Konjunkturbericht Frühsommer 2023

Optimismus kehrt nur langsam zurück

Eine schwungvolle Frühjahrserholung der regionalen Wirtschaft ist im Bezirk der Industrie- und Handelskammer Karlsruhe (IHK) ausgeblieben. Im Branchendurchschnitt ist der IHK-Konjunkturklimaindex, der die Beurteilung der Geschäftslage und der Geschäftserwartungen in einem Wert darstellt, von 120 Indexpunkten zu Jahresbeginn auf 121 Punkte im Frühsommer 2023 gestiegen. Die aktuelle Geschäftslage wird von den Unternehmen insgesamt nicht mehr ganz so positiv bewertet wie noch vier Monate zuvor. Die Auftragsentwicklung hat teilweise einen deutlichen Dämpfer erhalten. Abnehmende Liefer- und Materialengpässe als auch der Rückgang der Energiepreise können die träge Weltkonjunktur und die schleppende Inlandsnachfrage nicht ausgleichen. Die Geschäftsaussichten für die kommenden zwölf Monate fallen insgesamt etwas optimistischer aus, dennoch erwartet weiterhin jedes fünfte Unternehmen einen Rückgang der Geschäfte. Der in fast allen Branchen bestehende Fachkräftemangel ist das derzeit drängendste Problem der regionalen Wirtschaft. Bei den Investitionsplanungen werden die Betriebe ihren eher vorsichtigen Kurs beibehalten. Steigende und abnehmende Investitionsbudgets halten sich die Waage.
Grafik IHK-Konjunkturklimaindex
Der IHK-Konjunkturklimaindikator wird berechnet als geometrisches Mittel der Lage- und Erwartungssalden und stellt den konjunkturellen Gesamtzustand der regionalen Wirtschaft dar. Der Indikator kann zwischen den Werten 0 und 200 schwanken. Je höher der auf der linken Achse dargestellte Wert, desto besser ist das Konjunkturklima. Die Lage- und Erwartungsindikatoren werden als Saldo aus den gewichteten positiven und negativen Antworten ermittelt. Sie sind auf der rechten Achse dargestellt.

Geschäftslage

Im Frühsommer 2023 sind die Unternehmen im Branchendurchschnitt mit ihrer Geschäftslage noch weitgehend zufrieden. 42 % der Unternehmen berichten von gut laufenden Geschäften (Jahresbeginn 2023: 48 %). Jeder zweite Betrieb meldet eine zufriedenstellende Gesamtsituation. Der Anteil der Unternehmen mit kritischem Geschäftsverlauf ist um drei Prozentpunkte auf 8 % zurückgegangen. Gegenüber dem Jahresbeginn hat sich der Geschäftslagesaldo um 3 Punkte auf aktuell 34 Punkte verringert. Weniger Unternehmen konnten ihre Umsätze gegenüber dem Vorjahreszeitraum steigern, so dass der Gesamtumsatzsaldo von plus 18 Punkten zu Jahresbeginn auf plus 11 Punkte gesunken ist. Hinzu kommt, dass nominale Umsatzsteigerungen oftmals auch der hohen Inflation geschuldet sind, real aber weniger Geld in die Kasse spülen. Im Einzelhandel und dem Gastgewerbe hat die Zufriedenheit mit der Geschäftssituation zugenommen, während Industrie und Dienstleistungen sich auf stabilem Niveau bewegen. In Bau und Großhandel hat die noch positive Bewertung der aktuellen Geschäftslage gegenüber dem Jahresbeginn deutlich nachgelassen.

