Verbandssanktionengesetz

Resolution zum Verbandssanktionengesetz

Wirtschaft braucht echtes Belastungsmoratorium statt zusätzlicher Haftungsrisiken und weiteren Bürokratiekosten

Die Corona-Krise hat zu einem bislang beispiellosen Rückgang der Wirtschaftsleistung geführt. Viele Unternehmen sind existenziell betroffen. Das politische Handeln sollte sich daher voll auf das Wiedererstarken der Betriebe konzentrieren. Richtigerweise hatte sich der Koalitionsausschuss der Großen Koalition am 22. April 2020 auf ein entsprechendes Belastungsmoratorium verständigt. Diesem Ziel wird mit dem Verbandssanktionengesetz widersprochen, das die Wirtschaft mit hohen Bürokratielasten und großen Rechtsunsicherheiten und zusätzlichen Haftungsrisiken treffen würde.
Durch das Verbandssanktionengesetz soll die Tat eines Einzelnen künftig ohne jegliches Eigenverschulden einem Unternehmen zugerechnet und als sogenannte „Verbandstat“ sanktioniert werden. Dies stellt einen krassen Paradigmenwechsel zum Grundsatz: „keine Strafe ohne Schuld“ dar und wird entschieden abgelehnt. In Deutschland besteht mit Straf-, Gewerbe- und Ordnungswidrigkeitsrecht ein umfängliches und ausreichendes Sanktionsregime, mit denen Täter bestraft und Unternehmen mit hohen Geldbußen sanktioniert werden können.
Vor diesem Hintergrund fordert die Vollversammlung der Industrie- und Handelskammer Koblenz:
1. Verschlechterung der wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen verhindern – Gesetzesvorhaben nicht weiterverfolgen
Das Verbandssanktionengesetz benachteiligt KMUs gegenüber großen Unternehmen, weil die Schaffung und Gewährleistung von Compliance-Strukturen gerade für sie mit hohen Kosten und Aufwand – insbesondere in der aktuell bereits sehr angespannten Situation – verbunden ist.
Neben neuen strafrechtlichen Haftungsrisiken sorgt das Gesetzesvorhaben auch für zusätzliche finanzielle Belastungen durch Bürokratiekosten und verschlechtert die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen am Standort Deutschland. Da das Gesetzesvorhaben nicht notwendig, unverhältnismäßig und die Strafbarkeit ohne Verschulden verfassungsrechtlich bedenklich ist, soll das Gesetzesvorhaben nicht weiterverfolgt werden.
2. Unternehmen brauchen Luft zum Atmen – Belastungsmoratorium einhalten
Gerade jetzt benötigt die Wirtschaft ein echtes Belastungsmoratorium. Gesetzes- und Verordnungsvorhaben, die zu weiteren Belastungen der Unternehmen führen, lehnen wir strikt ab. Stattdessen sollte der Schwerpunkt auf die Verbesserung der wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen wie z. B. die Schaffung einer wettbewerbsgerechten Unternehmensbesteuerung gelegt werden.
Resolution der Vollversammlung
der Industrie- und Handelskammer Koblenz
vom 20. August 2020