Unternehmensservice - Ausgabe 03-04/2022

Leichtere Zuwanderung von Fachkräften

Rund 400.000 Arbeitskräfte müssen zuwandern, allein um die Folgen für den Arbeitsmarkt aufzufangen, wenn die Babyboomer in Rente gehen – und zwar Jahr für Jahr; so die Berechnungen des IAB – Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung. Um Personal für rheinland-pfälzische Unternehmen rasch im Ausland rekrutieren zu können, wurde 2021 die Zentrale Ausländerbehörde in Kaiserslautern gegründet und für ganz Rheinland-Pfalz mit dem beschleunigten Fachkräfteverfahren betraut. Im Interview berichtet der Leiter der Zentralen Fachkräftebehörde, Andreas Adelmann, welche Vorteile das aktuelle Verfahren bringt und wie es angelaufen ist.
Andreas Adelmann
Andreas Adelmann, Leiter der Zentralen Fachkräftebehörde des IAB © Stadt Kaiserslautern

Was ist neu am beschleunigten Fachkräfteverfahren?

„Im Gegensatz zu früher beraten wir die Unternehmen und potenziellen Arbeitgeber jetzt direkt. Wenn ein Betrieb einen Arbeitnehmer gefunden hat, schließt unsere Behörde mit diesem Betrieb und dessen Bewerber im Ausland eine Vereinbarung ab, die sämtliche Informationen zu den Verfahrensschritten und Fristen enthält. So konnte das Verfahren wesentlich verkürzt werden. Außerdem sind sämtliche Schritte transparent und planbar. Auf unserer Website finden Interessierte neben einem Online-Assistenten, viele Informationen, Kontakte, Leitfäden und Antragsformulare.“

 
„Unsere Erfolgsquote ist sehr hoch, bisher hatten wir nur vereinzelt Verfahren, bei denen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht zusammengefunden haben.“

so Andreas Adelmann

Welche Vorteile haben Unternehmen, die sich an Sie wenden?

„Vorab zur Klärung: Wir vermitteln keine Arbeitskräfte aus dem Ausland, wir begleiten lediglich das Fachkräfteverfahren, wenn ein Unternehmen per Eigeninitiative oder durch Vermittler vor Ort bereits eine Arbeitskraft gefunden hat. Dann bieten wir den Unternehmen ein Bündel an Vorteilen: zum Ersten eine kostenlose Erstberatung, bevor es überhaupt zu einer Vereinbarung kommt.
Zum Zweiten: Wir sind während des Verfahrens auf jeder Stufe der zentrale Ansprechpartner für alle Beteiligten. Das heißt, wir sind auch der Mittler zwischen Unternehmen und anderen Behörden.
Drittens: Alle Verfahrensfristen sind festgelegt, sämtliche beteiligten Behörden müssen sich daran halten. So hat das Unternehmen Planungssicherheit, wann die benötigte Fachkraft einreisen kann.
Viertens: ein zeitlicher Vorteil gegenüber anderen Visumsverfahren, die weltweit oft lange – bei manchen Botschaften bis zu 18 Monate – dauern. Bei uns dauern dank der festgelegten Fristen die Verfahren derzeit durchschnittlich drei Monate, sofern alle Unterlagen vollständig vorliegen.
Fünftens: Mit Durchlaufen des Verfahrens ist der Familiennachzug gesetzlich geregelt. Denn wir prüfen gleich mit, ob die Voraussetzungen dafür gegeben sind.“

Aus welchen Branchen und in welchen Berufen ist der Bedarf momentan am dringendsten und von welchen Unternehmen wird Ihr Angebot genutzt?

„Die meisten Anträge stammen von Unternehmen in den Bereichen Pflege, Hotellerie und Gastronomie, Transportwesen, Kfz-Branche – vor allem mit Auszubildenden und Fahrern – sowie aus dem Handwerk. Ende Dezember 2021, ein Jahr nach Aufnahme unserer Arbeit, hatten wir 242 Verfahren abgeschlossen, knapp 350 laufen derzeit noch. Fast die Hälfte davon waren Fachkräfte, rund 15 Prozent Akademiker und rund 35 Prozent Auszubildende.
Hilfskräfte sind vom beschleunigten Fachkräfteverfahren derzeit ausgeschlossen. Unsere Erfolgsquote ist sehr hoch, bisher hatten wir nur vereinzelt Verfahren, bei denen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht zusammengefunden haben. Nachdem früher überwiegend Fachkräfte aus den Balkanstaaten kamen, haben wir aktuell auch viele Fälle aus Nordafrika, überwiegend Marokko, für Gastronomie und Hotellerie sowie für die Kfz-Branche, für den Pflegesektor außerdem aus Asien und Lateinamerika, insbesondere Brasilien.“

Welche Erfahrungen haben Sie in Bezug auf die Anpassungsqualifizierung?

„Unser weltweit einzigartiges duales Ausbildungssystem macht Vergleichbarkeit schwierig. Deshalb bekommen Fachkräfte in der Regel einen Bescheid der anerkennenden Behörde, der eine teilweise Gleichwertigkeit ihrer Berufsbildung bescheinigt. Das trifft auf mindestens die Hälfte der von uns bearbeiteten Fälle zu. Im Pflegebereich etwa kommen praktisch schon gut ausgebildete Kräfte, die hier weiter qualifiziert und nachgeschult werden, etwa mittels Sprachkursen.
Wir stellen fest, dass neben der Pflege auch in anderen Branchen Qualifizierungsstrukturen aufgebaut werden, um bereits vorhandenes Wissen und Fertigkeiten anzureichern. Bei Angeboten zur Anpassungsqualifizierung sehen wir noch Nachholbedarf.“
Das Gespräch führte Marion Raschka

IHK FOSA – Jahresstatistik 2021
Die IHK FOSA (Foreign Skills Approval) ist seit 2012 die zentrale Stelle für die Anerkennung ausländischer Ausbildungsabschlüsse, die in den Bereich der IHK-Berufe fallen. Um ein Visum und eine Aufenthaltserlaubnis zur Arbeitsaufnahme zu erhalten, müssen Fachkräfte aus Drittstaaten einen als gleichwertig anerkannten Abschluss vorweisen. Die IHK FOSA leistet mit der Prüfung auf Anerkennung somit einen wichtigen Beitrag zur Fachkräftesicherung in Deutschland. Die Jahresstatistik der IHK FOSA belegt, dass das Interesse an beruflicher Anerkennung trotz Pandemie im Jahr 2021 zunahm, denn die Zahl der gestellten Anträge stieg im Vergleich zum Vorjahr um 7,6 Prozent. Aus dem IHK-Bezirk Koblenz wurden im vergangenen Jahr 46 Anträge gestellt. Eine Chance für den Kammerbezirk bietet sich dahingehend, dass
häufig Anträge für Abschlüsse aus der Elektrotechnik, der Hotellerie und Gastronomie und der Metallindustrie gestellt wurden. Ansprechpartner für eine Beratung zur beruflichen Anerkennung und Fachkräftegewinnung ist die IHK Koblenz.

Das Kundenzentrum ist für Sie da:
Industrie- und Handelskammer Koblenz
Schlossstr. 2, 56068 Koblenz
Tel. 0261 106-0 (Montag bis Donnerstag von 7.30 bis 18 Uhr,
Freitags  von 7.30 bis 16 Uhr)
Fax 0261 106-234
E-Mail: service@koblenz.ihk.de
Bitte beachten Sie:
Abweichende Bescheinigungszeiten im Außenwirtschaftsbereich