Geschäftserwartungen

Die Geschäftserwartungen haben sich im Frühsommer 2023 in geringfügigem Ausmaß weiter stabilisiert. Trotz nachlassende Lieferengpässe und gesunkener Energiepreise rechnen die Unternehmen aktuell nicht mit großen Wachstumssprüngen. Der Geschäftserwartungssaldo hat sich im Branchendurchschnitt von plus 5 Punkten zu Jahresbeginn auf plus 9 Punkte erhöht. Hoffnung auf bessere Geschäfte hegen aktuell 30 % der Unternehmen nach 26 % zu Jahresbeginn. Gleichzeitig stagniert der Anteil der Skeptiker bei 21 %. Am schlechtesten sind die Erwartungen in der Bauindustrie und dem Einzelhandel. Hier zeigt sich die massive Sorge vor den Folgen der gestiegenen Baukreditzinsen und der hohen Inflation. Arbeitskräfte sind vielerorts knapp. Der Fachkräftemangel steht daher weiterhin ganz oben auf der Risiko-Skala. Es folgen die Energiepreisentwicklung (mit abgeschwächter Tendenz) und steigende Arbeitskosten infolge der aktuellen Tarifabschlüsse und der schwierigen Suche nach Personal. In der Bauindustrie zählen allerdings die Energie- und Rohstoffpreise sowie die einbrechende Inlandsnachfrage zu den größten Geschäftsrisiken.
Grafik Geschäftsrisiken

Beschäftigung

Die ansonsten saisonübliche Frühjahrsbelebung auf dem regionalen Arbeitsmarkt ist ausgeblieben. Wie bereits im März hat sich auch im April 2023 die Zahl der Arbeitslosen leicht erhöht. Insgesamt befindet sich der Arbeitsmarkt aber in einer stabilen Verfassung. Im April 2023 waren im IHK-Bezirk Karlsruhe 23.410 Personen erwerbslos gemeldet, 3.258 Personen bzw. 16,2 % mehr als im Vorjahresmonat und 176 mehr als im Vormonat (plus 0,8 %). Die Arbeitslosenquote lag bei 4,0 % (Baden-Württemberg: 3,8 %, Deutschland: 5,7 %). Die Zahl der der Arbeitsagentur Karlsruhe-Rastatt gemeldeten offenen Stellen liegt aktuell bei 8.014, 2.226 Stellen weniger als im April 2022 (minus 21,7 %). Ähnlich wie zu Jahresbeginn plant im Frühsommer 2023 etwa jedes fünfte Unternehmen seine Personalkapazitäten aufzustocken. Sechs von zehn Betrieben werden ihren Beschäftigtenstand in den kommenden Monaten wahrscheinlich halten. Leicht erhöht hat sich der Anteil der Unternehmen, deren Personalbestand sich voraussichtlich verringern wird.
Grafik Beschäftigungsabsichten

Investitionen

Bei den Investitionsplänen halten die Unternehmen angesichts der trägen Konjunktur weiterhin einen vorsichtigen Kurs. Die Investitionsbereitschaft zeigt im Frühsommer 2023 zwar weiter eine Aufwärtsbewegung, per Saldo halten sich steigende und fallende Budgets allerdings die Waage (nach minus 19 Punkten im Herbst 2022 und minus 6 Punkten zu Jahresbeginn). Nach derzeitigem Planungsstand wollen 29 % der Betriebe in den kommenden 12 Monaten mehr investieren. 43 % der Unternehmen möchten die Investitionsausgaben konstant halten. 17 % der Betriebe wollen ihre Investitionsbudgets (weiter) reduzieren, 11 % werden komplett auf Investitionen verzichten. Hauptinvestitionsmotiv ist die Ersatzbeschaffung (66 %). Noch mehr als bisher steht das Voranbringen der unternehmensinternen Digitalisierung im Fokus der Unternehmen (60 % nach 52 % zu Jahresbeginn 2023). Dritthäufigstes Investitionsmotiv, wenn auch mit nachlassender Tendenz, sind Produkt- oder Prozessinnovationen (40 % nach 45 % zu Jahresbeginn 2023). Umweltschutz und Energieeffizienzmaßnahmen planen wie zu Jahresbeginn 37 % der Betriebe. 26 % der Unternehmen erwägen Rationalisierungsmaßnahmen. Der Anteil der Unternehmen, die über eine Erweiterung des Geschäftsbetriebes nachdenken, liegt stabil bei 24 %. Mehrfachnennungen waren möglich.
Grafik Investitionsabsichten
* Erläuterung der Trendaussagen in den Grafiken
Die Pfeile stellen die Gesamtveränderung zur Vorumfrage dar: Horizontal: Zu- bzw. Abnahme des Saldos der positiven und negativen Antworten bis +/- 5,0. Schräg: Zu- bzw. Abnahme des Saldos der positiven und negativen Antworten um mehr als +/- 5,0 bis +/- 10,0.
Vertikal: Zu- bzw. Abnahme des Saldos der positiven und negativen Antworten um mehr als +/- 10,0.

