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Flussufer, Schatzsuche und Hundeglück
Camping boomt. Auch das nördliche Rheinland-Pfalz ist bei Campingurlaubern aus dem In- und Ausland beliebt. Dabei überlassen die Betreiber der Campingplätze nichts dem Zufall, sondern gehen in ihren Angeboten mit der Zeit. Eine Rundreise durch den IHK-Bezirk.
Autor: Lothar Schmitz
Mit Superlativen sollte man vorsichtig sein. Doch dieser stammt aus einer hoch seriösen Quelle, nämlich vom Statistischen Bundesamt: Im Jahr 2023 haben so viele Menschen wie noch nie auf Campingplätzen in Deutschland übernachtet. Rund 42,3 Millionen Gästeübernachtungen kamen zusammen. Und der Trend hält an. Laut der Online-Campingplattform camping.info waren es vergangenes Jahr sogar 42,9 Millionen. Das dritte Rekordjahr in Folge. Damit zähle Camping zu den am stärksten wachsenden Segmenten in der gesamten Tourismusbranche.
Der Campingplatz Holländischer Hof liegt umgeben von Weinbergen auf einer schmalen Halbinsel an der Mosel, nur zehn Gehminuten von Senheim entfernt.
Davon profitieren auch die Campingplätze in Rheinland-Pfalz. Zum Beispiel der Campingplatz Holländischer Hof in Senheim an der Mosel. Seit fünfzig Jahren rollen dort Menschen mit ihren Wohnwagen, Wohnmobilen und Zelten an, seit 2022 werden sie von Reginald Burgers empfangen. Der gebürtige Niederländer kaufte 2009 einen Campingplatz in der Pfalz. Ein gutes Jahrzehnt später fragten ihn Freunde, ob er deren Campingplatz an der Mosel übernehmen wolle.
„Das gefiel uns richtig gut dort, wir haben sofort zugesagt“, erzählt Burgers. 270 touristische Stellplätze, vier Mietwohnwagen und zwei Holzhütten auf Rädern lassen in Senheim die Herzen der Campingfans höher schlagen. Außer dem obligatorischen Sanitärgebäude gibt es auch ein Restaurant, das Burgers verpachtet hat, und einen richtigen kleinen Supermarkt, in den der frühere Supermarkt-Manager den kleinen Laden, den er 2022 vorfand, umgewandelt hat. Vor wenigen Wochen führte Burgers eine digitale Buchungsassistentin auf der Website ein.
Außer der Lage direkt am Fluss wirbt Burgers mit einem vielseitigen Animationsprogramm um Gäste – vom Kinderprogramm bis zu Weinwanderungen. Tennisplätze vermietet er auch. Und die Rezeption ist zugleich Hafenbüro. Wer will, kann also per Boot zum Camping fahren, 140 Liegeplätze zählt der Hafen, der der Gemeinde Senheim gehört. Offenbar geht das Konzept auf. „Wir sind mit den Gästezahlen sehr zufrieden“, sagt Burgers. Je 30 Prozent kommen aus Deutschland und den Niederlanden, 15 Prozent aus Belgien. Fast jeder zehnte Gast kommt aus Dänemark. Das passt zu einem weiteren Trend, den die Zahlen des Statistischen Bundesamtes zeigen: Bei Campinggästen aus dem Ausland ist vor allem der Südwesten Deutschlands beliebt. Die meisten Nächte verbrachten sie im Schwarzwald, doch auf Platz 2 und 3 folgen bereits die Region Mosel-Saar und die rheinland-pfälzische Eifel.
„Glücksort mit Hund“
Könnten sich Hunde ihr Reiseziel aussuchen, würde ihre Wahl vermutlich auf den Campingplatz Haumühle fallen. Dessen Motto „Dein Glücksort mit Hund“ lässt erahnen, wer hier im Simmertal im Hunsrück urlaubsmäßig das Sagen hat: die Vierbeiner. Hier sind nicht Menschen mit Hund geduldet – sondern Menschen ohne Hund. Ausgedacht haben sich das besondere Konzept Ute Larson und Benno Kallweit. Sie sind seit 15 Jahren ein Paar, haben selbst drei Hunde und stoßen bei der Wahl der eigenen Reiseziele immer wieder auf Akzeptanzprobleme. „Wir wissen, was Hunde und ihre Halterinnen und Halter benötigen, um ihren gemeinsamen Urlaub wirklich genießen zu können“, betont Larson.
