Resolution " Zuverlässige und international wettbewerbsfähige Stromversorgung sichern"

Die deutsche Politik hat das Ziel „Klimaneutralität 2045“ vorgegeben. Dieses Ziel stellt das Land und seine Wirtschaft vor immense Herausforderungen. Denn hiermit geht ein Wechsel von den auf einen Dauerbetrieb ausgelegten fossilen Großkraftwerken auf vorwiegend witterungsabhängige und damit volatile, dezentrale Erzeugungsanlagen Erneuerbarer Energien (Wind und Sonne) einher. Gleichzeitig steigt die Stromnachfrage insgesamt, denn zahlreiche Sektoren wie Wärme, Verkehr und Industrie werden im Zuge der Energiewende zunehmend elektrifiziert und digitalisiert und benötigen ein Mehr an Strom. Forschungsinstitute haben diverse Szenarien errechnet, nach denen der heutige Stromverbrauch von knapp 600 Terawattstunden (TWh) pro Jahr bis zum Jahr 2045 auf 800 bis 1.450 Terawattstunden jährlich ansteigen könnte.
Abseits der Stromerzeugung bedarf es umfangreicher weiterer Kraftanstrengungen im Bereich des Netzausbaus. Der im windreichen Norden entstehende Strom soll einerseits zu den Industriezentren im Westen und Süden Deutschlands transportiert werden. Andererseits erhofft sich der Norden, durch den Zuwachs an Stromerzeugungskapazitäten als attraktiver Wirtschaftsstandort zu profitieren. Parallel wächst der Netzausbaubedarf durch die Umstellung auf zahlreiche dezentral agierende kleinteiligere Erzeugungsstrukturen Erneuerbarer Energien. Die Energieinfrastrukturen müssen an diesen Systemwechsel angepasst werden.
Denn: Bereits heute haben Stromunterbrechungen erhebliche finanzielle Auswirkungen auf die Betriebe. Beispielsweise sind 2023 knapp der Hälfte der betroffenen Firmen unter anderem durch Produktionsausfälle und Maschinenschäden zusätzliche Kosten entstanden.
Ziel muss sein, die Energiewende mit einer gleichbleibend hohen Stabilität und Zuverlässigkeit in der Stromversorgung zu gestalten. Die Wirtschaft bekommt dabei jederzeit genügend Strom ohne Unterbrechungen und kann sich auf eine stabile Stromversorgung verlassen. Die Energiewende wird unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten vorangetrieben. Marktwirtschaftliche Mechanismen und Systeme haben Vorrang vor staatlicher Planung. Es werden langfristig tragfähige Lösungen geschaffen, wie gleichzeitig die anerkannt hohen Investitionsaufwendungen und Betriebskosten gestemmt und die heute schon im internationalen Vergleich zu hohen Nutzungskosten wettbewerbsfähig werden können.
Die regionale Wirtschaft fordert für einen zukunftsfähigen Wirtschaftsstandort eine zuverlässige und international wettbewerbsfähige Stromversorgung, u.a. durch die folgenden Maßnahmen:

Ausstieg aus fossilen erst bei gleichwertigem Ersatz durch CO2-freie Energieträger

Es gilt, den Beitrag zu stabilen Netzen, den heute vor allem noch Kohlekraftwerke leisten, künftig aus anderen Quellen wie etwa Speichern und Erneuerbaren Energien zu decken. Solange das nicht gewährleistet ist, dürfen aus Sicht der Wirtschaft keine weiteren Anlagen abgeschaltet werden.

Kraftwerkstrategie wirtschaftlich und technologieoffen gestalten

Der Mix macht’s. Neue Technologien bieten neue Chancen und dazu braucht es einen forschungsfreundlichen Wirtschaftsstandort, damit Forschung, Forschende und Fachkompetenz im Land bleiben. Deutschland braucht eine Energiestrategie, die langfristig ohne Subventionen, Steuern- oder Umlagefinanzierung wirtschaftlich und technologieoffen in alle Richtungen ist und flexibel auf mögliche Herausforderungen und Limitierungen reagieren kann. Diese sollte die Neuerrichtung von Kraftwerken mit witterungsunabhängigen Energieträgern ermöglichen und eine CO2-neutrale Erzeugung (u.a. Materialeinsatz, Betrieb, Entsorgung) beinhalten. Für Resilienz und Versorgungssicherheit bei Extremwetterlagen (z.B. eine Dunkelflaute bei Kälte) sollten ergänzende Energieangebote zur Verfügung stehen. Ein Mix aus einer zuverlässigen Grundlast und flexiblen Ergänzungskapazitäten nivelliert zudem das Preisniveau der volatilen Erneuerbaren Energien.

