Nutzung eines FBA-Warenlagers

Sales and Use Tax und Amazon

I. Rechtliche Rahmenbedingungen

Auch im Herkunftsland von Amazon ist die Besteuerung des Onlinehandels für deutsche Unternehmen, die Waren über diese oder andere Online-Verkaufsplattformen in den USA anbieten und den sogenannten Fulfillment by Amazon (FBA) oder einen vergleichbaren Service nutzen, ein wichtiges Thema. Bei dem FBA-Service werden die Waren von den deutschen Unternehmen an (Amazon)-Warenlager, die in einem oder mehreren Bundesstaaten liegen können, versandt, dort gelagert und für den Versand an die US-Kunden des deutschen Unternehmens vorbereitet und verpackt. Da weltweit mehr und mehr Einkäufe über das Internet und insbesondere über Online-Verkaufsplattformen wie Amazon getätigt werden, suchen auch die jeweiligen US-Bundesstaaten nach neuen Wegen, um auf Online-Verkäufe Sales and Use Tax erheben zu können.
Oft besteht unter deutschen Unternehmen jedoch die irrtümliche Auffassung, dass sie nicht in den Anwendungsbereich der Sales and Use Tax in den USA fallen, da zwischen Deutschland und den USA ein Doppelbesteuerungsabkommen besteht. Die Kompetenz für die Sales and Use Tax liegt in den USA jedoch – im Unterschied zu der in Deutschland vergleichbar dazu bestehenden Umsatzsteuer – bei den jeweiligen Bundesstaaten, die weder Vertragspartei von etwaigen Doppelbesteuerungsabkommen noch an diese gebunden sind. Dies führt dazu, dass deutsche Unternehmen, selbst wenn sie gegebenenfalls nicht in den USA nach Bundesrecht einkommens- oder ertragssteuerpflichtig sind, in verschiedenen Bundesstaaten Sales and Use Tax pflichtig sein können.
Bis auf Delaware, Montana, New Hampshire, Oregon und Alaska erheben die US-Bundesstaaten sowie viele Bezirke, Gemeinden und Städte Sales and Use Tax auf den Verkauf beweglicher Sachen, sowie teilweise auf die Erbringung von Dienstleistungen oder den Download von Software. Dabei kommt es aufgrund der eigenständigen Gesetzgebung und eigener Steuersätze zu erheblichen Unterschieden in der Besteuerung in den jeweiligen Bundesstaaten. Die Sales Tax wird bei Verkäufen innerhalb eines Bundesstaates (intrastate transactions) vom Verbraucher geschuldet und vom Unternehmer abgeführt. Die Use Tax hat zumeist denselben Steuersatz wie die Sales Tax und wird bei zwischenstaatlichen Verkäufen (interstate transactions/out of state sale) erhoben, wenn eigentlich Sales Tax anfallen würde, sofern Verkäufer und Käufer in demselben Bundesstaat ansässig wären. Da die Use Tax grundsätzlich vom Käufer abzuführen ist, besteht zum Teil ein erhebliches Durchsetzungsdefizit, da oftmals von den Endkunden die Steuerpflicht nicht eingehalten wird.
Die Bundesstaaten haben sich daher eines Kunstgriffs beholfen und versuchen über den steuerrechtlichen Begriff des „Nexus“ oder „doing business under the laws of [...]“, also einer sog. hinreichenden Verbindung oder Verknüpfung in den jeweiligen Bundesstaat zwischen(bundes)staatliche Geschäfte zu inner(bundes)staatlichen Geschäften umzudefinieren. Der Begriff des Nexus wird von den Bundesstaaten dabei grundsätzlich weit gefasst und die rechtlichen Anforderungen sind dabei oftmals niedriger als bei anderen Steuern wie der Körperschaftssteuer. Der Bundesstaat Florida fordert beispielsweise ähnlich dem deutschen Ertragssteuerrecht von jedem, der Verkäufe nach Florida tätigt, sich zu registrieren und Sales Tax abzuführen.
Grundsätzlich wird beim Nexus dabei zunächst auf eine physische Präsenz („physical presence“) in dem jeweiligen Bundesstaat abgestellt. Für manche deutsche Unternehmen ist dabei überraschend, dass diese auch bereits dann gegeben sein kann, wenn das jeweilige Unternehmen kein eigenes Ladengeschäft oder eine sonstige Präsenz in dem Bundesstaat unterhält. Vielmehr kann ein Nexus teilweise durch einen in dem jeweiligen Bundesstaat für das Unternehmen tätigen Handelsvertreter, ein verbundenes Unternehmen oder ein Warenlager, in dem Bestände des Unternehmens gelagert werden, entstehen.