Im Restaurant, in dem Hunde natürlich willkommen sind, gibt es eine eigene Hunde-Speisekarte. Auf dem Weg dorthin können sich die Vierbeiner im Hunde-Spielwald austoben. Die Haumühle verfügt über einen Hunde-Shop und eine Hunde-Dusche; und Hunde-Events gibt es natürlich auch, zum Beispiel die „Osterkörbchen-Suche“ für Hunde. Bei Anreise erhält jeder Hund ein Schleifchen: „grün“ steht für kontaktfreudig, „gelb“ für „erst mal fragen“ und „rot“ für „lieber Abstand halten“.
Hunde willkommen: Der Campingplatz Haumühle im Simmertal nutzt den Trend und hat sich mit speziellen Angeboten auf Menschen mit Vierbeinern eingestellt.
Der Campingplatz bietet 46 Stellplätze sowie auf einer Wiese weitere 60 Plätze ohne Stromversorgung. „Wir sind hier eher klein, bodenständig und naturnah“, sagt Larson. Mit den Übernachtungszahlen ist sie zufrieden, Werbung machen muss sie kaum. „Dass wir hier echt ein Paradies für Menschen mit Hunden sind, spricht sich schnell herum.“ Geholfen hat aber sicherlich auch die Nominierung für einen ADAC-Award, von der Larson berichtet.
Camping an der Ahr
Vom Simmerbach an die Ahr. Dort, bei Schuld, liegt in einem landschaftlich besonders schönen Flussabschnitt der Campingplatz von Anni und Hans-Willi Bläser. Seit 66 Jahren wird dort gecampt – Hans-Willi Bläsers Eltern gründeten den Campingplatz, er und seine Frau übernahmen den Betrieb vor 24 Jahren und kauften der Gemeinde das Gelände ab. Auf einer Fläche von 45.000 Quadratmetern ist Platz für 152 Dauerstellplätze sowie rund 60 Plätze für Saisoncamping.

Es lief gut – bis zum Beginn der Corona-Pandemie 2019. Vorschriftenkonform waren am 13. Mai 2021 erstmals wieder Gäste erlaubt. Langsam nahm der Betrieb wieder Fahrt auf. Mitte Juli – die Bläsers hatten gerade 30.000 Euro in Ware investiert und ihren Laden auf dem Campingplatz wieder voll bestückt – geschah dann das Unfassbare: Die Flutkatastrophe zerstörte das komplette Gelände, das Gebäude mit dem Laden und den Sanitäranlagen und alle Gerätschaften. Statt Wohnwagen – alle Gäste hatten dank des Drängens von Anni und Hans-Willi Bläser rechtzeitig abreisen können – prägten am Tag nach der Flut Geröll und Stahlstreben, Müll und entwurzelte Bäume, Rohre und weiterer Schutt das Bild. Die Wiese: völlig verwüstet. Für den Rest dieser und die komplette nächste Saison war kein Betrieb möglich. Trotzdem ließ sich das Ehepaar nicht unterkriegen. In den folgenden anderthalb Jahren konnten sie, auch dank tatkräftiger Unterstützung durch die vielen freiwilligen Helferinnen und Helfer sowie engagierte Campinggäste, alles aufräumen, das Gelände wieder ertüchtigen und die Sanitäranlagen wieder herstellen. Ostern 2023 konnte der Betrieb wieder losgehen, zumindest für Saisoncamping. „Die Saison war dann ganz gut“, erzählt Anni Bläser, „wir haben von ganz viel Mundpropaganda profitiert.“ Auch 2024 war Campingbetrieb möglich; 2025 geht es ebenfalls Ostern los.