Stabilisierung des europäischen Stromnetzes durch mehr Grenzkuppelkapazitäten

Für Resilienz und Versorgungssicherheit bei Extremwetterlagen (z.B. Dunkelflaute, sowie Kühlwassermangel und niedrige Flusspegelstände infolge von langanhaltenden Dürreperioden) braucht es ein leistungsfähigeres europäisches Stromnetz durch neue Leitungen und zusätzliche Grenzkuppelkapazitäten. Das ermöglicht einerseits mehr Stromimportvolumen und andererseits Möglichkeiten zum Abbau nationaler Überkapazitäten.

Übertragungs- und Verteilnetze ausbauen und modernisieren

Es gilt, Investitionen in die Modernisierung und Kapazität der Übertragungs- und Verteilnetze und die Leistungsfähigkeit des Stromsystems zu erleichtern, zu unterstützen und zu initiieren. Dabei darf der Norden Deutschlands nicht durch weiter steigende Netzkosten aufgrund seines hohen Zubaus an erneuerbaren Energiekapazitäten benachteiligt werden.

Ausbau von Smart Grids und Speichertechnologien

Um das Gesamtsystem der Energienetze zu optimieren, spielen auch die intelligente Steuerung auf Angebots- und Nachfrageseite sowie der Einsatz von Speichern eine wichtige Rolle. Entsprechende Technologien sollten stärker gefördert, weiterentwickelt und erprobt werden. Intelligente Stromnetze sollten schneller umgesetzt werden als es zurzeit geschieht.

Monitoring von Stromunterbrechungen einführen

Hilfreich ist es, dazu ein Stichproben-Monitoring von Stromunterbrechungen und Stromausfällen unter drei Minuten als Ergänzung des offiziellen Monitorings (SAIDI-Index) einzuführen.

Auskunftsrecht der Energieabnehmer erweitern

Betroffene Energieabnehmer benötigen ein Auskunftsrecht über Ursachen von Stromunterbrechungen gegenüber dem Netzbetreiber.

Entschädigungsregelungen anpassen

Die Entschädigungsregelung für Abnehmer gegenüber Netzbetreibern sollte angepasst, die Beweislast umgekehrt werden.

Regulatorische Hürden für Eigenstromerzeugung abschaffen

Es gilt, Unternehmen zu unterstützen, die ihren Strom selbst herstellen möchten. Die Neustrukturierung einer gesicherten Energieversorgung in Unternehmen erfordert Verwaltungsstrukturen, die unterstützend arbeiten. Verwaltungsabläufe müssen sich den Projektplanungen zeitlich und inhaltlich unterordnen und sich als Projektpartner verstehen. Darüber hinaus sollten Gewerbestandorte von Beginn an mit ausreichender Energieinfrastruktur ausgestattet und Anschlüsse von Energieerzeugungsanlagen (bspw. PV-Anlagen an Gewerbestandorten) vereinfacht und beschleunigt werden.

Abschluss von Direktlieferungsverträgen (PPA) erleichtern und fördern

Unternehmen, die Strom bereits über Direktlieferungsverträgen (PPA) im Rahmen der „StromPartnerschaft“ beziehen, soll es durch gezielte Anreize ermöglicht werden, diesen neuerbaren Strom für die Wasserstofferzeugung mittels Elektrolyseure (Option 1) oder zur Steigerung ihrer Verbrauchsflexibilität durch den Einsatz von Batteriespeichern (Option 2) zu nutzen und die Eigenverbrauchsquote für den PPA-Strom zu steigern. Die „StromPartnerschaft+“ unterstützt dabei Industrie- und Gewerbebetriebe durch einen einmaligen Investitionszuschuss (Anreiz 1) sowie eine Befreiung von den Netzentgelten (Anreiz 2) für den über das PPA im Rahmen der klassischen „StromPartnerschaft“ bezogenen grünen Strom.

