Zwischen Tradition und Wandel: Familienbetrieb in neuen Händen

Das Weinhaus Berg in Bremm an der Mosel bietet seinen Gästen nicht nur regionale Küche und Weine, sondern auch einen beeindruckenden Blick auf den steilsten Weinberg Europas, den Calmont. Vor fünf Jahren übernahm Christina Berg das Familienhotel von ihren Eltern. Im Interview spricht sie über die Herausforderungen und Chancen der Betriebsübernahme.
Frau Berg, wie haben Sie die Betriebsübergabe konkret vorbereitet?
Ich würde jedem empfehlen, einen Berater an die Seite zu nehmen. Wir hatten uns damals für die Beratung durch den DEHOGA entschieden, aber es besteht auch die Möglichkeit, sich durch die IHK beraten zu lassen. In jedem Fall sollte man jemanden hinzuzuziehen. Gerade wenn ein Betrieb innerhalb der Familie übergeben wird, gibt es viel zu beachten: Was ist steuerlich am sinnvollsten? Gibt es Geschwister, die ausgezahlt werden müssen? Welche Punkte sollten notariell festgehalten werden? Es sind viele Punkte zu bedenken, an die man zunächst nicht denkt. Auch in vielen weiteren Fragen erhielten wir wertvolle Tipps.
Was würden Sie heute anders machen?
Verantwortlichkeiten klar abstecken und Änderungen schriftlich für alle Mitarbeiter einsehbar festhalten. Damals bin ich zu spontan vorgegangen und hatte zu wenig langfristig geplant. Vieles habe ich einfach aus dem Bauch heraus entschieden und dafür auch das ein oder andere Mal Lehrgeld bezahlt.
Eine Übergabe kann bis zu zehn Jahre dauern. Wie war der Faktor Zeit bei Ihrer Übergabe?
Es dauerte etwa fünf Jahre. Ich bin im Betrieb aufgewachsen und habe von klein auf mitgearbeitet. Vor der Übergabe habe ich ein Jahr im Angestelltenverhältnis mitgearbeitet. Danach dauerte es etwa zwei bis drei Jahre, bis wir alles nach und nach auf meinen Namen umgeschrieben und Fehlerquellen ausgemerzt hatten. Durch Corona wurde alles durcheinandergebracht, und wir hatten viele Situationen, die für alle Seiten neu waren. Im Zuge dessen haben wir vieles umstrukturiert und die Übergabe somit wohl beschleunigt. Trotzdem habe ich in den ersten Jahren immer wieder meinen Vater um Hilfe gefragt, wenn es um bauliche Aspekte ging.
Wie war der Wechsel von der Angestellten zur Chefin?
Erstaunlich gut! Die meisten Mitarbeiter kennen mich seit meiner Kindheit und waren motiviert, haben sich auf etwas Neues gefreut. Alle waren erleichtert, dass der Betrieb als Hotel und Restaurant fortgeführt wird und alle ihre Jobs behalten konnten.
Was haben Sie nach der Übernahme verändert?
Der Einbau eines Aufzugs und die Umgestaltung des Gastraums. Damit habe ich dem Betrieb ein neues Gesicht gegeben, passend zur Übernahme. Auch die Speisekarte wurde modernisiert und mehr vegane, glutenfreie und laktosefreie Gerichte ins Angebot aufgenommen. Früher wirkte das Restaurant wie eine Kneipe, aber nach einer Analyse der Gästestruktur war mir klar, dass ein gemütlicher Platz zum Essen wichtiger war.
War es immer Ihr Plan, den Betrieb zu übernehmen?
Nein, eigentlich nicht. Als meine Eltern sich entschieden haben, den Betrieb abzugeben, war ich hin- und hergerissen. Ich wollte zunächst Erfahrungen außerhalb der Gastronomie sammeln, habe eine Ausbildung gemacht und mehrere Jahre im Online-Marketing gearbeitet. Als meine Eltern an die Übergabe dachten, haben wir ein „Probejahr“ vereinbart. Schon vor Ablauf dieses Jahres war mir klar, dass ich den Betrieb erfolgreich führen kann.
Christian Dübner

Tourismus (Geschäftsbereich Unternehmensservice)