Der CO2-Grenzausgleich in Europa

Die im Rahmen des Green Deals verschärften Klimaziele werden absehbar zu höheren CO2-Preisen in der EU führen. Etwaige Wettbewerbsnachteile für Hersteller energieintensiver Produkte in der EU sollen durch das CO2-Grenzausgleichssystem  “CBAM” (Carbon Border Adjustment Mechanism) ausgeglichen werden. 
Die Einführung des CO2-Grenzausgleichsmechanimus (CBAM) erfolgt schrittweise: Wir befinden uns in der  Übergangsphase (1. Oktober 2023 bis 31. Dezember 2025). Die wichtigsten Punkte hat die GTAI zusammengefasst: CBAM – So funktioniert die Übergangsphase

Anmelder, bei denen technischen Schwierigkeiten beim Einreichen des Berichts auftreten, können eine Fristverlängerung von 30 Tagen beantragen. Sie müssen keine Sanktionen oder anderweitige Nachteile befürchten. Zudem gilt, dass die ersten drei CBAM-Berichte bis zum 31. Juli 2024 geändert und korrigiert werden können. 

Was ist das Ziel der CO2-Grenzausgleichsabgabe?

Die Initiative für das CO2-Grenzausgleichssystem (CBAM) ist ein Schlüsselelement des “Fit for 55”-Pakets, das 2021 von der Europäischen Kommission vorgestellt wurde. Ein wesentlicher Beitrag zu den neuen Klimazielen der EU entfällt auf die dem EU-Emissionshandel unterliegenden Unternehmen – bis 2030 sollen hier die Emissionen um 61 Prozent statt wie bisher geplant um 43 Prozent im Vergleich zum Jahr 2005 reduziert werden.

Das zentrale Klimaschutzinstrument bildet der Europäische Emissionshandel (EU-ETS) – mit dem Risiko, dass Unternehmen in bestimmten Sektoren und Teilsektoren aus Kostengründen ihre Produktion in andere Länder verlagern, sog. „Carbon Leakage“. An dieser Stelle setzt der CBAM als unterstützender Mechanismus an: Unternehmen, die emissionsintensive Waren in die EU importieren, sollen verpflichtet werden, CBAM-Zertifikate zu erwerben, um die Differenz zwischen dem im Produktionsland gezahlten Kohlenstoffpreis und dem höheren Preis der Kohlenstoffzertifikate im EU-Emissionshandelssystem auszugleichen. CBAM soll sicherstellen, dass Unternehmen in der EU nicht durch unfairen Wettbewerb benachteiligt werden, indem sie höhere Klimaschutzkosten tragen als Konkurrenten außerhalb der EU. Zudem sollen damit Anreize für Unternehmen in Drittländern geschaffen werden, ihre Emissionsreduzierungen zu beschleunigen, um auf dem EU-Markt zugreifen zu können.

Welchen Anwendungsbereich betrifft CBAM?

