Öffentliches Auftragswesen

Öffentliche Aufträge vergeben Bund, Länder, Gemeinden und sonstige juristische Personen des öffentlichen Rechts. Sie unterliegen besonderen Bestimmungen, da hierbei Steuergelder aufgewendet werden.

Vorschriften in Deutschland

  • Verdingungsordnung für Bauleistungen (VOB)
  • Verdingungsordnung für Leistungen - ausgenommen Bauleistungen - (VOL)
  • Verdingungsordnung für freiberuflich erbrachte Leistungen (VOF)
  • Vergabeverordnung
Der Bundesanzeiger ist die zentrale Plattform für amtliche Verkündungen und Bekanntmachungen sowie für rechtlich relevante Unternehmensnachrichten. Bekanntmachungsmuster zu den einzelnen Richtlinien finden Sie beim Deutschen Ausschreibungsblatt.
Das Vergaberecht für öffentliche Aufträge ist in Deutschland ein zweigeteiltes Recht:
  • Unterhalb der europäischen Schwellenwerte gilt das nationale Vergaberecht, das auf den Haushaltsordnungen in Verbindung mit den Verdingungsordnungen VOL/A und VOB/A (jeweils Abschnitt 1) basiert n
  • Oberhalb der Schwellenwerte gilt das internationale Vergaberecht, das auf dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) in Verbindung mit der Vergabeordnung (VgV) und den Verdingungsordnungen VOL, VOB und VOF (Abschnitte 2, 3 und 4) basiert.

EU-Schwellenwerte

Im Zwei-Jahres-Rhythmus passt die EU-Kommission die Schwellenwerte für die Geltung des EU-Vergaberechts an.
EU-Schwellenwerte 2024/25
  • 5.338.000 Euro für Bauaufträge
  • 221.000 Euro für Dienst- und Lieferaufträge sonstiger öffentlicher Auftraggeber
  • 143.000 Euro für Dienst- und Lieferaufträge oberer u. oberster Bundesbehörden
  • Konzessionen: 5.538.000 Euro
Sektorenrichtlinie und Richtlinie Verteidigung und Sicherheit (2014/25/EU und 2009/81/EG)
  • Bauleistungen: 5.538.000 Euro
  • Liefer- und Dienstleistungen: 443.000 Euro

Beschaffungsverfahren

Das offene Verfahren (öffentliche Ausschreibung) ist für nationale und internationale Ausschreibungen vom Wettbewerbsgedanken her das bedeutendste Verfahren. Der öffentliche Auftraggeber macht dabei einer möglichst großen Zahl von Unternehmen bekannt, dass er eine bestimmte Leistung beziehen möchte. Im uneingeschränkten Wettbewerb soll das wirtschaftlichste Angebot ermittelt werden.

Die Informationen müssen veröffentlicht werden: EU-Ausschreibungen müssen zwingend im Amtsblatt der EU veröffentlicht werden. Auftraggeber des Bundes veröffentlichen in der Regel im Bundesausschreibungsblatt, für andere Auftraggeber (z.B. Länder und Kommunen) besteht auf nationaler Ebene keine zentrale Verpflichtung ein bestimmtes Publikationsorgan zu verwenden.

Die Veröffentlichung der Ausschreibung ist auch nicht mit einem Pflichtenheft bei einer privatwirtschaftlichen Ausschreibung zu vergleichen. Der Auftraggeber muss grundlegende Informationen über den Ausschreibenden, den Ausschreibungsgegenstand, den Zeitpunkt des Angebots und der Lieferung, besondere Qualifikationsansprüche an den Lieferanten, besondere Konditionen des Auftrags sowie die Möglichkeit einer Rechtsbeschwerde mitteilen.

