Verkäuferstatus bei Online-Plattformen – OLG Brandenburg zur Unternehmereigenschaft
Das Oberlandesgericht (OLG) Brandenburg hat am 4. Februar 2025 (Az.: 6 U 48/24) entschieden, dass ein Verkäufer mit über 600 Bewertungen innerhalb von 15 Jahren auf einer Online-Auktionsplattform nicht zwangsläufig als Unternehmer im Sinne des § 14 BGB einzustufen ist. Diese Entscheidung betont die Notwendigkeit einer differenzierten Betrachtung bei der Abgrenzung zwischen privatem und gewerblichem Handeln im Online-Handel.
Hintergrund des Urteils
Im vorliegenden Fall verkaufte der Kläger ein gebrauchtes Sportboot über eine Online-Plattform an den Beklagten. Nach Vertragsabschluss widerrief der Beklagte den Kauf mit der Begründung, der Kläger habe als Unternehmer gehandelt, wodurch ihm als Verbraucher ein Widerrufsrecht zustehe. Das Landgericht Cottbus gab dem Beklagten zunächst recht und wies die Klage des Verkäufers auf Kaufpreiszahlung ab. In der Berufung entschied das OLG Brandenburg jedoch zugunsten des Klägers.
Kriterien zur Einstufung als Unternehmer
Gemäß § 14 BGB ist ein Unternehmer eine natürliche oder juristische Person, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Tätigkeit handelt. Die bloße Anzahl von Bewertungen oder Verkäufen reicht nicht aus, um eine Unternehmereigenschaft zu begründen. Vielmehr sind folgende – nicht abschließende – Kriterien maßgeblich:
- Selbstständigkeit der Tätigkeit: Die Tätigkeit muss auf eigene Rechnung und Verantwortung ausgeübt werden.
- Nachhaltigkeit der Tätigkeit: Es muss eine wiederholte und dauerhafte Teilnahme am Markt vorliegen, die auf eine ständige Erwerbsquelle abzielt.
- Gewinnerzielungsabsicht: Die Tätigkeit sollte mit dem Ziel der Gewinnerzielung durchgeführt werden.
- Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr: Die Tätigkeit muss sich an eine unbestimmte Vielzahl von Personen richten.
Entscheidungsgründe des Gerichts
Das OLG Brandenburg stellte fest, dass der Kläger nicht als Unternehmer handelte, da:
- die Verkäufe über 15 Jahre verteilt waren, was gegen eine nachhaltige und planmäßige Teilnahme am Markt spricht;
- es keine Hinweise auf eine gewerbliche Organisation oder eine Gewinnerzielungsabsicht gab;
- der Verkauf des Bootes als einmalige private Veräußerung eingestuft wurde.
Daher stand dem Beklagten kein Widerrufsrecht zu, und er war zur Zahlung des Kaufpreises verpflichtet.
Fazit
Die Entscheidung des OLG Brandenburg verdeutlicht, dass die Einstufung als Unternehmer eine umfassende Prüfung aller Umstände des Einzelfalls erfordert. Online-Verkäufer sollten ihre Tätigkeit regelmäßig evaluieren, um rechtliche Unsicherheiten zu vermeiden. Bei Fragen zur Gewerblichkeit bietet die zuständige Industrie- und Handelskammer (IHK) Beratung und Informationsmaterial an.