Das neue Instrument der CO2-Grenzausgleichsabgabe soll zunächst nur den Import der in Anhang I der Verordnung (EU) 2023/956 aufgeführten Waren gelten. Diese beinhalten (ab S. 90 der Verordnung):
  • Aluminium,
  • Düngemittel,
  • Eisen und Stahl,
  • Zement,
  • Strom und Wasserstoff.
Auch einige nachgelagerte Produkte, wie Schrauben und ähnliche Artikel aus Eisen oder Stahl oder Aluminium müssen berücksichtigt werden. Die betroffenen Waren sind mit ihrer Position oder ihrer Kombinierten Nomenklatur erfasst. Entscheidend sind die ersten vier bzw. sechs Ziffern der beim Import verwendeten Warennummer. Wenn diese in Anhang I genannt ist, ist die Ware erfasst. Die nachfolgenden Ziffern spielen keine Rolle mehr. 
Von CBAM erfasst sind grundsätzlich nur Anmeldungen von betroffenen Waren mit Ursprung in einem Drittland zur Überlassung zum zollrechtlich freien Verkehr. Um Umgehungen zu vermeiden, gilt CBAM zudem auch für Waren oder Verarbeitungserzeugnisse aus diesen Waren im Rahmen des Verfahrens der aktiven Veredelung.
Vom sachlichen Anwendungsbereich ausgenommen sind lediglich:
  • Kleinsendungen: Waren, die zwar von Anhang I erfasst sind, deren Gesamtwert je Sendung aber 150 Euro nicht übersteigt,
  • Waren für den persönlichen Gebrauch sowie
  • Waren mit Ursprung in den in Anhang III Abschnitt A aufgeführten Ländern und Hoheitsgebieten (insbesondere Schweiz, Liechtenstein, Norwegen und Island)
Es gibt also keine Ausnahmeregeln für Unternehmen mit wenigen Importen, nach der bisherigen Fassung der Verordnung müssten alle melden, selbst Privatpersonen.
Grundsätzlich fallen Einfuhren dieser Waren aus allen Nicht-EU-Ländern unter den neuen Mechanismus des CBAM. Ausgenommen sind Einfuhren aus der Schweiz, Norwegen, Island und Liechtenstein.
Die Einführer betroffener Produkte müssen zukünftig Zertifikate erwerben, deren Preis dem der Zertifikate aus dem Emissionshandelssystem entspricht. Um zu ermitteln, wie viele Zertifikate erworben werden müssen, kann auf Standardwerte zurückgegriffen werden. Alternativ können die tatsächlich im konkreten Herstellungsprozess entstandenen CO2-Emissionen angesetzt werden, soweit diese vom jeweiligen Hersteller durch entsprechende Nachweise belegt werden können.  Kann ein Nicht-EU-Hersteller nachweisen, dass er im Drittland bereits einen CO2-Preis entrichtet hat, kann der EU-Einführer sich dies anrechnen lassen.
Um entsprechende Waren zu importieren, müssen sich EU-Einführer vorab entweder einzeln oder über einen Vertreter bei noch festzulegenden nationalen Behörden registrieren. Die nationalen Behörden genehmigen die Registrierung der Anmelder im CBAM-System und überprüfen und verifizieren die Erklärungen. Die nationalen Behörden werden auch für den Verkauf der CBAM-Zertifikate an die Importeure verantwortlich sein.
Die Pflicht zum Kauf von Zertifikaten soll erst 2026 einsetzen. Für 2023 bis 2025 ist eine Einführungsphase geplant, in der die Einführer zunächst nur verpflichtet sein sollen, die mit der Herstellung der von ihnen eingeführten Waren verbundenen CO2-Emissionen zu melden. In dieser Übergangsphase ist noch kein Ausgleich für die CO2-Emissionen zu zahlen.

Welche Pflichten kommen auf Unternehmen zu?

Am 17. August 2023 hat die EU-Kommission die CBAM-Durchführungsverordnung veröffentlicht, die die detaillierten Berichtspflichten für den Übergangszeitraum des neuen EU-CO2-Grenzausgleichssystems darlegt.  Die EU-Kommission hat zudem Leitlinien für EU-Einführer und Nicht-EU-Anlagen, sowie ein Excel-Vorlage zur CBAM-Kommunikation innerhalb der Lieferkette veröffentlicht. 
Die Einführung der Meldepflichten erfolgt schrittweise seit 1. Oktober 2023 mit einer Übergangsfrist bis zum 31. Dezember 2025. Während des Übergangszeitraums beschränken sich die Verpflichtungen der Importeure auf folgende Pflichten:
  • Berechnung und Dokumentation der direkten und indirekten Emissionen, welche im Produktionsprozess der importierten Güter entstanden sind
  • Pflicht zur quartalsweisen Vorlage eines „CBAM-Berichts“ spätestens einen Monat nach Quartalsende mit folgenden Angaben:
  • die Gesamtmenge jeder Warenart, ausgedrückt in Megawattstunden bei Elektrizität und in Tonnen bei anderen Waren, angegeben für jede Anlage, die die Waren im Ursprungsland herstellt;
  • die tatsächlichen eingebetteten Gesamtemissionen, ausgedrückt in Tonnen CO2e-Emissionen pro Megawattstunde Elektrizität oder für andere Waren in Tonnen CO2e-Emissionen pro Tonne jeder Warenart, berechnet nach der in Anhang IV beschriebenen Methode;
    Alternative: Verwendung von Standardwerten, bereitgestellt von der EU-Kommission
  • die gesamten indirekten Emissionen, (alternativ Verwendung von Standardwerten)
  • den CO2-Preis, der in einem Ursprungsland für die in den eingeführten Gütern enthaltenen Emissionen zu zahlen ist, unter Berücksichtigung einschlägiger Rabatte oder sonstiger Formen des Ausgleichs.
Diese Meldepflichten gelten nicht für die Einfuhr von Veredelungserzeugnissen aus dem Verfahren der passiven Veredelung (Artikel 259 UZK) sowie Rückwaren im Sinne von Artikel 203 UZK.
Finanziellen Ausgleichszahlungen müssen in diesem Zeitraum noch keine entrichtet werden.
Die Bundesregierung hat die Deutsche Emissionshandelsstelle (DEHSt) als zuständige nationale Behörde für den CO2-Grenzausgleichsmechanismus der EU (CBAM) benannt.