Industrie

Im Frühsommer 2023 beurteilt die regionale Industrie ihre Geschäftslage per Saldo ähnlich wie zu Jahresbeginn. 32 % der Industrieunternehmen bezeichnen die eigene wirtschaftliche Situation als gut (Jahresbeginn 2023: 36 %), 13 % der Betriebe sehen ihre aktuelle Geschäftslage als kritisch an. Der Geschäftslagesaldo notiert somit bei 20 Punkten, vier Prozentpunkte weniger als vier Monate zuvor. Weniger erfreulich zeigt sich der Trend bei der Umsatzentwicklung. Nur noch 29 % der Unternehmen konnten ihre Inlandserlöse verbessern (Jahresbeginn 2023: 49 %). Gleichzeitig erhöhte sich der Anteil der Betriebe mit geringeren Inlandsumsätzen um 8 Prozentpunkte auf 37 %. Das Auslandsgeschäft hatte dem wenig entgegenzusetzen: Steigende und fallende Erlöse halten sich in etwa die Waage. Die durchschnittliche Kapazitätsauslastung stagniert bei 83 %. Die Neuaufträge aus dem In- und Ausland sind in den vergangenen Monaten unerwartet stark zurückgegangen. Der Saldo aus steigenden und fallenden Auftragseingängen ist auf den Inlandsmärkten von minus 13 Punkten auf minus 19 Punkte, auf den Auslandsmärkten von minus 14 Punkten auf minus 24 Punkte gefallen. Drei von zehn Unternehmen erwartet dennoch bessere Geschäfte. Der Anteil der Skeptiker verharrt bei 24 % (Saldo: plus 5 Punkte, zuvor plus 2 Punkte). Die teilweise immer noch fragilen Lieferketten bergen für 43 % der Unternehmen weiterhin ein großes Risikopotenzial. Die Investitionsbereitschaft hat zugenommen. Die Beschäftigungsplanungen fallen per Saldo eher moderat aus.
Grafik Konjunkturklima Industrie

Exporterwartungen

Vor dem Hintergrund des unsicheren weltwirtschaftlichen Umfeldes fehlt den Exporterwartungen der auslandsorientierten Industrieunternehmen der Schwung. Aktuell rechnen 21 % der Unternehmen mit steigenden Exporten, 20 % der Betriebe erwarten ein rückläufiges Auslandsgeschäft. Nennenswerte Exportzuwächse werden per Saldo allenfalls in Lateinamerika und Asien erwartet (plus 8 bzw. plus 7 Punkte). Die Absatzchancen in der EURO-Zone werden wieder negativ eingeschätzt. Der Exporterwartungssaldo liegt nun bei minus 3 Punkten (Jahresbeginn 2023: 0 Punkte, Herbst 2022: minus 11 Punkte). Weiterhin rückläufig werden die Ausfuhrchancen auf den Märkten der sonstigen EU- und der EFTA-Staaten gesehen. Der Exporterwartungssaldo beträgt wie zu Jahresbeginn 2023 minus 4 Punkte. Ein deutlicher Einbruch wird bei den Handelsbeziehungen mit UK befürchtet. Hier ist der Saldo von minus 5 auf minus 20 Punkte gefallen. Die zu Jahresbeginn noch positiven Exporterwartungen auf dem nordamerikanischen Markt sind im Frühsommer 2023 in Skepsis umgeschlagen. Die Zinserhöhungen der Notenbank zur Bekämpfung der Inflation dürften die US-Wirtschaft belasten und damit auch nachteilig auf die hiesigen Ausfuhrgeschäfte wirken.
Grafik Exporterwartungen nach Zielregionen

