2017: Breitbandausbau

Unstrittig ist, dass die Digitalisierung, die alle Wirtschafts- und Lebensbereiche erfasst, die Basis für zukünftigen wirtschaftlichen Erfolg ist. Für die Nutzung der Potenziale der Digitalisierung ist das Vorhandensein der notwendigen Infrastruktur aber Voraussetzung. Der Bund reagiert darauf mit dem Ziel, bis zum Jahr 2018 überall Breitbandinternet mit mindestens 50 Mbit/s bereitzustellen. Zahlreiche Umfragen zeigen aber, dass dieses Ziel weder den aktuellen noch den künftigen Bedarfen entspricht. Treiber dahinter sind v.a. mobile Dienstleistungen, Social Media, E-Commerce, Industrie 4.0 und Cloud Computing. Ein weiterer Fehler in vielen Regionen – auch in unserem IHK-Bezirk – werden jetzt alte Kupferkabel ertüchtigt. Das ist zwar dem Bundesziel dienlich, hilft jedoch nur für kurze Zeit. Die technologischen Grenzen sind absehbar. Nachhaltiger wäre ein Ausbau mit Glasfaser. Nur dieser garantiert die im digitalen Zeitalter benötigten Bandbreiten im Gigabit-Bereich. Außerhalb der Städte ist Glasfaser in Deutschland fast nicht vorhanden. Hauptgrund: Investitionen in Breitbandinfrastrukturen sind im ländlichen Raum häufig nicht rentabel. Doch Versorgungslücken sind ein wirtschaftspolitisches und regionalwirtschaftliches Risiko.
Rund zwei Drittel der industriellen Wertschöpfung werden im ländlichen Raum erwirtschaftet. Ein mangelhafter Breitbandausbau hat damit unmittelbar negative Auswirkungen auf den wirtschaftlichen Erfolg der im ländlichen Raum ansässigen Unternehmen, auf Standortentscheidungen und in der Folge auf die Bevölkerungsentwicklung und regionale Strukturen. Die regionale Zukunfts- und Wettbewerbsfähigkeit ist somit in Gefahr! Um Nachteile einer unzureichenden Breitbandanbindung zu beseitigen sowie die Attraktivität vor allem des ländlichen Raumes als Arbeits- und Wohnort aufrechtzuerhalten, muss ein flächendeckender Ausbau einer leistungsfähigen und zukunftssicheren Breitbandinfrastruktur mit Glasfaser erfolgen. Wir begrüßen ausdrücklich die aktuellen Bemühungen des Bundes und der Niedersächsischen Landesregierung. Aus Sicht der IHK reichen sie jedoch nicht aus, um den Sprung in die Gigabit-Gesellschaft zu meistern und so die Grundlage für die weitere Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft und der Region zu schaffen. Beim Breitbandausbau müssen der technische Fortschritt und die zukünftig stark wachsenden Anforderungen der Nutzer im Zuge der Digitalisierung bereits jetzt berücksichtigt werden. Die Geschäftsführung schlägt vor, die diesbezüglichen Forderungen durch einen Beschluss der Vollversammlung „Schnelles Internet für eine wettbewerbsfähige Wirtschaft“ im politischen Raum zu kommunizieren.
Die Vollversammlung der IHK Lüneburg-Wolfsburg beschließt die vorgelegte Positionierung „Schnelles Internet für eine wettbewerbsfähige Wirtschaft“ und beauftragt die Geschäftsführung, den Beschluss im politischen Raum zu kommunizieren und sich für den flächendeckenden Ausbau einer leistungsfähigen und zukunftssicheren Kommunikationsinfrastruktur mit Glasfaser im IHK-Bezirk einzusetzen.
In ihrer Sitzung am 7. September 2017 hat die Vollversammlung der IHK Lüneburg-Wolfsburg nachfolgende Positionen mit dem Ziel der Förderung eines flächendeckenden Ausbaus einer leistungsfähigen und zukunftssicheren Breitbandinfrastruktur mit Glasfaser beschlossen. Zur Sicherung der digitalen Zukunft des Wirtschaftsstandortes Deutschland und damit auch der Wirtschaftskraft des IHK-Bezirks begrüßt und unterstützt die IHK-Vollversammlung die bisherigen Bemühungen des Bundes und der Niedersächsischen Landesregierung sowie der Landkreise des IHK-Bezirks, den Breitbandausbau voranzubringen. Aus Sicht der IHK-Vollversammlung müssen jedoch weitere Anstrengungen unternommen werden, damit der Übergang in die Gigabit-Gesellschaft gelingt und die regionale Wettbewerbsfähigkeit gewährleistet bleibt.
Dazu sind vor allem folgende Punkte zu berücksichtigen:

Flächendeckende Investitionen in Gigabit-Netze zügig vorantreiben

Bis 2025 muss es flächendeckend Gigabit-Netze geben. Beim Breitbandausbau ist daher der Glasfaserausbau bis ins Gebäude gegenüber dem Ausbau von Kupfertechnologien zu bevorzugen. Vectoring ist eine Übergangslösung und löst nicht das Bandbreitenproblem. Notwendig ist ein echter Technologiewechsel! Dort, wo sich kabelgebundene Lösungen nicht realisieren lassen, können funkbasierte Zugangstechniken kurzfristig einen Beitrag zur Erhöhung der Breitbandversorgung leisten. Mittelfristig sind funkbasierte Zugangstechniken und festnetzgebundene Lösungen jedoch komplementär zueinander zu sehen – nicht zuletzt weil der kommende 5G-Standard auf einem Glasfasernetz aufbaut.