Am 22. Dezember 2023 hat die EU-Kommission die CBAM-Standardwerte veröffentlicht.

Welche Daten muss der Bericht enthalten?

Artikel 35 der CBAM-Verordnung (EU) 2023/956 listet auf, welche Informationen der CBAM-Bericht enthalten muss:
  • Gesamtmenge jeder Warenart (in Tonnen beziehungsweise Megawattstunden), aufgeschlüsselt nach den Anlagen, in denen die Waren hergestellt wurden, unter Angabe der KN-Codes;
  • tatsächliche gesamte graue Emissionen in Tonnen pro Tonne Warenart;
  • gesamte indirekte Emissionen;
  • CO2-Preis, der im Ursprungsland für die eingeführte Ware bereits bezahlt wurde, wobei jede verfügbare Ausfuhrerstattung oder andere Form von Ausgleich zu berücksichtigen ist.
Bei den Emissionen unterscheidet die Verordnung zwischen 
  • direkten Emissionen, die während der Produktion freigesetzt werden,
  • indirekten Emissionen, die bei der Energiebereitstellung entstanden sind,
  • Emissionen aus der Herstellung von Vorprodukten, 
  • grauen Emissionen, die sowohl direkte als auch indirekte Emissionen umfassen.
Durchführungsverordnung (DVO) (EU) 2023/1773 konkretisiert die Berichtspflichten; Anhang I enthält Details zum Berichtsformat und den einzelnen Datenelementen. Die Berechnung der Emissionen hängt von der konkreten Ware ab. Je nach Ware müssen unterschiedliche Herstellungsverfahren und Vorläuferstoffe berücksichtigt werden. Details enthält Anhang III der DVO. Die EU-Kommission bietet hierzu branchenspezifische Schulungen an. 
Die Angaben zu den Emissionen müssen unter anderem folgende Informationen umfassen:
  • Ursprungsland
  • Informationen zur Produktionsanlage (UN Location Code, Firmenname und Adresse der Anlage, geografische Koordinaten)
  • bei Stahl die Identifikationsnummer des Stahlwerks
  • Herstellungsverfahren gemäß Durchführungsverordnung (Anhang II Abschnitt 3)
  • tatsächliche graue Emissionen in Tonnen CO2-Emissionen pro Tonne je Warenart, berechnet gemäß den Vorgaben in Anhang III 
  • gesamte indirekte Emissionen, berechnet gemäß Anhang III

Wie können sich Unternehmen vorbereiten?

Importieren Sie in Anhang I der EU-Verordnung genannte Waren und es handelt sich um keine Rückware, kein Ursprung in Schweiz, Norwegen, Island, Liechtenstein?
Dann ist Folgendes zu berücksichtigen:
  • Festlegung der innerbetrieblichen Zuständigkeiten für die Prüfung und Einhaltung der Meldepflichten. Je nach Bedeutung/Menge dieser Importe hat das Thema eine sehr unterschiedliche Priorität für die einzelnen Unternehmen
  • Übergangszeitraum: Zusammenstellung der Importe nach Ursprungsland, ggf. Produktionsstätte. Technischen Rahmen der Meldung und maßgebliche Standardwerte zusammenstellen.
  • Abstimmung mit Lieferanten hinsichtlich der Kalkulation der CO2-Emissionen. Große ausländische Hersteller beschäftigen sich bereits mit dem Thema. Vieles ist aber noch unklar und dürfte dauern. Falls keine Werte vorliegen oder sich der Aufwand nicht lohnt, können Standardwerte verwendet werden. Diese liegen noch nicht vor.
  • Wann lohnt sich eine Berechnung/exakte Ermittlung gemäß Anhang IV der Verordnung, wann ist die Verwendung (höherer) Standardwerte sinnvoller?
  • Informationen zu diesem Thema verfolgen, es gibt noch erheblichen Klärungsbedarf und wird sich auch noch vieles ändern. 
  • Sorgen Sie dafür, dass Sie den nichtpräferenziellen Ursprung dieser Waren kennen. Unbekannter Ursprung geht nicht mehr.
Wichtig: Der Ursprung der eingeführten Waren und Warenbestandteile muss künftig bekannt sein. Er bestimmt sich nach den nichtpräferenziellen Ursprungsregeln des Zollkodex der Europäischen Union.
Lesen Sie gern selbst die Durchführungsverordnung  sowie deren Annex durch.
Zugang zum Übergangsregister erhalten Sie über die DEHSt. Verfügbar sind auch die Leitlinien für EU-Einführer sowie Leitlinien für Nicht-EU-Anlagen und eine Excel-Vorlage für die Meldung der Waren.