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Der Reichtum aus der Erde
Das nördliche Rheinland-Pfalz ist geprägt von reichhaltigen Vorkommen an natürlichen Mineralien und Steinen sowie Eisenerz. Die Rohstoffwirtschaft ist hier breit vertreten, ihre Erzeugnisse spielen für viele Branchen eine wichtige Rolle. Wir stellen exemplarisch vier Unternehmen vor, die in unserem IHK-Bezirk Rohstoffe fördern und verarbeiten, und zeigen, wie sich die heimische Rohstoffindustrie für die Zukunft stärken lässt.
Es ist warm an diesem Mittwoch im Juli. Die Sonne scheint. Der Campingplatz am Laacher See ist gut gefüllt, im flachen Wasser an der Badestelle spielen Kinder, weiter draußen sind ein paar Schwimmer und Stand-up-Paddlerinnen unterwegs. Ein Idyll. Nur vier Kilometer Luftlinie entfernt, an der Eicher Straße am Rand von Nickenich, bietet sich ein ganz anderes Bild. Dort wird hart gearbeitet und Gestein aus dem Berg gesprengt. Mit schwerem Gerät werden Lava und Basalt abgebaut, zerkleinert und aufbereitet. Hier unterhält die Rheinische Provinzial-Basalt und Lavawerke GmbH & Co. oHG, kurz: RPBL, einen ihrer elf Förder- und Produktionsstandorte – den Verwaltungssitz in Sinzig nicht mitgezählt.
Quasi um die Ecke: eine der Fördergruben der GEBR. ZIEGLOWSKI GmbH & Co. KG aus Kruft. Über 200.000 Tonnen Rohstoffe fördert das Unternehmen hier und in den übrigen firmeneigenen Gruben, vor allem Bims. Ebenfalls nicht weit entfernt: KTS Kärlicher Ton- und Schamottewerke Mannheim & Co. KG sowie die Aktiengesellschaft für Steinindustrie in Plaidt. Und viele weitere Unternehmen der Rohstoffwirtschaft, von denen wir die vier genannten exemplarisch ausgewählt haben. Die Badegäste am Laacher See und die genannten Unternehmen könnten kaum unterschiedlichere Interessen haben. Doch eines haben sie gemeinsam: Sie profitieren von den Folgen eines besonderen Ereignisses, dem Ausbruch des Laacher Vulkans vor rund 13.000 Jahren.
Während sich später der Vulkankessel mit Wasser füllte und so zum größten See in Rheinland-Pfalz wurde, sorgte der Vulkanismus über die Jahrtausende für so begehrte Rohstoffe wie Basalt, Lava oder Bims. Zudem ist die Region reich an weiteren, nicht vulkanischen Rohstoffen. Sie alle sind ein wichtiger Baustein der industriellen Wertschöpfungsketten – unerlässlich etwa für den Bau von Häusern und Straßen, Windkraftanlagen und Heizungstechnik, Schornsteinen, Gleisanlagen und Brücken, Sportanlagen und Gärten. Die Region Mittelrhein-Westerwald ist die rohstoffreichste Region des Landes. Allerdings nimmt dieser Reichtum zwangsläufig ab: Jeder Stein lässt sich nur ein Mal fördern und verwerten. Zugleich bleibt der Bedarf groß. Deshalb setzt sich die IHK Koblenz in Kooperation mit dem Bundesverband Keramische Rohstoffe und Industrieminerale e. V. (BKRI) sowie weiteren Partnern dafür ein, die heimische Rohstoffgewinnung mittel- und langfristig zu sichern. Dabei weiß sie die gesamte regionale Wirtschaft an ihrer Seite, denn viele Branchen profitieren von dem Rohstoffreichtum. Wie das gelingen kann, hat sie in einem für Politik, Verwaltung und Öffentlichkeit bestimmten
Positionspapier formuliert. Benannt werden konkrete Ansatzpunkte für die Zukunftssicherung:
Positionspapier formuliert. Benannt werden konkrete Ansatzpunkte für die Zukunftssicherung:
Es kommt auf die strategische Entwicklung der Flächen an – inklusive einer dringend nötigen Vereinfachung der behördlichen Planung. Zudem auf Ressourcenschonung und Effizienzsteigerung. Und auf Kooperationen, um Innovationen zu beflügeln.
