2022: Energieversorgung sichern
Der seit dem 24. Februar 2022 andauernde Krieg in der Ukraine hat europaweit drastische Folgen ausgelöst. Insgesamt haben sich Lieferketten sowie Wirtschaftsbeziehungen verändert. Das gilt insbesondere auch für die Energieversorgung in Deutschland. Die Sorgen um die Sicherheit der Energieversorgung und die Notwendigkeit, die Abhängigkeit von russischen Energieimporten zu reduzieren, stehen im Vordergrund der abgeleiteten Strategien und Politiken. Es gilt jetzt, viele Prozesse gleichzeitig und schnell umzusetzen, um die Sicherung der Energieversorgung zu gewährleisten, die Unabhängigkeit von Rohstoffimporten zu steigern und den Ausbau erneuerbarer Energieanlagen zu beschleunigen. Dabei ist zu bedenken, dass die bis spätestens Ende 2022 geplante Stilllegung der bisher noch betriebenen deutschen Atomkraftwerke und die Abschaltung weiterer Kohlekraftwerke zu einer deutlichen Verknappung des Angebotes auf dem Strommarkt führen wird.
Es ist erforderlich, dass Deutschland ein wettbewerbsfähiger (Industrie-)Standort bleibt und zukünftig für Krisen besser gewappnet ist. Um die Planung und Genehmigung von Investitionsvorhaben zu beschleunigen, ist zu prüfen, wie die Regularien zur Öffentlichkeitsbeteiligung vereinfacht werden können. Um die Zahl der Verfahren zu beschränken, erscheint es ratsam, die Klagerechte zu fokussieren. Unternehmen brauchen Rechtssicherheit und dafür wäre hilfreich, bei der nationalen Ausgestaltung der Aarhus-Konvention die vorhandenen Spielräume zur Stärkung der Präklusion zu nutzen. Anregungen der Wirtschaft, praxisferne bürokratische Bremsen zu lösen, sollten Politik und Verwaltung wohlwollend prüfen, um die Investitionswilligen zu unterstützen und zu ermutigen. Manche ehemals sinnvolle und gut gemeinte Vorschrift wirkt angesichts der aktuellen energiepolitischen Herausforderungen für Versorgungssicherheit, Wettbewerbsfähigkeit und Klimaschutz „aus der Zeit gefallen“ und benötigt dringend ein Update. Dabei ist mehr politisches Verständnis für betriebliche Angelegenheiten erforderlich und es ist angebracht, den Dialog mit der Wirtschaft zu intensivieren. Die regionale Wirtschaft fordert daher:
Gasimporte diversifizieren
Um möglichst schnell von Gasimporten aus Russland unabhängig zu werden ist es erforderlich, verstärkt Gas aus anderen Ländern zu beziehen und die dafür nötige LNG-Infrastruktur zu schaffen. Dies gilt für den Bau der nötigen LNG-Terminals bzw. als Zwischenlösung LNG-Tankspeicher durch Schiffe an den für die Terminals vorgesehenen Stellen. Darüber hinaus muss geprüft werden, inwieweit der unmittelbare Anschluss an bereits bestehende LNG-Terminals in Westeuropa erfolgen kann. Die LNG-Infrastruktur sollte so ausgestaltet werden, dass Sie auch für Importe von grünem Wasserstoff geeignet ist.
Ausbau erneuerbarer Energieanlagen beschleunigen
Auch für die Umsetzung der Energiewende, zum Ausbau von Windparks auf See und an Land, für das Repowering alter Windkraftanlagen, für den Ausbau und die Modernisierung der Stromnetze und für eine Wasserstoff-Infrastruktur sollten die Bau-, Planungs- und Genehmigungsverfahren beschleunigt werden.
Kohle- und Kernkraftwerke länger nutzen
Um die Unabhängigkeit Deutschlands von russischem Gas und Erdöl schnell herzustellen, sollte der Grundsatz der Bundesnetzagentur kurzfristig lauten: So viele Kraftwerke wie technisch möglich und wirtschaftlich sinnvoll am Netz halten. Dabei ist es von besonderer Bedeutung, dass es sich um Interimsmaßnahmen und keinesfalls langfristige Lösungsansätze handeln kann. Auch Themen wie CO2-Abscheidung und Nutzung (CCS-/CCU-Technologie) sollten in Erwägung gezogen werden.
Zugang zu heimischen Energierohstoffen ermöglichen und langfristig sichern
Politik und Wirtschaft sollten gemeinsam das Bewusstsein in der Bevölkerung für die Notwendigkeit des heimischen Rohstoffabbaus stärken. Umweltrechtliche Vorgaben sollten so gestaltet werden, dass Exploration und Gewinnung heimischer Rohstoffe in Deutschland möglich bleiben. Dies sollte auch für die Nutzung heimischer Energieressourcen wie Schiefergas oder (Tiefen-)Geothermie gelten, damit die Erschließung dieser Energiequellen vorangetrieben werden kann.
Energieeffizienz, Stromnetzausbau und Recycling fördern
Auch durch eine effizientere Energieverwendung, den Ausbau und die Modernisierung der Stromnetze sowie verstärktes Recycling im Inland kann die Importabhängigkeit reduziert werden. Dazu braucht es investitionsfreundlichere Rahmenbedingungen, die der Staat setzt und die private Investoren ausfüllen.
Cybersicherheit schnell und nachhaltig verbessern
Zur Abwehr von Cyberattacken und zur Verbesserung der IT-Sicherheit sollte verstärkt in Schutzmaßnahmen investiert werden, denn seit Kriegsbeginn warnen deutsche Sicherheitsbe[1]hörden vor einer zunehmenden Gefahr durch Cyberangriffe auch auf kritische Infrastruktur. Gerade kleine und mittlere Unternehmen sollten bei der weiteren Digitalisierung und den da[1]bei erforderlichen Schutzmaßnahmen durch leicht zugängliche Beratungsmöglichkeiten und Fördermaßnahmen verstärkt unterstützt werden