Unternehmensservice - Ausgabe 09-10/2022

Innenstädte der Zukunft

Geschäftsaufgaben, deutlich weniger Publikum und viel Leerstand: Die Voraussetzungen für Innenstädte haben sich durch ein verändertes Konsum- und Mobilitätsverhalten stark gewandelt. Es gibt einige gute Beispiele aus deutschen Innenstädten, welche den oben genannten Herausforderungen bereits mit kreativen und innovativen Projekten entgegenwirken.

Essen statt shoppen?

Der fortschreitende Strukturwandel im Einzelhandel in Verbindung mit dem steigenden Anteil des Onlinehandels stellt den historischen Handelsstandort Innenstadt nicht nur vor neue Herausforderungen, sondern stellt ihn vielerorts sogar generell in Frage.
Zu Beginn dieses Jahrtausends war das „Einkaufen“ noch der bestimmende Faktor eines Innenstadtbesuches. Heute rücken andere Nutzungsmöglichkeiten wie die Gastronomie in den Fokus. Die Konkurrenz unter den Standorten in der Region intensiviert sich deutlich. Eventtermine und Märkte sollten möglichst abgestimmt werden, das regionale Marketing im Idealfall gemeinsam betrieben werden. Dabei sollte allerdings jede Stadt ihre eigene Identität und ihren Markenkern weiterentwickeln und vermarkten.

Mit gutem Bespiel voran

Hamburg schließt beispielsweise seit zwei Jahren private PKWs vom Jungfernsteig aus. Das Ziel: Die Innenstadt soll Ort zum Entspannen sein, mit Sitzgelegenheiten und Bepflanzung. Die Aufenthaltsqualität wurde nachhaltig verbessert. Die gestiegene Verweildauer der Passanten gibt dem Hamburger Senat recht.
Bochum möchte mit einem Zehn-Punkte-Plan für die Zeit nach der Corona-Pandemie Handel und Gastronomie im Zentrum stärken. Im alten Postgebäude in der Innenstadt soll das „Haus des Wissens“ entstehen. Neben gastronomischen Angeboten sollen Volkshochschule, Stadtbibliothek, Hochschulangebote und eine Markthalle ihren Platz finden. Der gesamte Dachbereich soll begrünt werden und als Ruheoase und Spielplatz für Kinder dienen.

Klimaresiliente Innenstadt

In Bad Neuenahr-Ahrweiler hat die Stadtverwaltung Workshops und Veranstaltungen organisiert, um nach der Flutkatastrophe im Juli 2021 die Innenstadt „neu zu denken“. Die Innenstädte der Zukunft müssen Begegnungsstätten für Jung und Alt sein und Zielgruppen individuell ansprechen. Klimaresiliente Bepflanzung und die Integration von Wasser sind ebenfalls wichtige Elemente.
Eine Idee, lokalen Leerstand zu bewältigen, zeigt das Projekt „Alwin“ der Stadt Wittlich. Hier werden kreative Ideen für längerfristigen Leerstand gesucht und eine Vermittlung zwischen Eigentümern und Gründern angestrebt. Das Ziel sind flexible Sonderkonditionen zur Umsetzung von innovativen Ladenkonzepten. Es gibt darüber hinaus die Möglichkeit, das Konzept in einem Pop-up-Laden zu testen.
Logistik in und um Koblenz
Im Auftrag der Stadt Koblenz erstellt die KE-CONSULT Kurte&Esser GbR ein städtisches Logistikkonzept. Hier finden Sie die Umfrage, die etwa 10 Minuten dauert, das Passwort lautet „KOB-LOG“.

Vielfalt in der Region

Innenstadt ist wichtig…

Kaefer, Hildegard
“… weil sie das Herz eines attraktiven Standorts ist.”
Hildegard Kaefer, Vizepräsidentin der IHK Koblenz, Porzellanhaus Kaefer, Sohren
“… weil sie ein gesellschaftlicher Mittelpunkt ist. Hier treffe ich Menschen, erlebe Kunst und Kultur oder kaufe auch nur ein. Bestenfalls hat sie auch noch Erlebnischarakter.“
Ulrich Noß, Citymanagement Wissen
„Handel ist Wandel, und das Rad dreht sich dank technologischer Entwicklungen immer schneller. Notwendige Veränderungen für Städte und Regionen gehen meist nicht von groß angelegten politischen Projekten aus. Es sind vielmehr einzelne, aktive Menschen, die – trotz der Überbürokratisierung und Regulierung durch die Verwaltungen – Innovationen durchsetzen und Veränderungen anstoßen. Ämter hindern oft mehr als zu helfen. Es fehlt an Modernisierung, Umdenken, Service und Leitfiguren. Was als politische Visionen verkauft wird, haben meist schon viele Unternehmer unter hohem Aufwand und erschwerten Bedingungen umgesetzt. Schnelle Veränderungen sind nur möglich, wenn wir die Strukturen unserer Verwaltungen aufbrechen und umdenken.“
Peter Oster, Geschäftsführer Wajos GmbH, Dohr
„Neue Lebenskonzepte bedingen dringend einer Transformation der Innenstadtfunktionen. Nur so kann eine Innenstadt weiter lebendig und vor allem lebenswert den Mittelpunkt einer Stadtgesellschaft abbilden. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen verschiedene Welten verbunden werden, und es bedarf eines Verständnisses für die Komplexität. Handel, Kultur, Erlebnisse und Immobilien müssen hier in passender Komposition je Standort (!) arrangiert werden. Es gibt keine EINE LÖSUNG für alle deutschen Städte! Aber alle verantwortlichen Standortakteure müssen nach einem Verständnis für diese Tatsache jetzt auch schnell handeln und in ein Innenstadtmanagement investieren, welches nicht als „mach mal ein bisschen Stadtmarketing und Stadtfeste nebenher“ verstanden wird, sondern tatsächlich der komplexen Aufgabenstellung gewachsen ist.“
Dorothee Rupp, Leiterin Marketing & Kommunikation, Beinbrech GmbH & Co. KG