Hat ein potenzieller Bieter Interesse, muss er sich die Ausschreibungsunterlagen nebst Leistungsverzeichnis beim Auftraggeber besorgen. Nur anhand dieser Unterlagen kann er sein Angebot korrekt einreichen. Jedes interessierte Unternehmen kann sich beteiligen. Sie werden überwiegend in Ausschreibungsblättern, wie dem Supplement zum Amtsblatt der EU, dem Bundesausschreibungsblatt oder Landesausschreibungsblättern, veröffentlicht. In den Verdingungsordnungen sind sie als Regelbeschaffung vorgesehen.

Das nicht offene Verfahren (beschränkte Ausschreibung) kommt in begründeten Ausnahmefällen zur Anwendung und spricht eine begrenzte Zahl von Unternehmen direkt an. Da hier der Wettbewerb eingeschränkt ist, muss ein Unternehmen dem Auftraggeber schon bekannt sein, damit es aufgefordert werden kann, ein Angebot abzugeben. Sind dem Auftraggeber selbst nur wenige potenzielle Lieferanten bekannt, sieht das beschränkte Verfahren die Einschaltung der Auftragsberatungsstellen der Bundesländer vor.

Jede Auftragsberatungsstelle soll dem Auftraggeber eine geeignete Firma aus ihrem Bundesland benennen. Damit die Auftragsberatungsstellen diese Aufgabe erfüllen können, führen sie so genannte Bieterdateien. Die Bieterdatei enthält Unternehmen aller Branchen und Größenklassen in einem Bundesland, die sich grundsätzlich für eine Teilnahme an solchen Zubenennungsverfahren interessieren.

Grundsätzlich kann jedes Unternehmen in das Bieterverzeichnis aufgenommen werden, wenn es grundlegende Informationen über seine Fachkunde, seine wirtschaftliche und technische Leistungsfähigkeit, seine Zuverlässigkeit und über seine Produkt- und Leistungspalette zur Verfügung stellt.

Im konkreten Fall sucht die Auftragsberatungsstelle in ihrer Bieterdatei nach dem geeigneten Unternehmen für eine bestimmte beschränkte Ausschreibung und fragt bei dieser Firma an, ob Interesse an einer Zubenennung besteht. Ist dies der Fall, wird das interessierte Unternehmen benannt und erhält in der Regel vom öffentlichen Auftraggeber die Ausschreibungsunterlagen zugesandt.

Das Verhandlungsverfahren (freihändige Vergabe) beschränkt den Wettbewerb noch mehr und bedarf als besonderer Ausnahmefall einer besonderen Begründung. Die Ausschreibung beschränkt sich hier auf nur ganz wenige mögliche Anbieter.

Wie der Name schon sagt, gibt es im Unterschied zu den genannten beiden Verfahren wenige Formvorschriften. Der öffentliche Auftraggeber kann ihm bekannte Unternehmen sogar ganz kurzfristig zur Abgabe eines Angebots auffordern, auch per Telefon.

Hier können nur Betriebe zum Zuge kommen, die beim Auftraggeber hinreichend bekannt sind. Wer bei Verhandlungsverfahren mitmachen möchte, muss sich dementsprechend weit im Vorfeld möglicher Ausschreibungen bei öffentlichen Auftraggebern vorstellen und Kontakte regelmäßig pflegen.
Um Missbrauch zu vermeiden, muss der öffentliche Auftraggeber die Auswahl des Vergabeverfahrens begründen und dokumentieren. Trotzdem ist in der Praxis der Trend festzustellen, dass beschränkte Verfahren und die freihändige Vergabe immer mehr angewendet werden - die Ausnahme wird zur Regel. Um dieser Gefahr vorzubeugen, besteht oberhalb bestimmter Schwellenwerte die Verpflichtung für den Auftraggeber, einem beschränkten oder formlosen Verfahren einen so genannten offenen Teilnahmewettbewerb vorzuschalten.

