Talente, Frauen und Plastik

Aus Plastik werden neue Produkte

Weißer Sand, türkisfarbenes Wasser, Korallen, Palmen – und überall Plastik. Berenike Steiger war im Paradies, als sie merkte, dass es kein Paradies mehr gibt auf der Welt. Als die Seglerin in der Karibik einmal kurzerhand einen Strand aufräumte und am nächsten Morgen schon wieder ein Sack voller Müll da lag, wurde aus einer Reise ein Beruf. Seit zwei Jahren ist die 42-Jährige Geschäftsführerin eines Unternehmens, das Strandmüll in Gebrauchsgegenstände verwandelt.
Aufgewachsen in Lüneburg hat Berenike, genannt Nike, Steiger Betriebswirtschaftslehre in Trier und Greifswald studiert, danach als Marketingleiterin in Hamburg gearbeitet. Ihr Traum war allerdings schon früh, die Welt zu besegeln. Und dann kam auch noch die Frage nach dem Sinn. Segeln konnte sie bereits, Geld hatte sie gespart. Sie kündigte, kaufte ein Segelboot. Drei Jahre reiste sie, umsegelte die westliche Karibik. Bis zu jenem Tag, als sie gemeinsam mit ihrer Segelfreundin, der Kanadierin Maria LaPointe (43), den Strand auf den westlichen Kokosinseln bei Panama aufräumte und am nächsten Morgen schon wieder so viel Müll angeschwemmt worden war, dass die beiden gleich den nächsten Sack füllen konnten.
„Die Plastikflut ist überwältigend. Die Ohnmacht, nichts dagegen tun zu können, auch“, sagt Steiger. Heute tut sie etwas gegen diese Ohnmacht. Gemeinsam mit LaPointe gründete sie die gemeinnützige Unternehmensgesellschaft „In Mocean“. Die Firma finanziert sich über Spenden und unterstützt Menschen dabei, Plastikmüll in Gebrauchsgegenstände zu verwandeln: Dinge wie Frisbees, Schmuck, Karabinerhaken, Knöpfe, Blumentöpfe.
„In Mocean“ kauft Maschinen, die Polyethylen und Polypropylen zerschreddern und zu einer formbaren Masse machen. Sie schulen Einheimische unter anderem in Costa Rica und Panama und überlegen gemeinsam mit ihnen, welche Vertriebskanäle für die Produkte sich anbieten. Denn, so Steiger: „Man muss sich klar machen, dass auch Müll seinen Wert hat.“ Um ihre Projekte in Übersee weiterhin finanzieren zu können, planen die beiden Gründerinnen, in Deutschland Workshops für Schmuck-Recycling anzubieten – auch in unserem IHKLW-Bezirk.

Chance für Frauen, Familien und alte Höfe

Eigentlich ist Charlin-Eleftheria Bellos Kauffrau für Bürokommunikation. „Ganz normal“, sagt sie und lacht. Aber die 27-Jährige ist eben auch kreativ. Und als Kreative hat sie im April dieses Jahres ein Lädchen im Gründerinnenzentrum „Unsahof“ in Leiferde bei Gifhorn angemietet. Dort verkauft sie selbstgemachte Wohndekoration, Schmuck und selbstgemachte, personalisierte Geschenke für Kinder und Erwachsene.
Schon 2020 meldete sie ihr Kleingewerbe an, das Geschäft lief online. Doch als sie erfuhr, dass auf dem Markthof in Leiferde Ladenfläche frei wurde, hat sie zugeschlagen. „Ich finde das Projekt und die Idee, die dahintersteht, einfach toll.“
Die Idee entwickelte das Ingenieurinnenbüro „Althaus-Konzept“ vor 16 Jahren und nannte es „Markthof“: ein Zentrum für Gründerinnen auf einem historischen Hof in der Mitte des Dorfes. Zwei Fragen trieben die Initiatorinnen damals an, erzählt Mitgründerin Claudia Klement: „Wie vereinbaren wir Familie und Beruf? Wie lassen sich Bauernhäuser in unseren Dorfkernen retten?“
Der „Unsahof“ in Leiferde soll als Pilotprojekt dienen. Dort können Frauen in den Bereichen Verkauf, Dienstleistung und Weiterbildung eine Existenz gründen. Es gibt einen Laden mit mietbaren Regalflächen, zwei weitere Geschäfte und eine Veranstaltungsscheune für Feste und Vorträge. „Unsahof“ ist als Verein organisiert und zählt mehr als 40 Mitglieder. Vor der Umnutzung hatte der Hof mit seinem niederdeutschen Hallenhaus von 1860, einem ehemaligen langgestreckten Schweinestall und Scheune trotz guter Lage an der Hauptstraße einige Jahrzehnte fast leer gestanden.
Stammgäste gibt es viele, „aber wir brauchen noch mehr Laufkundschaft“, sagt Charlin-Eleftheria Bellos. Sie hat daher einen Instagram-Kanal für den „Unsahof“ angelegt, damit zukünftig mehr Menschen auf den Hof kommen. Geöffnet sind die Geschäfte von Donnerstag bis Samstag, und jeden ersten Freitag im Monat ist Markttag mit zusätzlichen externen Ausstellenden. Außerdem finden kleine Events wie Frauenflohmärkte sowie Workshops für Kinder und Erwachsene statt.
Carolin George
IHK Lüneburg-Wolfsburg
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