Zum Hintergrund:

Mit dem Ziel der „Klimaneutralität 2045“ steigt der Anteil Erneuerbarer Energien am Strommix stetig, während die Kapazitäten aus Kernenergie vom Markt genommen wurden und die Kohleverstromung nach und nach heruntergefahren wird. Dadurch verschärft sich das Ungleichgewicht zwischen Stromerzeugung und -verbrauch zwischen Nord und Süd. In Zukunft wird der Norden insgesamt, vor allem jedoch dezentrale Anlagen für eine zuverlässige und stabile Stromversorgung sorgen müssen. Hierfür bedarf es eines beschleunigten Netzausbaus.
Änderungen im europäischen Strommarktdesign verstärken zudem das Volumen des grenzüberschreitenden Stromhandels. Besonders belastend für das Übertragungsnetz wirkt sich die Energieeinfuhr aus nördlichen Nachbarländern und Skandinavien aus, kombiniert mit der Ausfuhr in südliche bzw. südwestliche Länder Europas, was ein Nord-Süd-Gefälle im Stromtransport erzeugt. Dies verschärft die Herausforderung, den im Norden produzierten Strom effizient in die süd- und westdeutschen Lastzentren zu übertragen. Darüber hinaus gibt es Technologie- und Realisierungsunsicherheiten hinsichtlich der Wasserstoffwirtschaft, neuer Speichermöglichkeiten, der Umstellung von Erdgas auf Wasserstoff bei Gaskraftwerken und Carbon Capture and Storage (CCS), d.h. der Abscheidung und Ablagerung von CO2. Unklar ist außerdem, wie sich die Treibhausgaseinsparungen in anderen Sektoren entwickeln werden und inwiefern sich dies auf das Stromsystem auswirken wird.
Klar ist: Der Ausbau der Erzeugungskapazitäten von Erneuerbaren Energien, der Bau von wasserstofftauglichen Gaskraftwerken sowie der Ausbau der Übertragungs- und Verteilnetze zur Sicherung einer zuverlässigen und günstigen Energieversorgung für Unternehmen und Bevölkerung ist für unsere Region von übergeordneter Bedeutung. Hierfür bedarf es einer koordinierten Planung, wie Energieerzeugung und -verbrauch sowie der Netzausbau zusammengebracht werden können – nicht zuletzt, um in der Region die regionale Energieversorgung zu unterstützen. Die Bundesregierung sollte auf verschiedene Weise dazu beitragen, die Probleme zu lösen. Einerseits sollte grundsätzlich die Versorgungssicherheit verbessert werden. Andererseits braucht es leistungsfähige Energieinfrastrukturen.
Denn: Spannungsabfälle und Stromunterbrechungen können Unternehmen erheblich beeinträchtigen. Produktionsausfälle, Maschinenschäden oder Datenverluste können die Folge sein. Dadurch auftretende Belastungen lagen pro Einzelfall meist in der Größenordnung bis 10.000 Euro, viele erreichten aber auch bis zu 50.000 Euro, vereinzelt sogar mehr als 100.000 Euro pro Ereignis. Nicht-produzierende Betriebe sind ebenfalls von Stromunterbrechungen betroffen und in ihrer Arbeit behindert, auch wenn sich diese Kosten nicht exakt bestimmen lassen. Dabei wird die Betroffenheit perspektivisch voraussichtlich wachsen. Mit der fortschreitenden Elektrifizierung von Prozessen und der zunehmenden Sensibilität von Maschinen steigt die Bedeutung einer verlässlichen und stabilen Stromversorgung vor allem für die Industrie. Die Stabilisierung der Stromversorgung wird als Folge der fortschreitenden Elektrifizierung der Produktionsprozesse wichtiger. Hält der Ausbau der Netze bei steigenden Anteilen witterungsabhängiger und somit volatiler Stromerzeugung nicht Schritt, können Spannungsabfälle und Stromunterbrechungen bis hin zu Stromausfällen zunehmen.