Dieser Teilnahmewettbewerb hat den Charakter einer öffentlichen Ausschreibung und gibt allen interessierten Firmen die Gelegenheit, sich um eine Teilnahme am folgenden nicht offenen oder Verhandlungs- Verfahren zu bemühen.
Zur Abgrenzung der verschiedenen Vergabeverfahren gibt es unter anderem auch bestimmte Schwellenwerte für den Auftragswert. Ab einem Auftragswert von 206.000 Euro muss im Anwendungsbereich der VOL eine europaweite öffentliche Ausschreibung durchgeführt werden. Nur ab diesem Schwellenwert kann übrigens die Vergabekammer zur Inanspruchnahme des Rechtsschutzes eingeschaltet werden.

Als untere Grenze für eine freihändige Vergabe gibt es manchmal so genannte Bagatellgrenzen: Liegt der Auftragswert einer Beschaffung unterhalb dieser Grenze, geht man davon aus, dass der Aufwand für eine öffentliche oder beschränkte Ausschreibung im Vergleich zum Beschaffungswert zu hoch ist, also freihändig vergeben werden kann. In Niedersachsen liegt diese Schwelle nach der Definition des überarbeiteten Mittelstandsförderungsgesetzes bei 15.000 Euro.

Präqualifikation

Unternehmen, die sich um die Vergabe öffentlicher Aufträge bewerben, müssen entsprechend geeignet, leistungsfähig und zuverlässig sein. Auftraggeber fordern Nachweise für ihre Fachkunde und Leistungsfähigkeit. Diese Nachweise müssen theoretisch bei jedem einzelnen Auftrag vorgelegt werden. Dieser Aufwand lässt sich reduzieren: Zum Nachweis der geforderten Eigenschaften können sich Bieter bei zertifizierten Stellen präqualifizieren.
Unternehmen aus dem Liefer- und Dienstleistungsbereich und freiberuflich Tätige sowie Handwerksbetriebe, die sich auf Liefer-und Dienstleistungen bewerben, können sich im amtlichen Verzeichnis präqualifizierter Unternehmen eintragen lassen. Die vorab geprüften und eingetragenen Unternehmen gelten als geeignet (Eignungsvermutung).
Voraussetzung für die Eintragung in das amtliche Verzeichnis und somit für die Präqualifizierung: Unternehmen müssen ihre wirtschaftliche, finanzielle, technische und berufliche Leistungsfähigkeit sowie das Nichtvorliegen von Ausschlussgründen nach bundesweit einheitlichen Standards nachweisen. Anträge stellen Sie online einfach im Amtlichen Verzeichnis präqualifizierter Unternehmen für den Liefer- und Dienstleistungsbereich.
Das Präqualifikationsverfahren ist dezentral nach Bundesländern organisiert. Die Präqualifizierung nehmen Industrie- und Handelskammern oder die von ihnen getragenen Auftragsberatungsstellen vor (PQ-Stellen). Für unsere IHK übernimmt die PQ-Nord-Servicestelle die Aufgaben – und betreut Sie während der einjährigen Eintragungslaufzeit sowie informiert Sie rechtzeitig vor Ablauf des Zertifikats über eine mögliche Verlängerung.
Die Eintragung in das amtliche Verzeichnis ist ein zweistufiges Verfahren. In der ersten Stufe "Präqualifizierung" legen Sie definierte Nachweise, Dokumente und Eigenerklärungen zur Eignungsprüfung bzw. Präqualifizierung bei der unabhängigen Präqualifizierungsstelle vor. Die Präqualifizierung ist Voraussetzung für die zweite Stufe "Eintragung in das amtliche Verzeichnis“, die die zuständige IHK abschließend prüft. Die Oldenburgische IHK führt das amtliche Verzeichnis für alle Unternehmen, die ihren Hauptsitz in der Region der Handelskammer Bremen - IHK für Bremen und Bremerhaven, der IHK Lüneburg-Wolfsburg, der IHK für Ostfriesland und Papenburg oder der Oldenburgischen IHK haben. Das heißt: Die Oldenburgische IHK stellt also das Zertifikat mit einer entsprechenden Kenn-Nummer aus. Dieses Zertifikat ist ein Jahr gültig.