Streitigkeiten in Ausbildungsverhältnissen

Bei der Industrie- und Handelskammer Koblenz besteht gemäß § 111 Abs. 2 des Arbeitsgerichtsgesetzes ein Ausschuss zur Beilegung von Streitigkeiten zwischen Ausbildenden und Auszubildenden. Dieser Schlichtungsausschuss, der sich aus Vertreter*innen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern zusammensetzt, kann nur Streitigkeiten aus bestehenden Berufsausbildungsverhältnissen des Kammerbezirkes verhandeln. Die Verhandlung ist Prozessvoraussetzung für eine Klage vor dem Arbeitsgericht.
Der Schlichtungsausschuss wird nur auf Antrag des Ausbildenden oder des Auszubildenden tätig. (Das Antragsformular (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 96 KB) kann als Download heruntergeladen werden.)
Anträge minderjähriger Auszubildender bedürfen der Zustimmung gesetzlicher Vertreter. Es ist auch möglich den Antrag mündlich bei der IHK Koblenz zu Protokoll zu geben.
Eine Streitigkeit soll erst vor den Schlichtungsausschuss getragen werden, wenn die Bemühungen der Vertragsparteien, selbst zu einer Verständigung zu kommen, ohne Erfolg geblieben sind. In der Verhandlung strebt der Schlichtungsausschuss eine gütliche Einigung der Vertragsparteien an.
Die Anwesenheit des Ausbildenden und des Auszubildenden sowie des gesetzlichen Vertreters ist für den Verhandlungsverlauf vorteilhaft. Eine Vertretung durch Vertreter von Gewerkschaften oder von Vereinigungen von Arbeitgebern ist zulässig, wenn diese Person kraft Satzung oder Vollmacht befugt sind.
Die Verhandlung vor dem Schlichtungsausschuss ist nicht öffentlich. Das Verfahren ist gebührenfrei. Jede Vertragspartei trägt die ihm durch das Verfahren entstandenen Kosten selbst. Zeugen und Sachverständige sind von demjenigen zu entschädigen, der sie zum Beweis seiner Behauptung angeboten hat.
Die Verfahrensordnung (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 47 KB) kann als Download heruntergeladen werden.

Merkblatt zum Verfahren vor dem Schlichtungsausschuss zur Beilegung von Streitigkeiten aus Berufsausbildungsverhältnissen

Kommt es zu Streitigkeiten zwischen einem Auszubildenden und dem ausbildenden Betrieb, so steht es beiden Parteien offen, den Rechtsweg zu beschreiten. Das Arbeitsgerichtsgesetz sieht in § 111 Abs. 2 vor, dass bei Streitigkeiten aus Berufsausbildungsverhältnissen noch vor dem Anrufen der Arbeitsgerichte ein Schlichtungsverfahren vor den Ausschüssen zur Beilegung von Streitigkeiten aus Berufsausbildungsverhältnissen durchzuführen ist. Die jeweils nach dem Berufsbildungsgesetz für die Betreuung eines Berufsausbildungsverhältnisses zuständige Industrie- und Handelskammer bildet Ausschüsse, die den Versuch unternehmen sollen, in mündlicher Verhandlung die Streitigkeit gütlich beizulegen. Dieses hat für beide Seiten in der Regel nicht nur einen Kostenvorteil, sondern vermeidet auch den häufig mit einem Arbeitsgerichtsprozess verbundenen "bitteren Beigeschmack". Erfahrungsgemäß bleibt das Verhältnis zwischen Ausbildendem und Auszubildenden belastet, wenn Streitigkeiten schon einmal vor den Arbeitsgerichten ausgetragen wurden und dort der Fall streitig entschieden werden musste. Das Schlichtungsverfahren bietet demgegenüber die Möglichkeit, den Streit in gütlicher und nicht zu förmlicher Atmosphäre zu erörtern und nach Lösungswegen zu suchen, die für beide Parteien akzeptabel sind. Darüber hinaus hat das Anrufen der Schlichtungsausschüsse angesichts der häufig überlasteten Arbeitsgerichte auch einen zeitlichen Vorteil.

