Aurora zeigt uns die Zukunft mit 5G

Was möglich ist mit 5G, soll ein neuer Innovationspark in Buchholz zeigen. Aber nicht nur dort experimentieren Forscher mit der Nutzung des megaschnellen Mobilfunknetzes.
Er heißt Aurora und er ist so etwas wie ein Beweis. Ein Beweis dafür, dass es mit dem fünften Mobilfunkstandard 5G nicht nur um fixe Ideen geht – sondern um konkrete Projekte. Aurora, der ferngesteuerte Obstplantagenhelfer, zeigt uns die  Zukunft. Eine Zukunft, in der 5G überall verfügbar ist. Bis dies Wirklichkeit ist, entwickeln zahlreiche Forschungsinstitute und Projektgruppen mögliche Nutzungen für das megaschnelle Netz.
5G gilt als etwa hundertmal schneller als der derzeitige Standard LTE, auch 4G genannt. Das bedeutet: Es gibt kaum Verzögerungen bei der Verknüpfung von Geräten. Die sogenannte Latenzzeit beträgt wenige Millisekunden, die Reaktionszeit zwischen den unterschiedlichen Anwendungen ist also nahezu Echtzeit. Wer sich mit den daraus entstehenden Möglichkeiten beschäftigt, trifft auf Zukunftsaussichten vom autonomen Fahren über den Einsatz im Rettungswesen und der Medizin bis zur Landwirtschaft.
Noch allerdings müssen die meisten Ideen am Schreibtisch bleiben, denn die Möglichkeiten des Testens sind rar. Es fehlt an Infrastruktur. Eine Zone fürs Experimentieren soll daher in Buchholz/Nordheide entstehen. Die Wirtschaftsförderung des Landkreises Harburg plant ein Reallabor namens „5G-Scenario-Lab“.  Anders formuliert: Auf dem Gelände des Technologie- und Innovationsparks (TIP) Nordheide soll ein Gewerbegebiet mit 5G-Netz entstehen. Kleine und mittelständische Betriebe sowie Forschungseinrichtungen sollen dort ausprobieren können, was am Schreibtisch entwickelt wird. Die Frequenzen als sogenanntes Campusnetz sind bereits gesichert, im Sommer wird das Netz gebaut und soll ab Herbst genutzt werden können. Das Konzept sei einzigartig in Deutschland, sagt Landrat Rainer Rempe bei der Vorstellung des Projekts im März: „Andere Testfelder in Deutschland sind forschungszentriert ausgerichtet, unseres wirtschaftlich.“ 
Einen Antrag auf Zuschüsse durch das Niedersächsische Wirtschaftsministerium hat die Wirtschaftsförderung Ende April gestellt. Bereits im Frühjahr hatte sich Minister Dr. Bernd Althusmann hinsichtlich einer möglichen Förderung aus Hannover zuversichtlich geäußert. Das Buchholzer Pionierprojekt sei ein „Signal des Aufbruchs“. Niedersachsen müsse beim digitalen Ausbau schneller werden, Deutschland aufpassen, im Wettlauf um 5G nicht abgehängt zu werden. Laut Wissenschaftsminister Björn Thümler sei Niedersachsen zwar gut in der Grundlagenforschung, aber schlecht in der Kommerzialisierung. „Es ist wichtig, gute Ideen in den Wirtschaftsprozess zu überführen.“ Genau das soll in Buchholz passieren. Neu angesiedelte Betriebe genauso wie Unternehmen und Forschungseinrichtungen von anderswo können das Testfeld nutzen, die Leuphana Universität Lüneburg und die Hochschule 21 Buxtehude werden dort off-campus-Labore einrichten. Aurora zeigt, was 5G kann: Entwickelt in der Hochschule 21, soll der Obstplantagenhelfer zwischen den Apfelreihen des Alten Landes hindurchrollen, ferngesteuert gefüllte Obstkisten aus der Plantage holen und zur Lagerhalle bringen. Im Testfeld soll der Roboter weiterentwickelt werden.
Andere mögliche Anwendungen in der Landwirtschaft liegen zum Beispiel beim Düngen, Bewässern und Unkrautentfernen. In der Produktion kann es um mobile Roboter gehen, in der Medizin um 3D-Animationen von Organen. All das kann möglich werden durch die Echtzeit der Übertragung von Daten, die 5G verspricht. Deutlich machen wird das Testfeld aber auch die Grenzen von 5G: An welchen Punkten beispielsweise enden Ideen, weil die maximal übertragbare Datenrate erreicht ist?