Großhandel

Im regionalen Großhandel hat sich im Frühsommer 2023 der Anteil der Unternehmen in kritischer Situation wieder deutlich erhöht. Der Geschäftslagesaldo ist von plus 33 Punkten zu Jahresbeginn 2023 auf plus 19 Punkte zurückgegangen. Aktuell bezeichnen 38 % der Betriebe ihre Lage als gut, 19 % sind unzufrieden (Jahresbeginn 2023: 39 % bzw. 6 %). Die im Vergleich zum Vorjahreszeitraum weiterhin negative Erlösentwicklung wurde aktuell insbesondere vom Auslandsgeschäft geprägt. Der Auslandsumsatzsaldo fiel von minus 12 Punkten noch weiter auf minus 17 Punkte, der Erlössaldo Inland verbesserte sich dagegen von minus 18 Punkten auf minus 13 Punkte. Die Ertragslage hat etwas nachgegeben, stellt sich aber dennoch überwiegend als zufriedenstellend bis gut dar. Erneut melden weniger Betriebe eine kritische Kosten-Gewinn-Situation. Trotz weiterhin per Saldo rückläufiger Bestelleingänge blicken die Unternehmen vorsichtig optimistisch auf die kommenden zwölf Monate. Der Geschäftserwartungssaldo ist von minus 14 Punkten auf plus 4 Punkte gestiegen. Investitions- und Personalplanungen weisen im niedrigen Bereich einen positiven Saldo auf.
Grafik Konjunkturklima Handel

Einzelhandel

Im regionalen Einzelhandel bezeichnet im Frühsommer 2023 ein Großteil der Unternehmen (48 %), die aktuelle Geschäftslage als gut, ebenso hoch ist der Anteil der zufriedenen Unternehmen. Der Geschäftslagesaldo kletterte somit von plus 22 auf plus 43 Punkte. Die Umsätze haben sich per Saldo nochmals erhöht (plus 39 Punkte gegenüber plus 31 Punkten zu Jahresbeginn 2023). Teilweise dürfte diese Entwicklung auch der hohen Inflation geschuldet sein. Der Ertragslagesaldo ist von plus 39 Punkten auf plus 44 Punkte gestiegen, weiterhin bezeichnet jeder zweite Betrieb seine Ertragssituation trotz der merklich gestiegenen Kosten als gut. Das Kaufverhalten der Kunden wird zwar mehrheitlich als saisonüblich angesehen, ein nicht unerheblicher Teil der Betriebe beobachtet allerdings auch eine deutliche Zurückhaltung bei der Kaufbereitschaft. Beim Blick in die Zukunft überwiegt angesichts hoher Inflationsraten und steigender Preise weiterhin die Skepsis, aber in geringerem Ausmaß als vier Monate zuvor. Der Geschäftserwartungssaldo ist von minus 22 Punkten auf aktuell minus 16 Punkte, der Umsatzerwartungssaldo von minus 13 Punkten auf minus 2 Punkte gestiegen. Die Personalplanungen sind leicht expansiv, die Investitionsbereitschaft hat sich erhöht, liegt aber noch im negativen Bereich.