II. Status quo

In den vergangenen Jahren haben daher viele Bundesstaaten ihre Sales Tax Regelungen den steigenden Verkäufen über das Internet angepasst. Diese Regelungen werden auch allgemein als „Amazon Tax Laws“ bezeichnet, da sie insbesondere dazu dienen, die bisher zum Teil noch unversteuerten Internetverkäufe zu erfassen.
Zumeist löst die Nutzung eines Warenlagers bzw. FBA Services von Amazon oder einer vergleichbaren Online-Verkaufsplattform in den USA eine Pflicht des deutschen Unternehmens aus, Sales Tax zu erheben und abzuführen.
Teilweise stellen die Bundesstaaten dabei darauf ab, dass die jeweiligen Warenbestände in den Warenlagern zumeist bis zur endgültigen Abwicklung des Verkaufs im Eigentum des jeweiligen Unternehmens verbleiben bzw. die Unternehmen dadurch materiellen Besitz in dem Bundesstaat begründen. In manchen Bundesstaaten wird der Nexus auch dadurch hergestellt, dass Amazon oder die jeweilige Online-Verkaufsplattform im Rahmen des FBA Services als Agent bzw. Vertreter der jeweiligen Unternehmen handelt und deren Pflichten erfüllt bzw. die Bestellung in deren Namen ausführt.
Zum Teil wird darauf abgestellt, ob die Rechnungserstellung in Bezug auf den jeweiligen Verkauf durch die Online-Verkaufsplattform oder das jeweilige Unternehmen erfolgt. Erfolgt sie durch das Unternehmen selbst, wird für dieses in der Regel eine Sales Tax Pflicht ausgelöst.
Die Anforderungen an die Sales Tax auf Internetverkäufe wurden unter anderem zuletzt in Oklahoma durch den Oklahoma Retail Protection Act 2016 reformiert. Um dem Wettbewerbsnachteil des örtlichen Einzelhandels entgegenzuwirken, enthält das Gesetz neue Bestimmungen dazu, wann auch nicht in Oklahoma ansässige Unternehmen dort einen Nexus begründen. Dies ist etwa dann der Fall, wenn Unternehmen zur Ausführung ihrer Geschäftstätigkeiten eine Person einschalten, die eine physische Präsenz in dem Staat hat, sog. „in-state-person“, ein Warenabhollager unterhalten oder Kundenserviceleistungen anbieten. Ähnlich weitreichende gesetzliche Regelungen finden sich bereits in New York, Colorado, Connecticut, Kalifornien und Illinois.

III. Ausblick

Bisher ist noch kein bundeseinheitliches „Amazon Tax Law“ in Sicht, auch wenn viele große Internetverkaufsplattformen, darunter auch Amazon, dies mittlerweile sogar befürworten würden. Für diese bedeutet es zu viel bürokratischen Aufwand und zu wenig wirtschaftlichen Nutzen, sich mit der unterschiedlichen und ständig wechselnden Rechtslage in den verschiedenen Bundesstaaten auseinanderzusetzen. Anders sieht es für viele kleinere bis mittelgroße Onlinehändler aus, die teilweise gerade damit kalkulieren, dass auf ihre Preise keine Sales and Use Tax erhoben oder diese mangels effizienter Durchsetzung seitens der Steuerbehörden von den Endkunden trotz Bestehens nicht abgeführt wird.
Daneben gibt es seit 2013 in Form des sog. Marketplace Fairness Act auf Bundesebene Bestrebungen, die Steuerschlupflöcher im Versandhandel zu schließen und die Kompetenz der Bundesstaaten entgegen des bisher im US-Recht geltenden Grundsatzes „no taxation without representation“, nach dem eine Besteuerung eine entsprechende parlamentarische Vertretung der zu Besteuernden voraussetzt, dahingehend zu erweitern, dass Bundesstaaten unter bestimmten Voraussetzungen das Recht erhalten, Unternehmen, die in einem anderen Bundesstaat ansässig sind, steuerlich in die Pflicht zu nehmen. Bisher wurde dieses Gesetz aber noch nicht verabschiedet.

IV. Fazit

Deutsche Unternehmen, die ihre Waren auch online in den USA vertreiben, sollten sich über die Rechtslage auf dem Laufenden halten und bis zum Erlass eines US-weit einheitlichen Gesetzes in jedem Bundesstaat, in dem sie Geschäfte machen, mit ihren Waren vertreten sind oder diese einlagern, das Bestehen einer Sales and Use Tax Pflicht sowie insbesondere auch die je nach Bundesstaat unterschiedlichen Registrierungs-, Mitteilungs- und Einzugspflichten überprüfen.
Gegebenenfalls fordern die Online-Verkaufsplattformen zudem ein W-8BEN-E-Formular.
Die Deutsch-Amerikanische Handelskammer in New York bietet deutschen Unternehmen in diesem Bereich schon seit längerer Zeit Unterstützung und Beratung an; daneben u.a. auch zu allgemeinen Importfragen, Produkthaftung, Labeling, zur Firmengründung in den USA sowie zu dem Thema FDA-Agent Service.

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