach § 363 BGB muss der deutsche Käufer beweisen, dass ein Mangel vorliegt und dass dieser bereits bei Gefahrübergang vorlag (Ausnahme  bei Gebrauchsgüterkäufen).
Auch im UN-Kaufrecht muss der Käufer beweisen, dass die Sache mangelhaft ist und dass der Mangel bereits bei Gefahrübergang vorlag.
3. Sachmängel
a) Ein Sachmangel nach § 434 BGB liegt vor, wenn die Ware:
  1. nicht der vereinbarten Beschaffenheit entspricht,
  2. sich nicht zur vertraglich vorausgesetzten Verwendung eignet,
  3. sie sich nicht zur gewöhnlichen Verwendung eignet und nicht die Beschaffenheit besitzt, die bei Sachen gleicher Art üblich ist und die der Käufer erwarten kann
  4. falsch beschrieben oder beworben wurde
  5. die Montage unsachgemäß durchgeführt wurde oder die Montageanleitung mangelhaft war
  6. eine andere Sache oder eine zu geringe Menge geliefert wurde
b) Im deutschen Recht ist die Mangelhaftigkeit der Ware im Zweifel aus Sicht des Käufers zu beurteilen.
a) Nach Art. 35 CISG hat der Verkäufer die Ware in Menge, Qualität, Art und Verpackung zu liefern, die den Anforderungen des Vertrages entspricht:
  1. Die Vertragspartner können eine abweichende Beschaffenheit vertraglich vereinbaren. Fehlt eine abweichende Vereinbarung, dann muss die Ware:
  2. sich für den Zweck eignen, für den Sachen gleicher Art gewöhnlich gebraucht werden oder
  3. sich für einen von den Parteien bei Vertragsschluss vereinbarten Zweck eignen und
  4. mit der vorgelegten Probe oder dem Muster übereinstimmen und
  5. in der üblichen oder in der für Erhaltung und Schutz der Ware angemessenen Weise verpackt sein.
Der entscheidende Unterschied ist also die Übereinstimmung mit einer Probe/einem Muster und die Verpackung.
b) Im UN-Kaufrecht wird für die Beurteilung der Mangelhaftigkeit zum Teil auf die Sicht des Verkäufers abgestellt, zumindest soweit es sich um die Verletzung von gesetzlichen Bestimmungen handelt, die im Land des Käufers gelten, denn diese muss der Verkäufer nicht kennen.
4. Rechtsmangel (z. B. Schutzrechte eines Dritten)
Nach § 442 haftet der Verkäufer für den Rechtsmangel nur, wenn der Käufer diesen nicht kannte.
Für Rechtsmängel, die nicht gewerbliche Rechte oder geistiges Eigentum verletzen, haftet der Verkäufer nach Art. 41 CISG wie im deutschen Recht verschuldensunabhängig. Ebenso sind die Rechte des Käufers bei dessen Kenntnis ausgeschlossen, Art. 43 Abs. 2.
Besonderheit des UN-Kaufrechts: Für die Verletzung gewerblicher Schutzrechte und geistigen Eigentums haftet der Verkäufer nach Art. 42 nur, wenn er diese kannte oder kennen musste und wenn sie in dem Land bestehen, in dem die Ware weiterverkauft oder genutzt werden soll, oder stattdessen in dem der Käufer seine Niederlassung hat.
Nach Art. 41 CISG wird der Verkäufer nicht durch die Kenntnis des Käufers von der Haftung frei, sondern nur, wenn der Käufer eingewilligt hat, die mit einem Anspruch behaftete Ware anzunehmen.