Sachliche und örtliche Zuständigkeit

Der Schlichtungsausschuss ist für alle Streitigkeiten zwischen Ausbildenden und Auszubildenden aus einem bestehenden Berufsausbildungsverhältnis zuständig. Diese Formulierung ist wörtlich zu verstehen. Der Schlichtungsausschuss kann sich also nur dann mit einer Streitigkeit befassen, wenn und solange das Berufsausbildungsverhältnis rechtlich noch besteht. Zweck des Schlichtungsverfahrens ist es nämlich, nach Möglichkeit einer Auflösung des Berufsausbildungsverhältnisses entgegenzuwirken. Ist allerdings unter den Parteien streitig, ob ein Berufsausbildungsverhältnis durch eine Kündigung rechtswirksam aufgelöst wurde, kann gleichwohl der Schlichtungsausschuss angerufen werden, weil erst im Schlichtungsverfahren die Wirksamkeit dieser Kündigung überprüft wird. Das gilt nach mittlerweile einhelliger Auffassung der Rechtsprechung auch bei außerordentlichen Kündigungen des Berufsausbildungsverhältnisses. Aber auch Streitigkeiten über die Verlängerung des Berufsausbildungsverhältnisses müssen zunächst vor dem Schlichtungsausschuss verhandelt werden.
Streiten die Parteien dagegen z. B. um die Begründetheit und die Höhe von Schadensersatzforderungen eines mittlerweile unstreitig beendeten Berufsausbildungsverhältnisses, so sind die Schlichtungsausschüsse nicht zuständig. Hier ist dann unmittelbar Klage vor den Arbeitsgerichten geboten.
Beachtet werden sollte auch, dass bei Streitigkeiten im Rahmen von Umschulungs- oder Fortbildungsverhältnissen die Arbeitsgerichte direkt anzurufen sind, sofern arbeitsrechtliche Streitigkeiten vorliegen. Dieses gilt auch bei Umschulungsverhältnissen in anerkannten Ausbildungsberufen.
Örtlich zuständig ist in der Regel derjenige Schlichtungsausschuss, der bei der das Berufsausbildungsverhältnis betreuenden IHK errichtet wurde.

Zusammensetzung des Schlichtungsausschusses

Der Ausschuss setzt sich aus je einem ehrenamtlichen Vertreter der Arbeitgeber und Arbeitnehmer zusammen. Die Protokollführung wird von einem Mitarbeiter der IHK wahrgenommen.

Unabhängigkeit des Schlichtungsausschusses

Nach der gesetzlichen Regelung ist der Schlichtungsausschuss zwar ein Organ der IHK mit besonderem Aufgabenbereich, jedoch ohne rechtliche Eigenständigkeit. Die Mitglieder sind in ihren Entscheidungen ausschließlich den geltenden Gesetzen unterworfen. Die Industrie- und Handelskammer führt die Geschäfte des Schlichtungsausschusses, das heißt, dass alle Anträge, Zuschriften sowie mündliche und telefonische Mitteilungen und Anfragen an die Dienstanschrift der IHK zu richten sind. Von hier aus erfolgt auch die verbindliche Terminierung der mündlichen Verhandlung.

Gang des Verfahrens

Den Ablauf des Verfahrens hat die Industrie- und Handelskammer durch eine Verfahrensordnung geregelt. Die Verfahrensordnung kann auf Nachfrage bei der IHK bezogen werden.
Will ein Auszubildender oder ein Ausbildender ein Verfahren vor dem Ausschuss einleiten, so hat er bei der zuständigen IHK einen Antrag schriftlich oder mündlich zu Protokoll zu geben. Dieser Antrag sollte die Bezeichnung der Beteiligten (Antragsteller und Antragsgegner), ein bestimmtes Antragsbegehren sowie eine diesbezügliche Begründung enthalten. Ist der Auszubildende noch minderjährig, so kann der entsprechende Antrag nur von seinem gesetzlichen Vertreter gestellt werden.
Auf den Antrag hin setzt die fungierende IHK einen Verhandlungstermin fest und beruft den Ausschuss ein. Sie lädt die Beteiligten zur mündlichen Verhandlung ein und ordnet ihr persönliches Erscheinen an. Eine Rechtsvertretung muss angezeigt werden.
Dem Antragsgegner stellt die IHK zusammen mit der Ladung die Kopie oder Zweitschrift des gestellten Antrags zu. Der Antragsgegner erhält die Möglichkeit, sich noch vor dem mündlichen Termin schriftlich zu äußern.