5G-Infrastruktur sicherstellen

Eine flächendeckende 5G-Abdeckung ist Voraussetzung für mobile Echtzeitanwendungen, die wiederum notwendig sind, um industrie- und verkehrspolitische Vorhaben, wie beispielsweise das Internet der Dinge (Industrie 4.0) oder autonomes und vernetztes Fahren, umzusetzen. Es muss daher umgehend der Aufbau einer 5G-Infrastruktur erfolgen. Grundlage für einen 5G-Rollout ist das Vorhandensein einer Glasfaserinfrastruktur.

Prioritäten beim Ausbau setzen – Gewerbe zuerst!

Eine Gesellschaft im Wohlstand wird es nur geben, wenn die Wirtschaft über die bestmöglichen Datennetze verfügt. Daher ist vorrangig an allen Unternehmens- und Gewerbestandorten ein Ausbau mit Glasfaser bis in die Gebäude erforderlich.

Netzausbau effizienter gestalten

Der Ausbau der Breitbandinfrastruktur ist hochkomplex. Zahlreiche Informationen müssen zwischen unterschiedlichen staatlichen Ebenen und Akteuren aus Wirtschaft und Verwaltung ausgetauscht und aufeinander abgestimmt werden. Im Ergebnis führt dies bisweilen zu teils erheblichen Effizienzverlusten. Das verzögert die Umsetzung und treibt die Kosten. Notwendig sind deshalb die Straffung, Vereinfachung und vor allem Vereinheitlichung von Prozessen und Informationen beim Netzausbau.

Breitbandausbau als Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge begreifen

Die Erbringung von Breitbandinfrastrukturen erfolgt gesamtwirtschaftlich am vorteilhaftesten durch private Unternehmen im Wettbewerb. Sollte der freie Wettbewerb jedoch nicht die gesellschaftlich gewünschten und notwendigen Infrastrukturen schaffen können, sollte der Breitbandausbau dann im Sinne der öffentlichen Daseinsvorsorge mit Unterstützung der öffentlichen Hand geschehen.

Besonders schwer zu versorgende Regionen erschließen

Eine besondere Herausforderung stellen periphere Regionen im ländlichen Raum dar, in denen sich der Netzausbau auf absehbare Zeit (selbst mit der vorhandenen Förderkulisse) aus rein ökonomischen Gesichtspunkten nicht lohnt. Damit diese Regionen nicht abgehängt werden, muss dort nach geeigneten Alternativen gesucht werden. Hierzu gilt es, neue Möglichkeiten des Engagements der öffentlichen Hand mit Konzessions- oder Fondsmodellen unter Einsatz privaten Kapitals zu prüfen.

Wettbewerbsregeln nachjustieren

Zuweilen kommt es beim Breitbandausbau zum sogenannten „Rosinenpicken“. Dabei wird ein in der Planung befindliches oder fertig geplantes kommunales Glasfaser-Ausbauprojekt mit einer unterlegenen, aber schnell umsetzbaren Technologie überbaut – ohne dass diese Absicht vorher im Markterkundungsverfahren angezeigt wurde. Dies sorgt für Unsicherheiten – bei planenden Kommunen und in der Wirtschaft. Um dem entgegenzuwirken, sollte die Teilnahme am Markterkundungsverfahren verpflichtend und das Ergebnis für eine gewisse Zeit bindend sein. Ferner sollte eine Pflicht zum Ausbau bestehen.

Unterstützungsangebote für die Digitalisierung in der Wirtschaft ausbauen

Das Thema Digitalisierung bedarf größerer Aufmerksamkeit. Hierzu sollten bestehende Instrumente zur Aufklärung ausgebaut und umfassende Kampagnen gestartet werden. Darüber hinaus sollten Förderprogramme aufgelegt und zinsgünstige Darlehen angeboten werden, die darauf abzielen, kleine und mittlere Unternehmen beim Übergang in das digitale Zeitalter und im Bereich Daten- und Cybersicherheit zu unterstützen.

Kommunen fit für den Breitbandausbau machen

Besonders finanzschwache Kommunen brauchen noch mehr finanzielle Mittel, um den technisch notwenigen Ausbau betreiben zu können. Da außerdem in vielen kommunalen Verwaltungen die Ressourcen für einen reibungslosen Ausbau fehlen, müssen dringend die personellen, materiellen und finanziellen Voraussetzungen in den Verwaltungen geschaffen bzw. verbessert werden. Auch sollte der systematische Austausch der Kommunen untereinander stärker gefördert werden, damit die zahlreichen Erfahrungen und das Wissen rund um den Ausbau dauerhaft und effizient genutzt werden können. Darüber hinaus ist es aufgrund zunehmender Beratungsbedarfe in den Kommunen notwendig, die Beratungsangebote für sie weiterzuentwickeln und auszubauen.

Fördermodalitäten vereinfachen

Den Kommunen stehen für den Breitbandausbau Fördermittel und Kredite von Land, Bund und Europäischer Union zur Verfügung. Die Programme sowie die Regulierung sind jedoch noch sehr komplex. Eine Fördermittelstrategie existiert nicht. Die Förderung von unterschiedlicher Ebene, die Regulierung und EU-beihilferechtliche Auflagen müssen deshalb stetig überprüft, aufeinander abgestimmt und vereinfacht werden.