2023: Klimaschutz gemeinsam mit der Wirtschaft voranbringen

Die Energiewende, d.h. das Ersetzen fossiler Energieträger durch erneuerbare Energien kann nur gemeinsam mit den Unternehmen gelingen. Ihre Wertschöpfung ist Voraussetzung für die notwendigen Investitionen in den Umbau der Energieversorgung. Verschärft wird die Herausforderung durch den Krieg in der Ukraine. Verlässliche, sichere und günstige Gaslieferungen aus Russland wird es nicht mehr geben. Die Wirtschaft hat damit einen Wettbewerbsvorteil verloren vor allem gegenüber der asiatischen und amerikanischen Konkurrenz, da der Umbau der Energieversorgung Jahre brauchen wird und die hohen Energiekosten die Gefahr bergen, den Standort Deutschland dauerhaft zu schwächen. In diesem Umfeld muss die Politik alles daransetzen, die Qualität des Standorts Deutschland zu sichern und nicht zu belasten.
Es ist vernünftig, Energieverbrauch und CO2-Ausstoß zu reduzieren und die Energieeffizienz zu verbessern. Die Wirtschaft steht zu ihrer Verantwortung in diesem Prozess. Aber nur wenn sie wettbewerbsfähig bleibt, ist sie zukunftsfähig und leistungsstark, kann Wohlstand sichern und Investitionen in Klimaschutz ermöglichen Angesichts der angekündigten Verschärfung des Gebäude-Energie-Gesetzes und des geplanten neuen Energieeffizienzgesetzes voller Verpflichtungen und verkürzter Umsetzungsfristen warnen wir davor, die Wirtschaft zu überfordern. Wir brauchen eine Klimapolitik gemeinsam mit der Wirtschaft und nicht gegen die Wirtschaft. Die regionale Wirtschaft fordert daher:

Praxisgerechte Klimaziele mit realistischem Fahrplan

Anregungen der Wirtschaft, praxisferne bürokratische Bremsen zu lösen, sollten Politik und Verwaltung wohlwollend prüfen, um die Investitionswilligen zu unterstützen und zu motivieren. Es ist mehr politisches Verständnis für betriebliche Angelegenheiten erforderlich und dazu braucht es einen intensiven Dialog mit der Wirtschaft. Denn Klimaschutz gelingt nur mit Unternehmen, die wettbewerbsfähig bleiben und sich am Markt behaupten können. Sonderlasten für die Betriebe in Deutschland sind kontraproduktiv und verhindern fairen internationalen Wettbewerb. Manche politische Zielvorgabe ist gewiss gut gemeint, aber häufig sind die Zielvorgaben wie. z.B. im Gebäude-Energie-Gesetz nicht praxisgerecht und die Umsetzungsfristen nicht realistisch. Das wirkt auf die Menschen, die in Unternehmen Verantwortung tragen, wenig motivierend und unsere Umfragen belegen, dass wegen der neuen Regulatorik auch Pläne reifen, Produktion ins Ausland zu verlagern.

Energieeffizienz durch Anreize steigern

Wirksame Instrumente zur systematischen Steigerung der Energieeffizienz sind marktwirtschaftliche Anreize, Technologieoffenheit und die wirtschaftliche Belohnung betrieblicher Erfolge. Enge Nachweis- und Berichtspflichten für die Betriebe sowie Umsetzungsverpflichtungen mindern das betriebliche Eigeninteresse zur Steigerung der Energieeffizienz. Auch gesetzlich verbindliche Energieeinsparvorschriften für den Endenergieverbrauch sind unnötig bürokratisch und kontraproduktiv. Schließlich spielt es zur Erreichung betrieblicher Klimaschutzziele keine Rolle, ob CO2 etwa durch Energieeinsparungen oder durch Investitionen in erneuerbare Energien vermieden wird.

Wettbewerbsfähige Energiekosten ermöglichen

Um seine Energiekosten dauerhaft zu senken, muss in Deutschland in erster Linie das Angebot massiv ausgebaut werden. Es sollte der Grundsatz gelten: Kraftwerkskapazitäten werden nur abgeschaltet, wenn bereits sie ersetzende Energieerzeugungskapazitäten in mindestens gleichem Umfang bereitgestellt sind. Gleichzeitig sind Entlastungen für Unternehmen bei den Energiepreisen notwendig. Kurzfristig ist die Reduzierung von Abgaben auf Strom und Gas schnell umsetzbar. Durch eine Finanzierung von Umlagen aus dem Bundeshaushalt und einer Senkung der Strom- und Energiesteuer auf Gas können die Energiekosten abgesenkt werden. Grundsätzlich sollten weitere Steuersenkungen für die Unternehmen zu deren Entlastung auf den Weg gebracht werden.