Die „Rheinische Rohstofffruchtfolge“ – AG für Steinindustrie

Zukunftssicherung ist bei der Aktiengesellschaft für Steinindustrie mit Hauptsitz in Neuwied ein wichtiges Stichwort. Zum Beispiel in Sachen Nachfolge. 2021 übergab Erwin Hassel, der mit seinen 92 Jahren als Aufsichtsratsvorsitzender weiterhin für das Unternehmen aktiv ist, die Mehrheit des Aktienkapitals an seine Enkelin Maren Hassel-Kirsche. Sie ist nun Hauptaktionärin und stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende und repräsentiert das Unternehmen gemeinsam mit ihrem Mann Cornelius Kirsche, der das Unternehmen als CEO führt. 1921 vom Fürstenhaus Wied gegründet, stehen nach wie vor der Abbau und die Veredelung natürlicher Rohstoffe für das Baugewerbe und die Bauindustrie im Mittelpunkt. Die Produkte allerdings ändern sich, das bringt das Rohstoffgeschäft zwangsläufig mt sich. Kirsche nennt es die „rheinische Rohstoff-Fruchtfolge“: Bims – Kies – Ton.
„Der Bims in der Region ist nahezu ausgebeutet“, erläutert Kirsche bei einer Rundfahrt am Standort Plaidt. „Derzeit fördern wir vor allem Kies und Sand, eines Tages folgt dann Ton.“ Die Nachfrage sei sehr hoch. Trotzdem arbeitet das Unternehmen nur im Einschichtbetrieb.
„Unser oberstes Ziel lautet Rohstoffsicherung, nicht Gewinnmaximierung“, betont Maren Hassel-Kirsche. Je sorgsamer sie mit dem Rohstoff umgehen, desto nachhaltiger.
Weiterer zentraler Aspekt für die Zukunftssicherung: Genehmigungen. „Wir haben einen Rahmenbetriebsplan, der uns einige Sicherheit bietet“, sagt Kirsche. Das Genehmigungsverfahren hat allerdings fünf Jahre gedauert. „Es wird immer komplexer und langwieriger, das bereitet uns durchaus Sorgen.“
Die IHK Koblenz greift diese Thematik in ihrem Positionspapier auf und setzt sich für einfachere Verfahren ein.
Ein besonderer Ton – KTS Kärlicher Ton- und Schamottewerke Mannheim & Co. KG
KTS ist ebenfalls ein Traditionsunternehmen. Der Ururgroßvater des jetzigen Geschäftsführers Wolfgang Mannheim gründete die Firma vor 157 Jahren. Grundlage des Unternehmens: die Rohstoffvorkommen der Carl-Heinrich-Grube auf dem Kärlicher Berg.
Hier fördert KTS auf Basis eines bis 2070 zugelassenen Rahmenbetriebsplans Spezialtone, Bentonite, Lösse und Lehme. Den Großteil des Umsatzes erzielt KTS mit Ton. Genauer: mit dem sogenannten „Kärlicher Blauton“, der wegen seiner Eigenschaften laut Mannheim weltweit begehrt ist. KTS baut den Ton ab und bereitet ihn auf. Kernstück des Fabrikgeländes in Mülheim-Kärlich sind ein Trocknungs- und Mahlwerk sowie ein Tunnelofen. Hier werden die Tone entsprechend der Kundenanforderungen veredelt. Das können Mehle unterschiedlicher Zusammensetzungen und Feinheitsgrade sein, aber auch im Tunnelofen hergestellte Schamotte, aus denen die Kunden etwa feuerfeste Steine für die Brennräume von Öfen herstellen.
Abnehmer sind vor allem die Keramische und die Feuerfest-Industrie, Hersteller von Gießereihilfsstoffen oder die Dachziegelindustrie. Sie setzen auf den Ton von KTS, weil er besonders feuerfest ist und die Rohbruch- und Trockenbiegefestigkeit bei keramischen und feuerfesten Massen erhöht. Das Einsatzspektrum des „Kärlicher Blautons“ reicht von Bleistiftminen bis zu Feuerfestbauteilen zum Gießen von Stahl. Für die nötigen Trocknungs- und Brennvorgänge ist viel Energie nötig, insbesondere aus Gas und Strom. Jüngst nahm das Unternehmen eine 10.000 Quadratmeter große Photovoltaikanlage mit rund zwei Megawatt Leistung in Betrieb.
„Damit können wir“, sagt Mannheim, „im Durchschnitt 40-60 Prozent unseres Gesamtjahresstrombedarfs decken.“
Langfristig möchte KTS Erdgas ersetzen und nimmt deshalb an einem Wasserstoff-Forschungsprojekt teil.
