IHK-Regionalgeschäftsstelle Montabaur

Beirat der IHK-Geschäftsstelle Montabaur analysiert Konjunktur

Beirat der IHK-Geschäftsstelle Montabaur analysiert Konjunktur im Rhein-Lahn-Kreis und im Westerwaldkreis – Regionale Wirtschaft kämpft!
„Wir haben es derzeit mit einer uneinheitlichen und teils sehr schwierigen Wirtschaftslage im Rhein-Lahn-Kreis und im Westerwaldkreis zu tun“, so das Resümee von Laura Heuchemer, Vorsitzender des Beirats der IHK-Regionalgeschäftsstelle Montabaur nach dessen Frühjahrstagung.
Das 17-köpfige Gremium mit Führungskräften aus Unternehmen beider Landkreise tagt jährlich mindestens zweimal. Der Beirat unterstützt die IHK-Geschäftsstelle bei ihrer Aufgabe als Vertretung der gesamtwirtschaftlichen Interessen in der Region. Zudem beobachtet und berät das Gremium über die wirtschaftliche Lage im Geschäftsstellenbereich, setzt Zeichen und gibt Impulse in Richtung Öffentlichkeit.
In seiner jüngsten Sitzung bewertete der Regionalbeirat der IHK die Lage im Handel als weiterhin schwierig.
„Die Nachwirkungen von Corona, damit verbunden die sehr bürokratischen Rückzahlungsmodalitäten bei den Pandemiehilfen, das Kriegsgeschehen in Osteuropa und im Nahen Osten, weiterhin spürbare Lieferschwierigkeiten, Kostensteigerungen auf allen Ebenen und in der Folge Kaufkraftabflüsse bei den Verbrauchern hinterlassen ihre Spuren und dämpfen die Stimmung.“, so die Führungskräfte aus der Region.
Gleichwohl sei vor allem im stationären Einzelhandel eine positive Grundhaltung spürbar. Ein möglicher Grund: Die Menschen fänden wieder zurück in die Läden – trotz des gestiegenen Preisniveaus.
Die Beiräte hierzu: „Wenn die Kunden wegen der Teuerung mehr Geld ausgeben müssen, so wollen diese durch Beratung und Prüfung vor Ort jetzt umso mehr sicherstellen, die richtige Kaufentscheidung zu treffen – vor allem bei langlebigen und hochwertigen Gütern.“
Betrachte man die Industrie, kämpfe diese weiterhin mit explodierenden Kosten bei den Rohstoffen, Vorprodukten, Halbzeugen und der Energie. Völliges Unverständnis habe man bei der Stromversorgung für die teilweise extrem gestiegenen Netzentgelte, die im Vergleich zum letzten Jahr in 2024 um mehr als das Doppelte in die Höhe geschossen seien.
Die Beiräte werden deutlich: „Auch wenn der Betrieb der Stromnetze teurer geworden sei und Investitionen erforderlich sind, so stellen wir uns bei diesen Steigerungsraten gleichwohl die Frage, ob seitens der marktbeherrschenden Netzbetreiber nicht auch die Gunst der Stunde genutzt wird.“
Ähnlich stelle sich dies bei der Gasversorgung dar: Seit 2015 stiegen die Netzentgelte um über 60 Prozent. Nicht wenige Industriebetriebe wünschten sich daher ein Eingreifen der Bundesnetzagentur.

Die Baubranche hielten hier und da Großprojekte und gewerbliche Bauinvestitionen über Wasser. Landunter vermelde hingegen der private Wohnungsbau, der wegen der gestiegenen Baukosten und des Zinsniveaus brach liege. „Licht am Ende des Tunnels ist derzeit nicht zu erkennen.“, so schätzen die Unternehmerinnen und Unternehmer der Region die Lage ein.

