Waschen, schneiden, föhnen

Mit viel Fingerspitzengefühl sorgt Annegret Wrede dafür, dass sich Hunde pudelwohl in ihrer Haut fühlen. Das freut auch die Halter.
Die Deutschen lieben Hunde. Mit rund zehn Millionen belegen sie im Haustierranking unangefochten Platz zwei hinter der Katze, wobei die Corona-Pandemie die Tierliebe noch verstärkt hat: Nach Angaben des Verbandes für das Deutsche Hundewesen (VDH) sind 2020 im Vergleich zu den Vorjahren 20 Prozent mehr Hunde gekauft worden.
Als Inhaberin eines Hundesalons spürt Annegret Wrede diesen Trend deutlich. Ungetrübt ist die Freude bei ihr jedoch nicht: „Ich fürchte, viele dieser Hunde werden im Tierheim landen, wenn die Menschen nicht mehr im Homeoffice arbeiten.“ Der Satz sagt schon viel über das berufliche Selbstverständnis der Hundefrisörin aus Meine im Kreis Gifhorn: Hunde, nicht Halter stehen bei ihr immer an erster Stelle.   
Wie wird man Hundefrisörin?
Dass Hundefrisöre Freude am Umgang mit Hunden haben sollten, versteht sich von selbst. Bei Annegret und Klaus Wrede kam noch etwas hinzu: Für ihre Hündin Dina war der Besuch im Hundesalon stets eine Tortur gewesen. „Sie war sehr ängstlich und hat jedes Mal gezittert“, sagt Annegret Wrede. „Dabei finde ich: Eigentlich sollte kein Hund Angst haben, in einen Salon zu gehen.“ Bis aus diesem Standpunkt dann aber die Geschäftsidee wuchs, brauchte es den richtigen Moment. Der kam, als das Ehepaar Wrede 1996 nach Meine zog und im neuen Haus ein Raum „übrig“ blieb. „Es war ein Blitzgedanke“, sagt Annegret Wrede. Ihr Mann zog sofort mit und tut es bis heute. Klaus Wrede kümmert sich um alles, was abseits der Vierbeiner anfällt: Buchhaltung und Steuern sind sein Metier.
Wie wird man Hundefrisörin? Frisiertisch, Badewanne, Schermaschinen, Spezialföhn und ein gutes Scherensortiment – die Investition für den Start ist überschaubar. Hinzu kommen die Kosten für die Ausbildung als „Groomerin“, so die Fachbezeichnung. Annegret Wrede belegte einen Lehrgang in Süddeutschland. Und nun war sie es, die Angst hatte: „Meine größte Sorge war, dass ich den Hund verletze, etwa wenn ich um die Schnauze herum schneiden muss.“ Heute sei sie nicht nur sicherer, sondern auch klarer im Umgang mit Mensch und Tier. Schließlich sagt der Zustand des Fells auch etwas über den Gesundheitszustand aus. „Manchmal ist es das falsche Futter oder der Hund hat Zahnschmerzen. Darauf weise ich deutlich hin. Und dafür sind die Kunden auch dankbar.“
Hundesalon als Erfolgsstory
Dabei sind es ja zuerst die Hundehalter, die es zu überzeugen gilt. „Man braucht Geduld“, sagt Annegret Wrede und bezieht das auf Zwei- wie Vierbeiner. Wer ein Geschäft gründet, das fast nur von Empfehlungen lebt, der brauche zuerst einen langen Atem. „Der Anfang war schleppend. Da war ich froh, wenn ich zwei Hunde in der Woche hatte.“ Heute ist es eher umgekehrt: Annegret Wrede kann kaum noch nachvollziehen, wer sie weiterempfiehlt, hat Stammkunden im weiten Umkreis und ist fast immer ausgebucht. Neukunden bekommen nur noch einen Termin, wenn jemand abgesagt hat.
Eine Erfolgsstory also. In 25 Jahren hat Annegret Wrede dabei so manche Modewelle in Sachen Hund erlebt. „Früher waren Foxterrier und Westies die gängigen Rassen, heute ist der Malteser der Hit.“ Nicht jede Rasse benötigt einen Schnitt. Grundsätzlich aber gilt: Mehr als früher sind Halter heute bereit, für gutes Aussehen ihres tierischen Lieblings Geld auszugeben. Das ist gut für Hundefrisöre, aber Fakt ist auch: Wenn es zwischen Tier und Mensch am Frisörtisch nicht harmoniert, dann nützt alles nichts. „Es ist ein bisschen wie bei Kindern“, sagt die 61-Jährige. „Fremde Personen und eine fremde Umgebung können Hunde verunsichern. Also muss man Vertrauen aufbauen. Ich spreche zum Beispiel ganz viel mit den Hunden.“ Oder der erste Termin wird bewusst kurz gehalten, um beim zweiten Termin an der positiven Erfahrung anzuknüpfen. Klingt ein bisschen nach Hundeflüsterin, dient aber vor allem dem Ziel, das sie sich vor 25 Jahren selbst gesteckt hat: Mit dem Vertrauen verschwindet die Angst.
Freude bei Hund und Halter
Dina, die dem Hundesalon ihren Namen gab, lebt schon lange nicht mehr. Aber Annegret Wrede hat an den nachgeborenen Artgenossen nach wie vor große Freude. Ein einziges Mal in 25 Jahren musste sie die Behandlung wegen der Gefährlichkeit des Tieres abbrechen. Tausende Male hingegen hat der Besuch beim Frisör allen Beteiligten Spaß gemacht „Viele Hunde höre ich schon, wenn die Besitzer mit dem Auto vorfahren. Wenn die dann freudig bellend in den Salon stürmen, dann ist das einfach schön.“
Ute Klingberg
IHK Lüneburg-Wolfsburg
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