Zukunft aus der Grube

Der regionale Abbau von Rohstoffen sowie die bedarfsnahe Herstellung von Produkten für die Bauwirtschaft bringt Vorteile mit sich – und stößt gleichzeitig regelmäßig auf politischen und gesellschaftlichen Widerstand.
Die Position unserer IHKLW ist eindeutig – beschlossen von der Vollversammlung vor fünf Jahren: „Wirtschaft braucht Gewerbeflächen“. Doch während aus Unternehmersicht die Nutzung von Brachflächen und die Beschleunigung von Planungsverfahren gefordert wird, stehen oft die Interessen von Kommunen und Bürger*innen dagegen, auch bei regionalen Baustoffen.
„Viele Menschen haben verlernt, im Konsens zu denken“, sagt Felix Manzke, Geschäftsführer der Manzke Gruppe aus Volkstorf. Die Unternehmensgruppe mit 650 Mitarbeitenden an 45 Standorten in fünf Bundesländern gewinnt Sand und Kies aus eigenen Gruben und betreibt Baustoffrecycling und Entsorgung. Argumente für den regionalen Abbau von Rohstoffen wie günstigere Preise und kürzere Lieferketten kollidieren oft mit konkurrierenden Nutzungen wie Wohn- und Gewerbebebauung, Freizeit, Landwirtschaft oder Naturschutz.
Dass oft „viel Emotionalität“ im Spiel ist, hat Felix Manzke bei einem Projekt im Lüneburger Ortsteil Ochtmissen erfahren, wo er ein Betonmischwerk errichten wollte. „Wir waren planerisch weit vorn und die Bagger rollten mit Zustimmung der Genehmigungsbehörde bereits an, als eine Bürgerinitiative die Politik verunsichert hat, was schließlich zu einem Abbruch der geplanten Arbeiten führte.“ Manzke wünscht sich „eine schnelle und klare Antwort von den Behörden. Selbst ein ,faires Nein‘ ist in Ordnung, um Unternehmen die nötige wirtschaftliche Planungssicherheit zu geben“.
Wunsch nach klugem Rohstoffmanagement
Landschaftsarchitekt Jörg Knaak aus Lüchow (Wendland), der sich seit vier Jahrzehnten mit Rohstoffmanagement auseinandersetzt, fordert ein gezieltes Konfliktmanagement zwischen Betrieben, Politik und Gesellschaft. „Als Fachplaner ist man dazu kaum mehr in der Lage.“ Ein multidisziplinäres Team sei heute Standard bei der Abwägung diverser Interessen. „Es ist wichtig, ein Konzept zu suchen, das für alle passt, und gemeinsam Ziele für die Folgelandschaften zu definieren“, sagt Knaak. Er ist überzeugt, dass aus erzeugten Landschaften langfristig „kleine Paradiese“ entstehen können. „Die ,Heimat‘, wie man sie kennt, ist ohnehin im Wandel. Warum nicht aktiv gestalten – etwa in Form eines gesamtregionalen Entwicklungsplans?“
Bürokratie als Widerstand
Jörg Knaak bemängelt „Verkrustungen“ in den Ämtern und hofft auf Vermittlung – auch durch unsere IHK Lüneburg-Wolfsburg (IHKLW). „Damit es zu einem klugen Rohstoffmanagement und nicht zu einer künstlichen Verknappung des Flächenhaushalts kommt, muss man die Prozesse verstehen. Rohstoffsicherung mag kein beliebtes Thema sein, aber reden hilft.“ Ein Unternehmen, mit dem Knaak zusammenarbeitet, ist Elbe-Kies aus Bleckede, das in dritter Generation von Markus Hartmann geleitet wird. Ein großer Auftrag, dem sich Hartmann und sein Team zurzeit widmen, ist ein Deichbauprojekt an der Elbe, für das 50.000 Kubikmeter Sand benötigt werden. Bei Hitzacker zeigten sich die Vorteile der ortsnahen Rohstofferschließung: „Wir können direkt aus unserer Grube in Tiesmesland, ein Ortsteil von Hitzacker in Lüchow-Dannenberg, anliefern – ganz ohne Umladestellen und zusätzlichen CO2-Verbrauch.“ Auch Hartmann bemängelt die fehlende Unterstützung der Behörden. „Heute investiere ich bestimmt Dreiviertel meiner Arbeitskraft in bürokratische Prozesse.“ Dabei habe er sich längst Wissen angeeignet, um proaktiv Naturschutz zu betreiben. Konkretes Beispiel beim Deichbauprojekt: der Schutz der Uferschwalbe. „In einer unserer Gruben konnten 608 Käferarten kartiert werden. Aber was nützt das, wenn die Behörden nicht erkennen, dass etwa der Wiener Sandlaufkäfer nicht trotz der Grube da ist, sondern weil es sie gibt?“
Langer Atem vonnöten
Intensive Kommunikation ist auch für Dr. Matthias Krause, neben Felix Manzke Geschäftsführer der Manzke KSR GmbH, ein wesentlicher Bestandteil seines Berufs. Die „überbordende Bürokratie“ sei ein maßgeblicher Widerstand. „Alle paar Jahre sind Anträge für noch nicht realisierte Vorhaben zu modifizieren, teuer zu bezahlende Gutachten überaltern. Das ist eine große Investition in die Zukunft, die Branchenneueinsteiger gar nicht leisten könnten“, sagt der 59-Jährige.
Alexandra Maschewski
IHK Lüneburg-Wolfsburg
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