Energieinfrastruktur ausbauen

Je weiter der Ausbau der Erneuerbaren, der Markthochlauf von Wasserstoff sowie die e-Mobilität und der Einbau von Wärmepumpen voranschreiten, desto dringlicher ist eine leistungsfähige Energieinfrastruktur. Ohne entsprechenden Infrastrukturzugang können Unternehmen sich nicht oder nur eingeschränkt an der Energiewende beteiligen und ihre betrieblichen Klimaschutzziele nicht erreichen. Daher sollte der notwendige Ausbau der Netzinfrastruktur unbedingt koordiniert und über alle Energieträger hinweg beschleunigt umgesetzt werden. Der bisher schleppende Ausbau und die langsame Modernisierung der Stromnetze auf allen Ebenen führt zu Abschaltungen von Erzeugungsanlangen und Eingriffen in die Fahrweise von Kraftwerken (Redispatch), die die Wirtschaft finanziell belasten und die Netzstabilität gefährden. Notwendig sind ein beschleunigter Neubau und die Modernisierung von Übertragungs- wie Verteilnetzen sowie Infrastrukturmaßnahmen zur Wasserstoff- sowie Nah- und Fernwärmeversorgung.

Betriebliche Eigenstromversorgung erleichtern

Eine Beschleunigung des Ausbaus erneuerbarer Energien gelingt auch durch eine Stärkung der betrieblichen Eigenversorgung: Steuererleichterungen, schnelle Abschreibungen und schlanke Förderanträge sind wichtige Bausteine, um Eigenstrom für Unternehmen attraktiver auszugestalten. Dabei ist entscheidend, dass auch Eigenverbrauchern und kleinen Anlagen der Zugang zu Herkunftsnachweisen für Grünstrom ermöglicht wird - und er damit auch in den Klima- und Nachhaltigkeitsberichten der Unternehmen abgebildet werden kann. Der Abbau bürokratischer Hürden würde zudem die Stromweiterleitung in räumlicher Nähe über das Netz der allgemeinen Versorgung erleichtern. So könnten Überschüsse beispielsweise aus einer betrieblichen PV-Anlage einfacher in Nachbarbetrieben genutzt werden.

Innovationen erleichtern

Maßgeblich für eine erfolgreiche Energie- und Klimapolitik sind Innovationen und neue Technologien. CO2 wird nicht in allen Prozessen vollständig vermieden werden können. Hierfür braucht es neue Lösungen für die Abscheidung, Speicherung und Nutzung von CO2 (CCS/CCU). Daher sollten Innovationen im Bereich Klimaschutz durch technologieoffene Fördermaßnahmen angestoßen werden. Hier sind bürokratiearme, schnelle und digitalisierte Unterstützungsmöglichkeiten nötig.

Energieversorgung durch Gas und andere Brückentechnologien sichern

Gas ist als Brückentechnologie und zur Grundlastsicherung unverzichtbar so lange nicht genügend Energiespeicherkapazitäten zur Verfügung stehen. Als einzige Brücke ist Gas hingegen aus Sicht der Wirtschaft nicht ausreichend – sowohl mit Blick auf die Resilienz der Energieversorgung als auch mit Blick auf die Kosten. Für einen resilienten Energiemix zu wettbewerbsfähigen Preisen sind wetterunabhängige Energieträger und Technologien wie Geothermie, Biomasse und auch Kohlekraftwerke mindestens solange notwendig, bis Speichertechnologien und smartere Netze bereitstehen. So lassen sich unerwartete Belastungen in der Energieversorgung auch zukünftig mit grundlastfähigen Kraftwerken abfedern. Auch im Bereich der Nachfrageflexibilität und im Aufbau von Energiespeichern liegen große Potenziale, die für die Stabilisierung des Energiesystems einen wichtigen Beitrag leisten können. Hier gilt es, regulatorische Hemmnisse aus dem Weg zu räumen, damit sich die bisher zu wenig genutzten Möglichkeiten entfalten können.