Der schlafende Riese der Energiewende: Die kommunale Wärmeplanung
Die Wärmewende nimmt Fahrt auf: Mit der kommunalen Wärmeplanung entsteht für Städte und Gemeinden ein zentrales Werkzeug zur klimafreundlichen Umgestaltung der Wärmeversorgung. Ab 2028 sind alle Kommunen bundesweit verpflichtet, eine Wärmeplanung vorzulegen – in großen Städten (über 100.000 Einwohner) bereits bis Mitte 2026.
Ziel ist es, auf lokaler Ebene systematisch zu erfassen, wie Gebäude künftig mit klimaneutraler Wärme versorgt werden können – sei es über Wärmenetze, Großwärmepumpen oder andere Technologien.

"Dass hier große Aufgaben bevorstehen, zeigt schon ein Blick auf die Zahlen: Rund die Hälfte des gesamten Endenergieverbrauchs in Deutschland entfällt auf Wärme – deutlich mehr als auf Strom“,
sagt Fabian Göttlich, Geschäftsführer Interessenvertretung der IHK Koblenz.
Gleichzeitig stammen heute noch immer fast drei Viertel der Wärmeversorgung aus fossilen Energieträgern wie Erdgas und Heizöl. Der Wärmesektor gilt daher als „schlafender Riese“ der Energiewende. Die Kommunale Wärmeplanung soll helfen, ihn systematisch in Richtung Klimaneutralität umzubauen.
Hilfreiche Orientierung bietet seit Kurzem der bundesweite Wärmeatlas des Kompetenzzentrums Kommunale Wärmewende (KWW), der online verfügbar ist. Er zeigt detailliert für jede Kommune den aktuellen Status der Wärmeplanung sowie die Siedlungsstruktur, bestehende Wärmenetze, Energieverbräuche und Potenziale – z. B. für Abwärme oder Geothermie. Für Unternehmen ist das besonders relevant: Wer Abwärme erzeugt oder Flächen für Infrastrukturprojekte anbieten kann, sollte sich aktiv in die kommunale Planung einbringen. Gerade die Industrie verfügt häufig über erhebliche Abwärmepotenziale, die bislang ungenutzt an die Umgebung abgegeben werden. Wenn es gelingt, diese Wärme in Netze einzuspeisen, entstehen Win-win-Situationen: Die Unternehmen sparen Kühlkosten, die Kommune erhält klimafreundliche Wärme.
Im IHK-Bezirk Koblenz sind mehrere Kommunen bereits aktiv. Die Stadt Koblenz hat als erste Kommune in Rheinland-Pfalz eine vollständige kommunale Wärmeplanung abgeschlossen. Der Wärmeplan wurde 2024 durch die Stadt beschlossen und enthält konkrete Zielpfade für den Umbau der Wärmeversorgung, inklusive Szenarien für Wärmenetze, Großwärmepumpen und Abwärmenutzung. Auch die Städte Andernach und Neuwied befinden sich bereits in der Planungsphase: Sie analysieren aktuell ihre Wärmestrukturen und bereiten die nächsten Schritte vor. Im Rhein-Hunsrück-Kreis wurden im Rahmen eines Modellprojekts erste Grundlagen gelegt. Weitere Kreise wie der Kreis Ahrweiler oder der Westerwaldkreis stehen noch am Anfang, bereiten sich aber auf den Start des Planungsprozesses vor – teils unterstützt durch den Wärmeatlas und landesseitige Beratungsangebote.

Grafik: dena/KWW | Quelle: KWW-Wärmwendeatlas, https://www.kww-halle.de/praxis-kommunale-waermewende/status-quo-der-kwp, 01.08.2025
Stadt versus Land
Die Rahmenbedingungen für Kommunen unterscheiden sich erheblich: Während in Städten mit dichter Bebauung der Ausbau von Wärmenetzen und Großwärmepumpen im Vordergrund steht, geht es in ländlichen Regionen eher um dezentrale Lösungen – etwa Biomasseheizwerke, Nahwärmenetze oder Einzelgebäude mit Wärmepumpen. Diese Vielfalt macht die Wärmeplanung komplex, bietet aber auch viele Chancen für innovative Ansätze. Die IHK Koblenz unterstützt diesen Prozess. Sie informiert Unternehmen über Beteiligungsmöglichkeiten, Förderprogramme und rechtliche Rahmenbedingungen – denn nur, wenn Kommunen und Wirtschaft an einem Strang ziehen, kann die Wärmewende gelingen. Auch die Politik ist gefordert: Der Ausbau der Infrastruktur, die Finanzierung von Wärmenetzen und die Schaffung verlässlicher Rahmenbedingungen müssen jetzt konsequent vorangebracht werden. Die nächsten Jahre werden zeigen, ob es gelingt, den „schlafenden Riesen“ Wärmewende in Bewegung zu bringen. „Klar ist: Ohne die aktive Einbindung der regionalen Wirtschaft kann die kommunale Wärmeplanung nicht ihr volles Potenzial entfalten“, so Göttlich abschließend.
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Philipp Rosdücher
Referent Energie, Umwelt, Transformation (Interessenvertretung)