Hans-Willi und Anni Bläser
Was allerdings lange fehlte, war Geld. Die vermeintlich „unbürokratischen Fluthilfen“ erwiesen sich doch nicht als so unbürokratisch. „Die Inventarschäden sind ersetzt worden, doch auf Geld für die Zerstörungen von Infrastruktur, Gelände und Gebäude mussten wir sehr lange warten“, beklagt Anni Bläser. „Die Eheleute Bläser mussten viel Stehvermögen beweisen“, bestätigt auch Susanne Baltes, Referentin Unternehmensförderung bei der IHK Koblenz. „Dafür haben sie meinen besonderen Respekt, denn sie haben den Betrieb sehr schnell wieder aufgenommen und den Wiederaufbau bis[1]her weitgehend aus eigenen Mittel bestritten.“ Kurz vor Redaktionsschluss dieser Ausgabe kam dann eine gute Nachricht: Für die zerstörte Infrastruktur floss nun endlich Geld vom Land. Die IHK konnte das Unternehmer-Ehepaar bei den Verhandlungen mit der Investitions- und Strukturbank Rheinland-Pfalz (ISB) unterstützen. Eine Entschädigung für die Zerstörungen des Geländes und der Gebäude steht weiterhin aus.
Campen und Edelsteine suchen
Zurück in den Hunsrück. Vor 40 Jahren machten die Eltern von Timo Koch mit ihm und seinen Geschwistern dort Urlaub. In der Camping-Gaststätte bekam sein Vater mit, dass der örtliche Campingplatz zu verkaufen sei. „Am nächsten Tag stand mein Vater im Büro des Bürgermeisters und regelte alles Notwendige“, erzählt Timo Koch. Der Vater verkaufte seinen Installationsbetrieb in Krefeld, zog mit Frau, drei Kindern, Eltern, Schwager und dessen Familie in den heutigen Nationalpark Hunsrück-Hochwald und kaufte gemeinsam mit seinem Schwager den Campingplatz Harfenmühle in Mörschied.
Das Team der Camping-Gaststätte Harfenmühle.
Heute übernimmt jeder in der Familie unterschiedliche Aufgaben im Betrieb – oder hilft dort, wo gerade Arbeit anfällt. Timo Koch kümmert sich um die Rezeption und das Marketing. Sein Bruder und sein Schwager sind in der Küche. Seine Schwägerin betreut die Gäste im Service, und seine Schwester kümmert sich um die Buchhaltung. Ein echter Familienbetrieb, in dem jeder mit anpackt. Und ein Betrieb mit ungewöhnlichen Ideen. Seit über 30 Jahren geschieht hier Bemerkenswertes. Jeden Tag um 10:15 Uhr streut Timo Koch oder ein anderes Familienmitglied Halbedelsteine in den Bach, der über das Campinggelände fließt. Währenddessen stehen Kinder allein oder mit Müttern und Vätern barfuß am Ufer und warten gespannt auf den Moment, in dem sie mit der Edelsteinsuche im Bach endlich loslegen dürfen.
„Wir sind in der Nähe von Idar-Oberstein, Edelsteine sind einfach ein Riesenthema hier in der Region“, erzählt Timo Koch. Diese Schatzsuche sei bei Familien extrem gefragt, nicht wenige würden eigens deswegen mit ihren jüngeren Kindern kommen.
Investiert hat die Familie auch in eine Sauna, zudem kooperiert der Campingplatz mit der regionalen Tourismusinstitution. Der Saar-Hunsrück-Steig liegt ganz in der Nähe, viele Premiumwanderwege gibt es ebenfalls. Deshalb bot Koch an, dass der Campingplatz das „Best of Wandern“- Testcenter der Nationalpark-Region Hunsrück-Hochwald beheimatet. Die Gäste können hier Wander-Ausrüstung kostenlos ausprobieren. „Unsere Gästezahlen sind prima, aber wir wollen nicht stehenbleiben“, sagt Koch. „Die Ansprüche der Gäste steigen, deshalb entwickeln wir immer wieder neue Ideen.“ Bloß die älteste Idee – die Edelsteinsuche – die bleibt unverändert.
Kontakt

Christian Dübner
Tourismus (Geschäftsbereich Unternehmensservice)