Im Exportbereich seien die Signale hingegen nicht eindeutig zu interpretieren: Einerseits kämen neue Aufträge wegen der insgesamt lahmenden Weltkonjunktur nur schleppend herein. Andererseits registriere man im Bereich der Holzverpackungen für Investitionsgüter – ein in der Regel zuverlässiger Indikator für die Exportentwicklung – nach längerem Abwärtstrend eine Erholung.

Sehr problematisch stelle sich – so die Beiräte – der Transformationsprozess in der Autobranche hin zur E-Mobilität für die mittelständischen Zulieferer und Autohäuser dar. Die Fortschritte in der Batterietechnologie belasteten das Flottengeschäft. Die Rücknahme und der Weiterverkauf von gebrauchten E-Fahrzeugen sei ein massives Verlustgeschäft für den Handel. Auch der Verkauf von neuen Stromern verlaufe aus diesem Grund zäh. Abwarten sei angesagt – auch wegen der weggefallenen staatlichen Förderung.
„Die technologische Transformation erfolgt somit auf Kosten des gewerblichen Mittelstandes.“, meint der Beirat der IHK-Regionalgeschäftsstelle Montabaur.
In der Hotellerie und Gastronomie habe sich die Rückkehr auf den Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent seit Jahresanfang nicht so negativ ausgewirkt wie von vielen erwartet. Die Zahl der Restaurantbesuche sei nicht signifikant rückläufig und Tischreservierungen nach wie vor anzuraten, wenn sichergestellt werden soll, auch einen Platz zu bekommen. In der Eventgastronomie und beim Catering sei die Auftragslage gut, vor allem fragten wieder mehr gewerbliche Kunden Catering-Dienstleistungen nach.

In vielen Wirtschaftsbereichen werde derzeit eine etwas entspanntere Situation bei der Suche nach Fach- und Arbeitskräften registriert. Es lägen wieder mehr interessante Bewerbungen für freie Stellen vor. Dies gelte auch für sogenannte Initiativbewerbungen. Hintergrund seien die in der letzten Zeit sich häufenden Insolvenzmeldungen und personellen Umstrukturierungsmaßnahmen bei auch größeren Unternehmen der Region. Viele Bewerberinnen und Bewerber legten wieder verstärkt Wert auf eine längerfristige berufliche Perspektive.
Kommentar des Beirates: “Man muss sich daher darüber im Klaren sein, dass dieser Kannibalisierungseffekt nicht nur problematisch, sondern auch vorübergehend ist. Die demographische Entwicklung zeigt weiterhin nach unten. Die Zuwanderung aus dem Ausland reicht noch immer nicht aus, um das Delta am Arbeitsmarkt auszugleichen.“
Deshalb appelliert der IHK-Beirat an die Unternehmen in beiden Kreisen, mit den Anstrengungen in der Personalentwicklung und Ausbildung nicht nachzulassen.

Stichwort Ausbildung: Im Unternehmergremium der IHK für den Rhein-Lahn-Kreis und den Westerwaldkreis wächst die Sorge hinsichtlich der Ausbildungsfähigkeit junger Schulabgängerinnen und -abgänger. Es fehle mehr und mehr an elementaren Fähigkeiten in Sprache, den Naturwissenschaften und teilweise auch den sozialen Kompetenzen. Der neuerliche PISA-Schock, wonach insbesondere die kurz vor Ausbildungsbeginn stehenden 15-Jährigen hierzulande so schlecht wie nie abschnitten, sei für die Wirtschaft nicht überraschend gewesen.
„Es ist für uns in den Unternehmen aber immer frustrierender festzustellen, dass keine wirklichen Fortschritte erkennbar sind. Wieder und wieder bekommen wir hierzulande einen Spiegel vorgehalten, sind aber nicht in der Lage, nachhaltig wirkende Konsequenzen im System zu ziehen.“, so der IHK-Beirat.
Damit stelle sich die Frage, wie lange die Marke „Made in Germany“ wegen der Erosion von Knowhow noch Bestand haben kann.