EU-Mercosur-Abkommen – Meilenstein für die Lieferkettendiversifizierung in Südamerika

Am 3. September 2025 hat die EU-Kommission die längst überfällige Ratifizierung des Handelsabkommens mit dem Mercosur-Staatenbund angestoßen. Bereits in den 1990er-Jahren starteten die Verhandlungen der EU mit Brasilien, Argentinien, Uruguay und Paraguay über umfangreiche Handelserleichterungen, die 2019 erfolgreich abgeschlossen wurden.
Aufgrund langwieriger Nachverhandlungen konnten die Unternehmen den "First Mover"-Vorteil in Südamerika allerdings bisher nicht nutzen – andere Länder wie China haben Europa überholt. Gerade mit Blick auf die Versorgung mit Rohstoffen und Energie sollte sich die Bundesregierung für eine rasche Ratifizierung des Abkommens einsetzen, um die wirtschaftlichen Beziehungen jetzt abzusichern und zu vertiefen. Für die international oft eng vernetzten deutschen Unternehmen eröffnen sich dadurch attraktive Marktchancen.

Marktöffnung und Abbau von Handelshemmnissen

Das EU-Mercosur-Abkommen verspricht deutschen Unternehmen einen erheblich erleichterten Zugang zu lateinamerikanischen Märkten: In den kommenden Jahren sollen im Warenaustausch mit den bisher wirtschaftlich protektionistisch aufgestellten Ländern fast alle Zölle entfallen. Zudem sieht das Abkommen vor, den Marktzugang im Dienstleistungshandel auszuweiten, öffentliche Beschaffungsmärkte zu öffnen, die regulatorische Zusammenarbeit zu vereinfachen und rund 350 traditionelle europäische Spezialitäten – darunter schwäbische Spätzle und bayerisches Bier – auch im Mercosur rechtlich zu schützen.
Ein spezifisches Mittelstandskapitel zielt darauf ab, dass auch kleine und mittlere Unternehmen (KMU) von den Vorteilen profitieren. Schon heute exportieren über 8.500 deutsche Betriebe in die Mercosur-Länder, 74 Prozent davon sind KMU. Bisher sind jedoch 85 Prozent der europäischen Exporte in diesen mehr als 260 Millionen Verbraucher umfassenden Markt mit Zöllen belegt. Das verursacht Kosten von rund vier Milliarden Euro pro Jahr für deutsche und europäische Betriebe. Viele Unternehmen sehen daher in dem Handelsabkommen eine große Chance.

Diversifizierung in Zeiten globaler Zollkonflikte

Angesichts der weltweiten Handelskonflikte und der Erosion der Welthandelsorganisation braucht die deutsche Wirtschaft engere Handelsbeziehungen mit geopolitisch wichtigen Partnern wie dem Mercosur. Jede Verzögerung bei der Ratifizierung kostet die hiesigen Unternehmen wichtige Marktchancen – denn große Wettbewerbsnationen sind in Südamerika längst aktiv.
Die Bundesregierung sollte deshalb im EU-Rat auf eine rasche Zustimmung zu dem Abkommen drängen. Auch das Europaparlament sollte es zügig ratifizieren, denn ein baldiges Inkrafttreten würde den Unternehmen die dringend benötigte Rechts- und Planungssicherheit im Südamerikageschäft verschaffen.
Europa kann bereits auf intensiven Wirtschaftsbeziehungen aufbauen: Das deutsche Handelsvolumen mit den Mercosur-Staaten lag 2024 über 26 Milliarden Euro, die Direktinvestitionen dort beliefen sich 2023 auf mehr als 35 Milliarden Euro. Laut EU-Angaben sichern deutsche Exporte in die Region hierzulande fast 250.000 Arbeitsplätze. Die brasilianische Metropole São Paulo ist zudem einer der weltweit größten Standorte der deutschen Industrie. Besondere Marktchancen für deutsche Unternehmen bieten die Branchen Maschinenbau, Automobil und Ernährung – Bereiche, in denen die Mercosur-Länder mitunter sehr hohe Zölle erheben.

Praxisnahe Umsetzung – langfristiger Horizont

Entscheidend für den Erfolg des Abkommens ist seine praktische Umsetzung. Wichtig sind klare, harmonisierte Regeln für den Warenursprung, ein umfassendes EU-Online-Tool zu diesen Ursprungsregeln sowie standardisierte Nachweise im Rahmen des Abkommens. Auch sollte die Digitalisierung der Zollprozesse beschleunigt und der EU-Zolltarif vereinfacht werden. Damit würden vor allem auch KMU entlastet und der Handel erleichtert.
Darüber hinaus enthält das Abkommen verbindliche Nachhaltigkeitsregelungen. Alle Partner verpflichten sich, das Pariser Klimaschutzabkommen effektiv umzusetzen. Stärkere Wirtschaftsbeziehungen zwischen Deutschland und Lateinamerika erhöhen so auch die Chancen, in Umwelt- und Klimafragen gemeinsam voranzukommen.
Hiesige Betriebe sind bereits seit über 100 Jahren in den Mercosur-Ländern präsent – unterstützt von den deutschen Auslandshandelskammern (AHKs). Mit langfristigem Engagement sichern sie Zehntausende Arbeitsplätze und tragen durch duale Ausbildungsprogramme nach deutschem Vorbild zur nachhaltigen wirtschaftlichen Entwicklung der Region bei. Das EU-Mercosur-Abkommen eröffnet nun die Möglichkeit, dieses Engagement auszubauen und die Partnerschaft zwischen Europa und Südamerika gemeinsam zu vertiefen.