IV. Rechte des Verkäufers/Käufers bei Leistungsstörung

Deutsches Recht
UN-Kaufrecht
1. Recht der zweiten Andienung
Das Fristsatzerfordernis bei Rücktritt und Minderung nach § 440 BGB führt zum Recht der zweiten Andienung für den Verkäufer.
Im UN-Kaufrecht ist das Recht der zweiten Andienung nicht ausdrücklich geregelt.
Aber, solange der Käufer den Kaufvertrag nicht wirksam aufgelöst hat, kann der Verkäufer auch nach dem Liefertermin noch (nach)erfüllen, Art. 48 Abs. 1 CISG. Das Recht parallel Schadensersatz zu verlangen, wird durch Art. 48 Abs. 1 CISG aber nicht ausgeschlossen.
2. Nacherfüllung
Nach § 439 BGB hat der Käufer bei jedem Mangel das Recht auf Nachlieferung oder Nachbesserung (Wahl des Verkäufers).
Nach Art. 46 CISG hat der Käufer das Recht auf Nachlieferung nur bei wesentlichen Vertragverletzungen. Bei nicht wesentlichen Vertragsverletzungen hat er nur das Recht auf Nachbesserung, falls dies dem Verkäufer zumutbar ist. Ist Nachbesserung nicht zumutbar, bleiben nur die Ansprüche auf Minderung des Kaufpreises und Schadensersatz.
3. Schadensersatz
a) Schadensersatz muss der Verkäufer nach § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB nur leisten, wenn er nicht beweisen kann, dass er die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
b) Der Letztverkäufer kann nach §§ 478, 479 BGB bis fünf Jahre nach der Lieferung gegen seinen Lieferanten vorgehen, wenn er von einem Verbraucher wegen eines Mangels der Ware in Anspruch genommen wurde. Eine anderweitige Vereinbarung ist nur wirksam, wenn dadurch dem Letztverkäufer ein gleichwertiger Ausgleich gewährt wird, § 478 Abs. 4 S. 1 BGB.
a) Im UN-Kaufrecht ist Verschulden nicht erforderlich, wenn die Verletzung vertraglicher Pflichten feststeht (Garantiehaftung). Nach Art. 79 CISG ist die Haftung des Verkäufers jedoch ausgeschlossen, wenn der Hinderungsgrund außerhalb seines Einflussbereichs liegt.
b) Auch nach UN-Kaufrecht kann der Lieferant vom Letztverkäufer in Regress genommen werden. Allerdings ist dieser Anspruch zwei Jahre nach der Lieferung bereits ausgeschlossen, Art. 39 Abs. 2 CISG. Die Ausschlussfrist läuft auch während anderer Rechtsbehelfe (z.B. Nachlieferung) weiter, wohingegen im deutschen Recht in einem solchen Fall immer der Ablauf der Frist unterbrochen (gehemmt) wird.
4. Haftungsumfang
Im BGB gibt es keine gesetzliche Haftungsbeschränkung.
Nach Art. 74 Satz 2 CISG ist der Haftungsumfang auf das bei Vertragsschluss abschätzbare Haftungsrisiko beschränkt.
5. Rücktritt
Nach §§ 437 Nr. 2, 326 Abs. 5, 323 BGB ist Rücktritt vom Vertrag bei einer Pflichtverletzung generell möglich. Bei einer unerheblichen Pflichtverletzung ist Rücktritt jedoch ausgeschlossen, § 323 Abs. 5 BGB.
Nach Art. 49 CISG ist Rücktritt auch hier nur möglich, wenn eine wesentliche Pflichtverletzung vorliegt.
6. Minderung
Nach § 437 Nr. 2, 441 BGB kann der Käufer bei Mangelhaftigkeit der Ware den Kaufpreis mindern. Nachlieferung bzw. Nachbesserung gehen der Minderung allerdings vor. Nur wenn der Verkäufer diese ablehnt oder sie fehlschlägt, darf gemindert werden.
Liegt ein Mangel vor, dann kann der Käufer nach Art. 50 CISG den Kaufpreis mindern.
Behebt der Verkäufer den Mangel durch Nacherfüllung nach Art. 37 oder 48, oder weigert sich der Käufer die im Rahmen der Erfüllung/Nacherfüllung (Art. 37, 48) erbrachte Ware anzunehmen, verliert der Käufer das Recht auf Minderung des Kaufpreises, Art. 50 Satz 2 CISG.
7. Ausschluss der Gewährleistung
Nach § 442 BGB ist die Haftung des Verkäufers für jede Art von Mangel ausgeschlossen, wenn der Käufer den Mangel kannte. Kannte der Käufer den Mangel grob fahrlässig nicht, dann kann er seine Rechte nur geltend machen, wenn der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen hat oder eine diesbezügliche Garantie übernommen hat.
a) Art. 35 Abs. 3 CISG schließt – genau wie im deutschen Recht – die Haftung des Verkäufers aus, wenn der Käufer den Mangel kannte oder kennen musste. Diese Regelung betrifft jedoch nur den Sachmangel.
b) Bei einem Rechtsmangel wird der Verkäufer nach Art. 41 CISG nicht durch die Kenntnis des Käufers von der Haftung frei, sondern nur, wenn der Käufer eingewilligt hat, eine mit einem Anspruch behaftete Ware anzunehmen. Die Rechtsprechung nimmt jedoch bei Kenntnis in der Regel eine konkludente Einwilligung an.

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