Mögliche Anwendungen hatte man im Landkreis Harburg vorher bereits unter dem Titel „USIN5G“ erforscht. Das Projekt, gefördert im Zuge des 5G-Innovationswettbewerbs des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI), untersuchte den Einsatz von 5G-Technologien in der Industrie 4.0, dem intelligenten Katastrophenschutz und der ländlichen Mobilität. Die drei Themen sollen sich später im Reallabor wiederfinden. Es gibt einen neuen Fördertopf in Berlin, der Landkreis hofft auf eine weitere Förderung.
Im Zuge des 5G-Innovationswettbewerbs hatte das BMVI bis Juni dieses Jahres 50 Gemeinden, Städte und Landkreise mit jeweils bis zu 100.000 Euro dabei unterstützt, Konzepte für die Erprobung von 5G-Anwendungen zu entwickeln. Eine von bundesweit sechs und Niedersachsens einzige Modellregionen für 5G liegt im Bezirk unserer IHK Lüneburg-Wolfsburg (IHKLW): Es ist das „5G-Reallabor in der Mobilitätsregion Braunschweig-Wolfsburg“.
Das BMVI steckt rund zwölf Millionen Euro in das Projekt, das seit Ende 2019 und noch bis Ende 2022 läuft. „Wir nutzen das öffentliche Netz und bauen keine eigene Infrastruktur auf“, erklärt Koordinator Bernhard Fehr vom Institut für Verkehrssystemtechnik am Deutschen Zentrum für Luft und Raumfahrt in Braunschweig. In zwölf Teilprojekten entwickeln Forscher verschiedene experimentelle Anwendungsmöglichkeiten der 5G-Technologie in den Bereichen Mobilität, Bau- und Gesundheitswesen sowie Smart Cities. So wird zum Beispiel eine Rettungsdrohne entwickelt, die bei Unfällen vorab Live-Streams als Wärme- und Normalbild an die Feuerwehrleitstelle schickt, damit die Einsatzkräfte die Lage besser einschätzen können. „Die Feuerwehrleute können die Live-Views auf einem Tablet ansehen und ihren Einsatz entsprechend planen“, sagt Fehr: „Als 2019 auf der Autobahn 2 zwischen Wolfsburg und Braunschweig zum Beispiel Säure aus einem Lkw ausgelaufen ist, hätten mit Hilfe so einer Drohne bestimmte Verletzungen vermieden werden können.“
Aufbauend auf das Testfeld Niedersachsen für automatisierte und vernetzte Mobilität soll 5G außerdem dafür sorgen, dass zum Beispiel für Rettungsfahrzeuge eine grüne Ampelwelle geschaltet wird. Dies kann laut Fehr mit dafür sorgen, dass Feuerwehren wieder ihre Hilfsfristen einhalten können.
Und dann gibt es noch 5G for fun: eine Initiative von VfL Wolfsburg, Deutscher Fußball Liga und Vodafone. Als erstes Bundesligastadion ist die „Volkswagen Arena“ mit 5G ausgestattet. Über eine App können Fans in Echtzeit auf 5G-fähigen Smartphones verfolgen, in welchem Tempos ein Stürmer auf das gegnerische Tor zuläuft. 
Carolin George
Noch mehr Projekte im IHK-Bezirk
Um Zuschüsse beworben hatten sich neben dem Landkreis Harburg auch die Landkreise Uelzen und Lüchow-Dannenberg. Unter dem Titel „5-GLaRe“ hat der Landkreis Uelzen ein Konzept für den Einsatz von 5G-Technologien in Landwirtschaft und Rettungswesen entwickelt. In der intelligenten Landwirtschaft sollen durch die Kommunikation von Geräten untereinander Ressourcen geschont werden, und bei Unfällen könnten bereits aus dem Rettungswagen heraus medizinische Daten an die Klinik gesendet werden. Eine Fortführung der Ansätze wird laut Landkreis angestrebt, noch gibt es aber keine weitere Förderzusage vom Bund.
Der Landkreis Lüchow-Dannenberg hatte sich mit „Agrar5G_DAN“ zur autonomen Applikation von Pflanzenschutzmitteln am Wettbewerb beteiligt. Untersucht wurde, wie Drohnen und Feldroboter den Einsatz von Pestiziden effizienter und umweltverträglicher machen können. Nach der Entwicklung erhielt der Landkreis jedoch keine weitere Förderung zur Umsetzung des Konzepts. Zudem sind in Bürgerschaft und Politik der Ausbau und Einsatz von 5G im Landkreis Lüchow-Dannenberg stark umstritten.

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