Mehr Recycling wagen– Gebr. Zieglowski GmbH & Co. KG

Auch das Unternehmen GEBR. ZIEGLOWSKI (GZ) verdankt seine Existenz dem Vulkanismus. Die 1953 gegründete Firma fördert jährlich rund 200.000 Tonnen Rohstoffe, vor allem Bims, ein leichtes, poröses Vulkangestein. Daraus stellt das Unternehmen in Kruft Baustoffe für Mauerwerke sowie für den Garten- und Landschaftsbau her. Zur weiteren Nutzung der Rohstoffe entstand die Firma iNTERBiMS.
„Hier veredeln und vertreiben wir unter anderem naturreine, vulkanische Pflanzsubstrate“, erklärt Marco Zieglowski, Mitgeschäftsführer der Unternehmensgruppe in zweiter Generation, zu der auch noch KLANZ Plantcare gehört. Rasen- und Baumsubstrate sowie Substrate für Dachbegrünung und für Filterbecken zählen ebenso zu den Produkten. KLANZ entwickelt Mineral- und Pflanzsubstrate auf mineralischer Basis zur dauerhaften Begrünung mit Pflanzen im Innen- und Außenbereich. Wie alle Rohstoffunternehmen setzt sich GZ intensiv mit der Endlichkeit der Rohstoffe auseinander. Der Bims-Vorrat im Abbaugebiet reicht laut Zieglowski noch für viele Jahrzehnte. Was dem Unternehmen zugute kommt:
„Bims kann zu 100 Prozent wiederverwendet werden“, freut sich Zieglowski, „das schont den Primärrohstoff.“
Das Thema Bims-Recycling nehme gerade Fahrt auf, die Politik sei dabei, die entsprechenden Weichen zu stellen. „Alles, was in den Kreislauf zurückgeführt werden kann, muss künftig auch zurückgeführt werden“, betont der Unternehmer, der verstärkt auf Recycling setzen möchte.
Qualitativ wachsen – Rheinissche Provinzial-Basalt- und Lavawerke GmbH & Co. OHG
Die Rundfahrt durch die Rohstoffregion endet im Eifel-Dorf Nickenich, in einem der Tagebaue der RPBL. Hier baut das Unternehmen den schweren Rohstoff Basalt und den leichten Rohstoff Lava ab. Der Basalt wird in einer eigenen Anlage gebrochen und geht etwa an Abnehmer aus dem Straßen-, Wasser- oder Gleisbau. Kleinere Basaltkörnungen gehen als Zuschlagstoffe auch an die Asphalt-, Beton- und Keramikindustrie. Lava wiederum ist leicht und porös. Sie kann Feuchtigkeit speichern sowie schall- und wärmedämmend wirken. Wichtige Anwendungsgebiete sind Straßen- und Sportplatzbau, Land- und Forstwirtschaft sowie Gartenbau. Insgesamt produziert RPBL im Unternehmensverbund etwa 5,5 Millionen Tonnen pro Jahr, davon knapp 20 Prozent in Nickenich. Erst kürzlich hat das Unternehmen die Anlage in Nickenich erweitert. Ein Ziel der Investition war es, einen höheren Veredelungsgrad zu erreichen.
„Jedes Unternehmen muss wachsen, um bestehen und investieren zu können“, stellt Geschäftsführer Thomas Blau klar. „Aber wir können und wollen nicht über die Menge wachsen, sondern qualitativ.“
Nicht der maximale Absatz der endlichen Rohstoffe ist das Ziel, sondern Innovationen, die zu höherer Wertschöpfung führen. Als Beispiel nennt Blau die Entwicklung des Naturbaustoffs „Balastan“, in den Basalt und Spezialsande einfließen. Einsatzgebiete:
Park- und Veranstaltungsplätze, Betriebs- und Wirtschaftswege, Forst- und Radwege. RPBL wirbt damit, dass Plätze und Wege damit eine dauerhaft feste Decke erhalten, die zugleich Niederschlag durchsickern lässt. „Durch die Flächenentsiegelung kann die Natur atmen“, heißt es im Prospekt. 2021 konnte das Unternehmen damit den Innovationspreis Rohstoffwirtschaft Rheinland-Pfalz gewinnen.
Park- und Veranstaltungsplätze, Betriebs- und Wirtschaftswege, Forst- und Radwege. RPBL wirbt damit, dass Plätze und Wege damit eine dauerhaft feste Decke erhalten, die zugleich Niederschlag durchsickern lässt. „Durch die Flächenentsiegelung kann die Natur atmen“, heißt es im Prospekt. 2021 konnte das Unternehmen damit den Innovationspreis Rohstoffwirtschaft Rheinland-Pfalz gewinnen.
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Fabian Henn
Referent Regionalentwicklung, Verkehrsinfrastruktur, Planung (Interessenvertretung)