Dienstleistungen

Der unternehmensnahe Dienstleistungssektor agiert weiter auf hohem Niveau. Der Anteil der positiven Meldungen zur Geschäftslage ist um 9 Prozentpunkte auf aktuell 48 % zurückgegangen. Gleichzeitig haben aber auch die kritischen Stimmen abgenommen. Unzufrieden mit der geschäftlichen Situation zeigen sich derzeit noch 6 % der Unternehmen (Jahresbeginn 2023: 11 %). 43 % der Betriebe melden steigende Erlöse, 20 % berichten von Umsatzrückgängen. Der Umsatzsaldo verbesserte sich somit um 2 Punkte auf plus 23 Punkte. Die Ertragssituation hat nachgegeben. Der Ertragslagesaldo notiert derzeit bei plus 24 Punkten nach plus 30 Punkten zu Jahresbeginn. Mehr Unternehmen melden eine steigende Nachfrage, aber auch der Anteil der Betriebe mit rückläufigen Aufträgen hat sich erhöht. Der Auftragsvolumenindikator stagniert somit bei plus 16 Punkten. Die Optimisten haben hinsichtlich der Geschäftsentwicklung in den nächsten Monaten weiter die Oberhand. Der Geschäftserwartungsindikator liegt bei plus 24 Punkten nach zuvor 20 Punkten. Die Beschäftigungsplanungen sind weniger expansiv als zuvor. Steigende und fallende Investitionsbudgets halten sich die Waage.
Grafik Konjunkturklima Dienstleistungen
Das regionale Transport- und Verkehrsgewerbe beurteilt seine aktuelle Geschäftslage per Saldo etwas günstiger als zu Jahresbeginn. Im Binnenverkehr konnten mehr Unternehmen höhere Umsätze erzielen, im grenzüberschreitenden Verkehr entspricht die Erlösentwicklung überwiegend dem Vorjahresniveau. Trotz weiterhin hoher Kostenbelastungen wird die Ertragslage meistens noch als zufriedenstellend bis gut bezeichnet. Im Durchschnitt hat sich die Auftragsentwicklung verbessert, so dass die Branche recht optimistisch in die Zukunft schaut. Der Personalbestand bleibt stabil, die Investitionsbereitschaft hat zugenommen.
Im Bereich der Dienstleistungen für Unternehmen laufen die Geschäfte weiterhin rund. Mehr Unternehmen melden höhere Umsätze, der Anteil der Betriebe mit Erlösrückgängen stagniert (Umsatzsaldo: plus 22 Punkte nach plus 18 Punkten zu Jahresbeginn 2023). Die Anteile der Unternehmen mit steigender bzw. sinkender Nachfrage haben jeweils zugenommen. Leicht wachsender Optimismus treibt den Geschäftserwartungssaldo auf plus 27 Punkte. Die Investitionsbereitschaft ist dennoch verhalten und auch die Personalpläne fallen vorsichtiger aus.
Auch die ITK-Dienstleister erfreuen sich überwiegend einer guten Geschäftslage. Deutlich mehr Unternehmen berichten von steigenden und deutlich weniger von rückläufigen Umsätzen. Der Anteil der Betriebe mit guter Ertragslage ist dreimal so hoch wie der Anteil der Betriebe in kritischer finanzieller Situation. Im Durchschnitt hat die Nachfrage nach IT-Dienstleistungen weiter angezogen, so dass der geschäftliche Ausblick auf die kommenden zwölf Monate noch optimistischer ausfällt als zuvor. Davon zeugen auch die expansiven Investitions- und Beschäftigungspläne.
Das regionale Hotel- und Gaststättengewerbe zeigt ein divergierendes Bild, insgesamt hat sich die Stimmung gegenüber dem Jahresbeginn jedoch gebessert. Der Lagesaldo ist von plus 3 Punkten auf plus 17 Punkte angestiegen. Der Anteil der Unternehmen mit gestiegenen Umsätzen liegt fünfmal höher als der Anteil der Betriebe mit sinkenden Erlösen. Die Branche hofft auf ein Anziehen der Geschäfte in der Sommersaison. Die Investitionsneigung hat sich weiter abgeschwächt, die Beschäftigtenzahl dürfte tendenziell sinken.

Finanzdienstleistungen

Im Frühsommer 2023 bewerten die regionalen Finanzdienstleister ihre aktuelle Geschäftslage im Branchendurchschnitt deutlich gedämpfter als noch zu Jahresbeginn 2023. In der Versicherungswirtschaft verbesserte sich zwar das Neugeschäft und auch die Beitragseinnahmen haben sich per Saldo erhöht, die Zahlungen für Schadensfälle sind jedoch merklich gestiegen. Infolge schwindet die Zufriedenheit mit der Ertragsentwicklung. Im Kreditgewerbe ist der Anstieg des Geschäftsvolumen im Branchendurchschnitt stark zurückgegangen, teilweise ist es sogar gesunken. Die Ertragslage der Institute ist mehrheitlich noch zufriedenstellend. Im Privatkundengeschäft ist die Kreditnachfrage angesichts der Zinsentwicklung nahezu zusammengebrochen. Auch Firmenkunden halten sich zurück. Die Vergabe von Investitionskrediten ist weiter abgerutscht. Ebenfalls nachgelassen hat die Vergabe von Betriebsmittelkrediten zur Sicherung der Liquidität bei Zahlungsengpässen. Die Risikovorsorge wurde nochmals stark ausgeweitet. Steigende und sinkende Investitionsbudgets halten sich branchenübergreifend die Waage. Hauptmotiv ist die Digitalisierung. Personalpläne werden weiterhin gekürzt.
Grafik Konjunkturklima Finanzdienstleistungen

