Unternehmensservice - Ausgabe 03-04/2024

Aus dem Westerwald in alle Welt

Flugzeugräder und -bremsen müssen regelmäßig gewartet werden. Die Maschinen dazu entwickelt und baut die KUNZ GmbH aircraft equipment in Hahn am See. Eine weitere Marktnische ist Flugzeug-Bergegerät.
Autor: Lothar Schmitz –
Räder gelten als das am häufigsten gewechselte Bauteil eines Flugzeuges. „Bei manchen Kunden von uns“, weiß Andreas Fuge, „werden pro Acht-Stunden-Schicht bis zu 150 Flugzeugräder gewartet.“ Dazu sind spezielle Maschinen erforderlich und die Wartung ist deutlich anspruchsvoller als etwa bei einem Pkw, da Flugzeugräder aus diversen Komponenten bestehen und viel schwerer sind. Auf die Entwicklung und Produktion solcher Maschinen hat sich die KUNZ GmbH aircraft equipment spezialisiert.
Gerhard Kunz gründete das Unternehmen 1987 in Diez, 2012 zog das Unternehmen nach Hahn am See im Westerwald. Inzwischen zählt es über 40 Beschäftigte. Kunz ist nach wie vor Gesellschafter, Andreas Fuge führt die Geschäfte. Und die laufen gut. Nach eigenen Angaben ist KUNZ Weltmarktführer für Maschinen zur Wartung von Flugzeugreifen und -bremsen. Das ist zwar nur ein kleines Segment innerhalb der Luftfahrtbranche, doch dafür ist KUNZ global aktiv. Die Ausrüstung aus dem Westerwald kommt bei über 400 Kunden in mehr als 100 Ländern zum Einsatz. Dazu zählen Airlines ebenso wie Wartungsbetriebe, die zivile ebenso wie die militärische Luftfahrt.
Das Westerwälder Unternehmen hat sich zusätzlich als gefragter Komplettlieferant für Flugzeug-Bergegerät etabliert. Bergegerät wird benötigt, wenn es während der Landung Probleme mit dem Fahrwerk gibt und das Flugzeug bewegungsunfähig auf oder neben der Landebahn zum Stillstand kommt. Hier zählen neben deutschen Flughäfen auch namhafte Flughäfen und Airlines auf der ganzen Welt zum Kundenkreis.
Um das Bergepersonal zu schulen, betreibt das Unternehmen in Hahn ein eigenes Schulungszentrum, die „KUNZ Recovery Training Academy“. Der Unterricht erfolgt nicht nur theoretisch. Es gibt dort zwei komplette Flugzeuge, eine Tupolew 134 und ein Airbus A320. Beide wurden so modifiziert, dass sich unterschiedlichste Unfallszenarien möglichst realistisch simulieren lassen. Die Trainings sind gefragt. „Die Teams kommen aus aller Welt“, erzählt Fuge, „Schulungen finden im Sommerhalbjahr nahezu wöchentlich statt.“

Viele innovative Eigenentwicklungen

Andreas Fuge © KUNZ GmbH aircraft equipment
Während das Unternehmen in alle Welt liefert, setzt es bei der Fertigung der Maschinen auf zahlreiche regionale Kooperationen. „Beim Stahlbau beispielsweise beziehen wir 80 Prozent der benötigten Teile von Firmen in unserer Region“, berichtet Fuge. Dabei findet bei KUNZ keine Massenfertigung statt, alle Wartungs- und Bergegeräte entstehen individuell oder allenfalls in Kleinserie. „Es kommt uns auf Präzision und Zuverlässigkeit an, deshalb stehen wir in engem Kontakt mit den Fertigungsbetrieben und schätzen kurze Wege“, betont Fuge.
Um sich als kleines Unternehmen auf dem Weltmarkt zu behaupten, kommt es auch auf Innovationsfähigkeit an. Deshalb spielt bei KUNZ Forschung und Entwicklung eine große Rolle. Ein Drittel der Belegschaft arbeitet in diesem Segment. Zahlreiche Ingenieurinnen und Ingenieure sowie ausgebildete Fachkräfte decken die Bereiche Maschinenbau, Elektronik und Mechatronik ab.
Seit ein paar Jahren bildet Automatisierung einen wichtigen Schwerpunkt. So hat KUNZ etwa eine automatische Montagestrecke für Flugzeugräder entwickelt sowie ein Spezialgerät, mit dem abgenutzte Reifen von den Felgen abgedrückt werden können. Auch ein spezielles Schraubgerät haben sich die Fachleute in Hahn ausgedacht, es macht das jeweilige Rad auf einem Bildschirm sichtbar und zeigt den Status jedes einzelnen Bolzens an. „Es kommt entscheidend darauf an, dass alle Bolzen gleichmäßig mit dem richtigen Drehmoment angezogen werden“, erklärt Fuge, „das lässt sich mit unserem Gerät gewährleisten und hinterher auch dokumentieren. So trägt es zur Steigerung der Luftfahrtsicherheit bei.“
Auch beim Flugzeug-Bergegerät haben Innovationen der KUNZ GmbH zur Reduzierung von Folgeschäden beigetragen. Geräte von KUNZ dokumentieren beispielsweise bei der Bergung eingeleitete Kräfte oder stellen sicher, dass eingeleitete Kräfte gleichmäßig verteilt werden. Derweil expandiert das Unternehmen weiter und sucht dafür regelmäßig Auszubildende im kaufmännischen und handwerklichen Bereich, aktuell auch Industrieelektriker/-innen.