Abschluss des Verfahrens

Nach Erörterung der Sach- und Rechtslage gibt es für das Verfahren vor dem Ausschuss fünf Möglichkeiten des Verfahrensabschlusses:
  • Die Parteien einigen sich gütlich und legen diese Einigung in einem schriftlichen Vergleich nieder, der von ihnen und den Mitgliedern des Ausschusses zu unterzeichnen ist.
  • Sind die Parteien zu einer gütlichen Beilegung der Streitigkeit nicht bereit, so hat der Ausschuss einen Schlichtungsspruch zu fällen. Dieser Schlichtungsspruch wird zunächst in Abwesenheit der Beteiligten beraten und sodann unter Darlegung der wesentlichen Entscheidungsgründe verkündet. Die Beteiligten erhalten spätestens innerhalb einer Woche nach Verkündung des Spruches eine vom Vorsitzenden unterzeichnete Ausfertigung des Spruches mit Rechtsmittelbelehrung.
  • Es ist allerdings auch der Fall denkbar, dass die Ausschussmitglieder den Streitfall unterschiedlich beurteilen und sich deshalb auf einen einheitlichen Schlichtungsspruch nicht einigen können. Auch in einem solchen Falle erhalten die Parteien nach der mündlichen Verkündigung, dass ein Schlichtungsspruch nicht zustande gekommen ist, eine Ausfertigung der Niederschrift zusammen mit einer Rechtsmittelbelehrung.
  • Erscheint der Antragsteller ohne ausreichende Entschuldigung nicht zum Verhandlungstermin, so ist auf Antrag ein Versäumnisspruch dahingehend zu erlassen, dass der Antragsteller mit seinem Begehren abgewiesen wird. Bei Säumnis des Antragsgegners ist dem Antragsbegehren stattzugeben, sofern die Begründung des Antrags es rechtfertigt.
  • Darüber hinaus ist denkbar, dass der Antrag vom Antragsteller vor dem Verhandlungstermin schriftlich zurückgenommen wird.

Weiteres Verfahren

Kommt eine gütliche Einigung zwischen den Parteien nicht zustande, so ist der weitere Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten gegeben. Binnen von zwei Wochen ist vor dem zuständigen Arbeitsgericht Klage zu erheben. Allerdings entfällt vor dem Arbeitsgericht die sonst obligatorische Güteverhandlung, da ja eine gütliche Einigung bereits erfolglos versucht worden ist.
Wurde zwar in der mündlichen Verhandlung noch keine gütliche Einigung herbeigeführt, sondern ein Schlichtungsspruch gefällt, so wird dieser nur wirksam, wenn er innerhalb einer Woche nach Verkündung durch die Parteien anerkannt wird. Die zuständige IHK/Regionalgeschäftsstelle hat die Beteiligten unverzüglich davon zu unterrichten, ob ein Schlichtungsspruch anerkannt wurde. Bei Nichtanerkennung ist wiederum die Klage vor dem zuständigen Arbeitsgericht gegeben. Gleiches gilt im Falle des Nichtzustandekommens eines Schlichtungsspruchs, weil sich die Schlichter nicht haben einigen können.
Ein von den Beteiligten anerkannter Spruch besitzt die Rechtskraft eines Urteils. Aus einem anerkannten Spruch und aus einem Vergleich findet die Zwangsvollstreckung statt, wenn der Spruch von dem Vorsitzenden des Arbeitsgerichts, das für die Geltendmachung des Anspruchs zuständig wäre, für vollstreckbar erklärt worden ist.

Kosten

Das Verfahren vor dem Schlichtungsausschuss selbst ist gebührenfrei. Jeder Beteiligte trägt allerdings die ihm durch das Verfahren entstandenen Kosten selbst. Zeugen und Sachverständige sind von demjenigen Beteiligten zu entschädigen, der sie zum Beweis seiner Behauptung angeboten hat.
Wenn diese Regelung allerdings zu billigen Härten führen würde, kann der Ausschuss durch Spruch eine Kostenentscheidung fällen.

Schlichtungsstandorte der Industrie- und Handelskammer Koblenz:

  • Industrie- und Handelskammer Koblenz, Schlossstraße 2, 56068 Koblenz
  • IHK-Regionalgeschäftsstelle Ahrweiler, Joerresstraße 11, 53474 Bad Neuenahr-Ahrweiler
  • IHK-Regionalgeschäftsstelle Altenkirchen, Wiedstraße 9, 57610 Altenkirchen
  • IHK-Regionalgeschäftsstelle Bad Kreuznach, John-F.-Kennedy-Straße 13, 55545 Bad Kreuznach
  • IHK-Regionalgeschäftsstelle Birkenfeld, Hauptstraße 161, 55743 Idar-Oberstein
  • IHK-Regionalgeschäftsstelle Neuwied, Andernacher Straße 17, 56564 Neuwied
  • IHK-Regionalgeschäftsstelle Rhein-Hunsrück-Kreis, Vor dem Tor 3, 55469 Simmern
  • IHK-Regionalgeschäftsstelle Westerwald und Rhein-Lahn-Kreis, Bahnhofsplatz 2-4, 56410 Montabaur