Steuereinnahmen: Deutschland braucht Reformen

Ohne wirtschaftliches Wachstum stagnieren die öffentlichen Einnahmen. Diesen Zusammenhang verdeutlichen erneut die am 23. Oktober 2025 veröffentlichten Ergebnisse des Arbeitskreises Steuerschätzungen. Die aktuelle Prognose der Expertinnen und Experten aus Bund, Ländern, Kommunen und Wissenschaft zeigt keine zusätzlichen finanziellen Spielräume für die anstehenden Verhandlungen, die Bundesfinanzminister Lars Klingbeil mit seinen Ressortkolleginnen und -kollegen führen muss – zumal laut Bundesfinanzministerium schon im Bundeshaushalt 2027 eine große Finanzierungslücke von 30 Milliarden Euro klafft.
Im Vergleich zur Schätzung vom Mai 2025 rechnet der Bund für das laufende Jahr mit Mehreinnahmen von knapp zwei Milliarden Euro, für 2026 mit zusätzlichen fünf Milliarden Euro, aber für 2027 und 2028 mit geringeren Einnahmen. In der Summe werden so bis 2029 keine Mehreinnahmen gegenüber der Frühjahrsprognose erwartet (siehe Grafik am Ende des Newsletters). Bei den Ländern und Gemeinden sieht es im gleichen Zeitraum nur leicht besser aus.

Moderate Konjunkturerholung wird vorausgesetzt

Die aktuelle Schätzung basiert auf der Herbstprojektion der Bundesregierung, die für das kommende Jahr eine moderate wirtschaftliche Erholung vorhersagt. Das preisbereinigte Bruttoinlandsprodukt soll demnach 2026 um 1,3 Prozent zulegen, für 2027 wird ein Plus von 1,4 Prozent prognostiziert. Für das laufende Jahr rechnet die Bundesregierung nun mit einem geringen Wachstum von 0,2 Prozent – eine leichte Aufhellung gegenüber den Annahmen aus dem Frühjahr. Treiber dieser Entwicklung ist vor allem die Binnennachfrage.
Entsprechend tragen insbesondere die Umsatzsteuer und die Lohnsteuer zur Stabilisierung des Steueraufkommens bei. Für 2025 wird gegenüber 2024 bei der Umsatzsteuer ein Anstieg von drei Prozent erwartet, bei der Lohnsteuer ein Plus von fünf Prozent.

Bremsspuren bei Unternehmensteuern

Die insgesamt nach wie vor schwache wirtschaftliche Entwicklung hinterlässt hingegen deutliche negative Spuren bei den Unternehmensteuern. Für 2025 rechnen die Schätzer mit einem Rückgang der Körperschaftsteuer gegenüber dem Vorjahr um zwei Prozent. Die für die Kommunen zentrale Gewerbesteuer stagniert. Dagegen wird bei der veranlagten Einkommensteuer, die vor allem Selbstständige und Personengesellschaften betrifft, ein Plus von sechs Prozent erwartet.

Wachstumspolitik über Investitionen hinaus

Mit dem Sondervermögen „Infrastruktur und Klimaschutz“ will die Bundesregierung die öffentliche Infrastruktur von Bund, Ländern und Kommunen umfassend modernisieren. Sollten die vorgesehenen 500 Milliarden Euro in den kommenden Jahren zusätzlich zu den regulären Haushaltsmitteln investiert werden, könnten daraus Wachstumsimpulse entstehen – vorausgesetzt, die Mittel fließen auch in öffentliche Infrastrukturprojekte, die sich positiv auf private Investitionen auswirken.

Fokus auf Wettbewerbsfähigkeit nötig

Wirtschaftlicher Wohlstand entsteht überwiegend in Unternehmen. Berücksichtigt man, dass Investitionen und Leistungsangebote des Staates mit heutigen (oder zunehmend zukünftigen) Steuerzahlungen der Privaten finanziert werden, entsteht sogar jeglicher Wohlstand durch Wertschöpfung in den Betrieben. Für Unternehmen sind stabile und effiziente wirtschaftliche Rahmenbedingungen notwendige Voraussetzungen, um im internationalen Wettbewerb erfolgreich zu sein.
Aus Sicht der Wirtschaft bedeutet das: Konzentration auf Wettbewerbsfähigkeit und Wirtschaftswachstum. Öffentliche Ausgaben sollten künftig noch konsequenter unter dem Gesichtspunkt ihres Beitrags zu diesen Zielen bewertet und entsprechend priorisiert werden. Aus Wachstum folgen dann auch wieder stärker zunehmende Steuereinnahmen des Staates: Denn jedes Wachstums-Plus von einem Prozentpunkt spült zusätzliche Steuereinnahmen in Höhe von circa zehn Milliarden Euro in die Kassen des Staates.