Wohnungen und Krankenversicherung für Mitarbeitende

Wer als Arbeitgeber attraktiv sein will, muss mehr bieten als eine Arbeitsstelle und den berühmten kostenlosen Obstkorb. Davon ist Jan-Hendrik Kramer überzeugt. Der Geschäftsführer der Psychiatrischen Klinik Lüneburg (PKL) sagt: „Die soziale und familiäre Klammer wird immer wichtiger.“ Als neueste Maßnahme hat die Klinik gerade den Bau eines Mehrparteienhauses initiiert – für ihre Angestellten.
26 Wohnungen entstehen auf dem Klinikgelände, Bauherrin ist die Lüneburger Wohnungsbaugesellschaft (LüWoBau). Die Wohnungen sollen Mitarbeitenden mit schmalerem Geldbeutel zur Verfügung stehen sowie kurzfristig entstehenden Bedarf decken, wenn neue Kolleginnen und Kollegen von außerhalb in die Stadt ziehen, so der Geschäftsführer: „Wenn wir eine Ärztin oder Krankenpflegerin für uns gewinnen können und der Ortswechsel nicht daran scheitern soll, dass sich keine Wohnung finden lässt. “Die anderen, langfristig vermieteten Wohnungen bezuschusst die Psychiatrische Klinik. Die Miete liegt damit deutlich unter dem Marktmietpreis und beläuft sich je nach Größe auf 7,50 bis 8,50 Euro Kaltmiete pro Quadratmeter. Die Vergabe soll nach sozialen Gesichtspunkten erfolgen: also etwa an Alleinerziehende oder eben Frauen und Männer in weniger gut bezahlten Berufen. Bei dem Angebot handele es sich zwar um einen „Tropfen auf den heißen Stein“, sagt Kramer. „Aber gerade für tarifgebundene Häuser wie unserem ist die Verfügbarkeit von Wohnraum für Mitarbeitende ein zunehmend ernstzunehmendes Thema.“ So darf die Klinik nicht einfach mehr Gehalt zahlen, selbst, wenn sie es wollte und könnte. 
Die Lüneburger Wohnungsbaugesellschaft investiert knapp sieben Millionen Euro in den Neubau, der symbolische erste Spatenstich ist bereits erfolgt. Die Fertigstellung wird im nächsten Jahr sein. Die Wohnungen sind zwischen 41 und 75 Quadratmeter groß und verfügen über ein bis drei Zimmer.
Neben den Wohnungen für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geht die Psychia­trische Klinik Lüneburg auch in anderen Bereichen ungewöhnliche Wege, um Fachkräfte zu bekommen und zu halten: So bietet die Klinik Gleitzeit für Ärztinnen und Ärzte an – für eine Klinik kein Standard. „Die Zeit der klassischen Schichtpläne wird zu Ende gehen“, ist sich Kramer sicher. 
Die Kita auf dem Klinikgelände betreibt zwar das Deutsche Rote Kreuz, aber die PKL belegt dort mehr als 50 Prozent der Plätze. Da vielen Mitarbeitenden Zeit wichtiger als Geld sei, bietet die PKL ein Modell an, auf einen bestimmten Prozentsatz des Gehalts zu verzichten und dafür mehr Urlaubstage zu bekommen. „Das tut uns zwar weh, den Mitarbeitenden aber unheimlich gut.“
Insgesamt, so der Betriebswirt, sei es mehr und mehr zur Aufgabe von Arbeitgebern geworden, „Ideen zu entwickeln, wo es gesellschaftliche Versäumnisse gibt“. Bei der PKL zu arbeiten, solle „möglichst barrierefrei“ sein, formuliert es der Geschäftsführer – und meint damit eben ausnahmsweise keine fehlenden Fahrstühle. „Wir wollen ein sozialer Arbeitgeber sein.“
Ein solcher Satz, ein wenig modifiziert formuliert, kann eine Arbeitgebermarke sein: „Wir sind ein sozialer Arbeitgeber.“ Denn wer eine starke Employer Brand entwickeln will, fokussiert seine Ausrichtung auf einige wenige Sätze: die Markenbotschaften. Das sagt Ulrike Heese. Unter dem Namen „MOI Personalmarketing + Employer Branding“ berät sie Unternehmen in just diesen Themen. „Es geht da­rum, welche Werte und Botschaften eine Firma kommunizieren kann.“
Wenig Sinn ergebe es dabei, aktuelle Trendthemen wie etwa flache Hierarchien oder auch Nachhaltigkeit zu kommunizieren, sie aber nicht wirklich zu leben. „Es geht um Authentizität. Wenn ich sage: Gleichstellung ist mir wichtig, dann reicht die reine Botschaft nicht. Ich muss das dann auch wirklich wollen und umsetzen. Dann muss ich zum Beispiel auch sagen: Equal pay ist bei uns keine Verhandlungssache.“ Eine Kommunikation, die nicht auf Wahrheit beruht, könne dem Unternehmen eher schaden als nutzen und habe am Ende eine hohe Fluktuation zur Folge: Wenn Neuzugänge merken, dass die Realität im Arbeitsalltag eine andere ist als die nach außen kommunizierte.
„Dafür sollte ich auch wissen, wie meine Mitarbeitenden die Firma eigentlich wahrnehmen“, ergänzt Heese. „Sie gehören schließlich zu meinen Markenbotschafterinnen.“ Sie empfiehlt daher, auch anonymisierte Befragungen im Team zum Thema Arbeitgeberattraktivität durchzuführen.
Genau so kreativ wie Bewerbung im besten Falle ist, sollte es auch die Suche nach passenden Bewerberinnen und Bewerbern sein, so Heese: „Gut ist, sich von anderen unterscheiden zu können, also als Unternehmen hervorzustechen. Was bei Produkten die Unique Selling Proposition ist, ist im Employer Branding die Employer Value Proposition.“
Bei Securepoint, einer Lüneburger Firma für Cybersecurity, könnte das zum Beispiel folgender Satz sein: Das inhabergeführte Unternehmen lässt sein Team am geschäftlichen Erfolg teilhaben. Die Firma ist seit Beginn der Corona-Pandemie um mehr als 30 Mitarbeitende gewachsen und zählt jetzt, im Jahr ihres bald 25-jährigen Bestehens, mehr als 210 Köpfe – Tendenz weiter steigend.
Aktuell sind allein für die Lüneburger Zentrale mehr als 25 Stellen ausgeschrieben. Um diese zu besetzen, bietet das Unternehmen für seine Beschäftigten „weit mehr als nur Goodies“, sagt Personalleiterin Catharina Sievers. So bezuschusst die GmbH die betriebliche Altersvorsorge mit 20 Prozent statt wie gesetzlich vorgeschrieben mit 15 Prozent. Eine betriebliche Krankenversicherung springt bei teuren Vorsorgeuntersuchungen und Zahnbehandlungen ein. Die Beiträge für die Versicherung übernimmt die Firma für ihre Beschäftigten ebenso wie die für unabhängige Informations- und Beratungsleistungen bei psychischen Problemen oder in Krisensituationen.
„Diese Unterstützung unserer Kolleginnen und Kollegen ist für uns gelebte unternehmerische Verantwortung“, so Sievers. Und bei der ersten Betriebsfeier seit Beginn der Pandemie zahlte das Unternehmen nicht nur Taxis fürs sichere Heimkommen, sondern spendierte allen einen freien Folgetag.
Carolin George
IHK Lüneburg-Wolfsburg
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