Bauindustrie

Nach einer kurzen Erholungsphase zum Jahresbeginn ist in der Bauindustrie im Frühsommer 2023 die Zufriedenheit mit der Geschäftslage deutlich zurückgegangen. Der Lagesaldo ist von plus 65 Punkten auf plus 39 Punkte gefallen. Mehrheitlich wird von einer stagnierenden Bauproduktion und einer noch befriedigenden Ertragslage berichtet. In allen Bausparten befindet sich die Auftragsentwicklung in einer sich rasant verstärkenden Abwärtsspirale. Teure Baumaterialien, die hohe Inflation, steigende Baukreditzinsen und gekappte Fördermöglichkeiten lassen potenzielle Bauherren massiv auf die Bremse treten. Insbesondere im Wohnungsbau werden Projekte verschoben oder gleich ganz storniert. Auch im Öffentlichen Hochbau und dem Straßen- und Tiefbau gehen deutlich weniger Aufträge ein. Nicht ganz so stark ist der Auftragsrückgang im Gewerblichen Hochbau. Die Geschäftserwartungen sind daher weiterhin von überdurchschnittlichem Pessimismus geprägt (Geschäftserwartungssaldo: minus 42 Punkte). Entsprechend restriktiv bleiben die eigenen Investitionsplanungen. Angesichts des Fachkräftemangels versuchen die meisten Betriebe, ihren Personalbestand noch zu halten.
Grafik Konjunkturklima Bauindustrie

Finanzierungsumfeld

Finanzierungsumfeld weiterhin überwiegend entspannt, aber gestiegenes Zinsniveau Hürde für Investitionen

Die Finanzierungssituation stellt sich im Frühsommer 2023 für die meisten Unternehmen in der Region weiterhin günstig dar. Dennoch sehen darin im Branchendurchschnitt derzeit 17 % der Betriebe ein Risiko für die eigene Geschäftstätigkeit (Frühsommer 2022: 7 %). Befragt nach der aktuellen Finanzlage stufen 7 von 10 Unternehmen diese als weitgehend unproblematisch ein. Wie zu Jahresbeginn berichten 11 % der Betriebe von zunehmenden Forderungsausfällen. Von 14 % auf 8 % hat sich der Anteil der Betriebe mit gravierenden Liquiditätsengpässen verringert. Einen Rückgang des Eigenkapitals meldet jedes zehnte Unternehmen (Jahresbeginn 2023: 12 %). Der Anteil der Betriebe, die unter einer hohen Fremdkapitalbelastung ächzen, ist von 8 % auf 7 % zurückgegangen. Wie zu Jahresbeginn melden 8 % der Betriebe einen erschwerten Zugang zu Fremdkapital. Weiterhin rund 1 % der Unternehmen in finanzieller Bedrängnis steht vor der drohenden Insolvenz. Mehrfachnennungen waren möglich.
Weitaus kritischer stellt sich die finanzielle Situation im Hotel- und Gastgewerbe dar. Hier bezeichnen mi 38 % deutlich weniger Betriebe diese als unproblematisch. 41 % der Unternehmen leiden unter Eigenkapitalrückgang, 13 % unter Liquiditätsengpässen. 9 % der Betriebe bangen um ihre Zukunft.
Von den Betrieben, deren Finanzierung derzeit in besonderem Maße beeinträchtigt ist, scheitern die meisten (66 %) an dem gestiegenen Zinsniveau. Vor einem Jahr waren höhere Risikoaufschläge erst für jeden fünften Betrieb ein Problem bei der Mittelbeschaffung. 23 % der Unternehmen haben aufgrund des geforderten hohen eigenen Finanzierungsanteils Schwierigkeiten bei der Kapitalbeschaffung. Für 15 % der Betriebe stellen die aufwendigen Dokumentationspflichten eine Hürde beim Zugang zu Fremdkapital dar. Fehlende Sicherheiten nennen 18 % der Unternehmen als Grund für einen schlechten Finanzierungszugang (Jahresbeginn 2023: 42 %). Mehrfachnennungen waren möglich.